Wer glaubt schon an Vampire? (German Edition)
genauso. In diesen Liedern schlummert die ursprüngliche Sehnsucht eines typischen Seefahrervolkes. Der ewige Blick übers Meer und der Wunsch, eins zu werden mit der Weite und der möglichen Welt dahinter.“
„Oh, Sie können ja richtig romantisch werden“, wunderte sich Emmi und Aron begann zu lächeln. Zu ihrer Verwunderung wurde dieser Mann nicht nur jede Minute sympathischer, sondern auch noch attraktiver. Entweder war in ihrem Gehirn etwas durcheinander geraten, oder es lag am Wein. Solch eine Wandlung hatte sie bis vor kurzem nicht für möglich gehalten.
„Sie haben ja auch noch nicht allzu viele Seiten von mir kennengelernt, oder?“, fragte er und wackelte dabei mit seinen dichten, schwarzen Augenbrauen. Emmi kam immer mehr ins Staunen, denn wenn er so lächelte und scherzte, konnte man seine düstere Aura beinahe vergessen.
„Naja, wir sind immerhin am besten Wege, nicht mehr ausschließlich zu zanken. Apropos andere Seiten! Wie haben Sie das vorhin gemeint, Sie könnten mir bei der Recherche zur Nephrit-Maske helfen?“
„Ich habe die Möglichkeit in den Besitz eines ganz besonderen Buches zu kommen. Ich schätze, es könnte von großem Interesse für Sie sein, denn es beinhaltet Aufzeichnungen über den Transfer diverser Schätze nach Portugal.“
„Ich hoffe Sie meinen nicht das übliche Zeug über die Kreuzzüge, denn die kommen für das Beschaffen der Nephrit-Maske nicht in Frage. Alle Kreuzzüge hatten mit dem heutigen Marokko nicht viel am Hut“, blockte sie ab, um nicht seine und ihre Zeit zu verschwenden. An ihre eigene Schwäche, der sie gerade heute noch in der Bibliothek nachgegeben hatte, wollte sie nicht denken. Schließlich hatte sie stundenlang die Nase in genau solch ein Buch gesteckt.
„Ich weiß was Sie meinen, aber zur Zeit der sieben Kreuzzüge wurden eine Menge Kulturgegenstände aus dem arabischen Raum geraubt und nach Europa gebracht. Und wer weiß schon genau, wohin die Maske über die Jahrhunderte verschwunden ist? Vielleicht ist sie gar von Marokko den weiten Weg über Jerusalem bis hinauf nach Konstantinopel gewandert und wurde dann von dort nach Europa gebracht?“
„Nein, Entschuldigung, aber das ist einfach nicht richtig!“, erwiderte Emmi, weil sie bereits genug über die Maske in Erfahrung gebracht hatte, um sagen zu können, dass sie mit 90%iger Sicherheit direkt von Marokko nach Portugal gebracht worden war. „Die Maske ist vermutlich im zwölften Jahrhundert hier in diesem Land verschwunden und davor auf direktem Weg hierhergelangt.“
„Ja, vielleicht ... vielleicht aber auch nicht. Außerdem kann ich im Gegenzug behaupten, dass der dritte Kreuzzug nicht übers Land gestartet worden ist, sondern per Schiff von London nach Lissabon, über Marseille und Barbarossa nach Jerusalem. Und wo glauben Sie haben diese Schiffe ihren Weg hindurch zum Mittelmeer gefunden? Natürlich bei Gibraltar, der engsten Stelle zwischen Afrika und Europa! Also wer kann schon mit Sicherheit behaupten, dass die Kreuzritter nicht womöglich doch ihre Finger im Spiel hatten? Die Zeit dieses dritten Kreuzzuges würde auch passen: 1189 bis 1192, oder? Ich meine das ist doch das zwölfte Jahrhundert. Obwohl ... da gilt es dann ja auch noch die unterschiedliche Zeitrechnung zu berücksichtigen! Die islamische beginnt ja erst mit dem Jahr 622 nach Christus und da liegen dann gar nicht mehr so viele Jahrhunderte zwischen Erschaffung der Maske und deren Verschwinden.“ Dass Emmi das fünfte Jahrhundert als Erschaffung der Maske bisher nicht erwähnt hatte, entging ihr in diesem Augenblick.
„Ja, ja. Das stimmt schon. Trotzdem wäre da eine Differenz von mindestens hundert Jahren. Fünftes Jahrhundert islamischer Zeitrechnung wäre ja elftes Jahrhundert christlicher Zeitrechnung und nicht etwa das gewünschte zwölfte. Aber es würde erklären, warum sich die Maske in relativ gutem Zustand befinden muss. Sechshundert Jahre auf oder ab sind schließlich kein Pappenstiel für ein Artefakt. Was aber den dritten Kreuzzug angeht, da stimmt ihre Zeitangabe und auch der Weg per Schiff. Und weil die Maske sehr wahrscheinlich im zwölften Jahrhundert in Portugal verschwunden ist, scheint ihre Theorie eine gewisse Option zu bieten. Aber ich glaube nicht daran ... noch nicht.“ Irgendwie nervte es sie, dass er über die Kreuzzüge mehr wusste als der Durchschnitt der Bevölkerung.
„Woher wissen Sie überhaupt so viel von den Kreuzzügen? Die meisten Menschen kennen nur Geschichten aus
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