Wer glaubt schon an Vampire? (German Edition)
zeigte, dass er sich nun endlich wieder gefasst hatte. Die Zahnrädchen in seinem Kopf hatten offenbar wieder ihren Platz gefunden.
„Ich habe mich vermutlich geirrt. Aber das soll Ihr Abendessen nicht schmälern, Emmeline. Lassen Sie es sich gut schmecken!“, lächelte er, doch seine Augen waren finsterer geworden und Emmis Instinkt sagte ihr, dass sie ihm nicht ganz geheuer war. Sie! Ihm! Wo er doch der düstere und undurchschaubare Typ war.
„Danke. Ich esse ja wenigstens“, ätzte sie, um ihn ein bisschen aus der Reserve zu locken, doch er sprang nicht darauf an und sein Lächeln blieb gekünstelt. Als wäre Emmi plötzlich zur Viper geworden.
Was für ein Idiot ... dachte sie und spießte die quietschgrünen Fisolen grimmig auf ihre Gabel.
„Das hab’ ich gehört“, meinte er plötzlich so treffend auf ihre Gedanken, dass Emmi prompt die Gabel aus der Hand fiel.
„Wie bitte? Sie haben was?“ Denn sie konnte einfach nicht glauben, dass dieser Mann in der Lage war Gedanken zu lesen.
„Ich habe gehört – von einem Johann oder Josef Myrthe, der in gewissen Kreisen als Großmeister der Templer gehandelt wird.“
Ach so! DAS hatte er gehört! Erleichtert wischte sich Emmi über die Stirn und seufzte ein stilles Puh . Wenigstens hatte er nicht ihre Gedanken gelesen, denn die waren in letzter Zeit nicht gerade eine Bereicherung. Die Behauptung über ihren Opa war sowieso völlig aus der Luft gegriffen. Der hatte mit den Templern sicher nichts am Hut, so oft wie er über sie schimpfte. Aber vermutlich hatte Aron Jäger einfach nur Johannes mit Josef verwechselt.
„Aber nein!“, antwortete sie daher ernst. „Er ist lediglich mein Groß vater und sicher kein Groß meister. Das wüsste ich! Vor allem das mit dem Meister.“ Auch wenn er sich ihr gegenüber manchmal schulmeisterisch und streng benahm, hatte er als exzentrischer Eigenbrötler sicher nichts mit einer Geheimorganisation oder einem Orden zu tun.
„Nun, wie Sie meinen, dann wäre das ja geklärt“, antwortete Aron Jäger knapp, aber auf eine Art, die Emmi das Gefühl gab, doch womöglich einem Irrtum zu erliegen.
„Und wie weit sind Sie nun mit ihren Recherchearbeiten?“, fragte er schließlich, um den kurzen, angespannten Moment zu überbrücken. Doch Emmeline verdrehte leicht die Augen. Sie hatte es nicht so gerne, wenn man versuchte sie auszuquetschen.
„Warum interessiert Sie das überhaupt?“, fragte sie mit ernster Miene, während sie den Schwanzteil ihres Fisches brutal mit dem Messer zerfledderte. Ein Psychologe hätte daraus sicherlich eine Menge abgeleitet.
„Ich frage weil ...“, begann er und griff nun doch endlich zum Besteck. „... weil ich Ihnen helfen könnte“, meinte er, schob sich den ersten Bissen in den Mund und schloss für einen Moment die Augen, als hätte er noch nie etwas Besseres gegessen. Emmi blinzelte überrascht, denn dieser Anblick war ungewohnt und irgendwie faszinierend. Einen Moment starrte sie ihn regelrecht an, ehe sie wieder den Blick senkte. Genuss hätte sie diesem Mann nicht zugetraut. Nicht so intensiv und auch nicht so leidenschaftlich.
„Helfen?“, fragte sie und musste sich räuspern, weil ihre Kehle plötzlich trocken geworden war. Hilfe von Aron Jäger war ja mal etwas völlig Neues in Sachen Nervensäge.
„Ja, aber darüber reden wir später, wenn es Sie nicht stört“, ergänzte er. „Jetzt möchte ich mich gerne diesem köstlichen Fisch hier widmen ...“, begann er, ehe er auf ihren Teller sah und den malträtierten Fischschwanz fixierte. „ ... sonst erledigen Sie mein gutes Stück auch noch auf derart bestialische Weise.“ Die Anspielung war klar, sein Grinsen unmissverständlich. Emmi verdrehte wie auf Befehl die Augen. Vermutlich hätte auch daraus ein Psychologe eine Menge ableiten können.
Eine Weile genossen sie nur das Essen, das Ambiente, die Fado-Musik im Hi ntergrund und den guten Wein, von dem sie reichlich nachbestellten. Zur Nachspeise „arroz doce“ und „pudim flan“, eine Art Milchreis und Karamellpudding, schlürften beide einen kräftigen Espresso.
„Wie finden Sie diese Musik?“, fragte Aron Jäger und Emmi lächelte. Mr. Scheusal hatte sich im Laufe des Abendessens zu einem netten Gesprächspartner entwickelt.
„Fado ist ... gewöhnungsbedürftig, aber mir gefällt es. Es steckt so viel Leidenschaft und Melancholie des portugiesischen Volkes darin, dass man sich der Faszination nicht entziehen kann.“
„Ja, nicht wahr? Mir geht es
Weitere Kostenlose Bücher