Wer glaubt schon an Vampire? (German Edition)
sollten, aber auch Bilder von seinen Welten und Dimensionen, um seine ganze Macht zu zeigen. Zuerst verstand ich kein bisschen davon, denn die Flut der Bilder war verwirrend und erschlagend, wie ein Film im viel zu schnellen Zeitraffer. Doch allmählich meinte ich, einen kleinen Hauch von dem zu begreifen, was er war und wie er lebte. Ich sah viele verschiedene Leben in verschiedenen Zeiten, aber auch anderen Welten und Dimensionen. Realität und Fantasie vermischten sich in diesem Wesen zu einer einzigen, mächtigen Einheit, denn dieser Vampir war so viel mehr, als nur ein einfacher Blutsauger. Er lebte nicht nur vom körperlichen Lebenselixier der Menschen, sondern auch von deren Empfindungen und Träumen. Er war ein Schmarotzer auf vielen Ebenen und erfüllte mich mit Bildern, Möglichkeiten und Empfindungen, die für einen einzelnen Menschen nie gedacht gewesen sein konnten. Jeden Moment meinte ich endgültig den Verstand zu verlieren, oder aber mit ihm so stark zu verschmelzen, dass er mich nie wieder gehen lassen konnte. Nie wieder ...
Doch er hatte noch nicht vor mich zu töten. Vielmehr wollte er sich mitteilen und gierte regelrecht nach meiner Anteilnahme und vermutlich nach meinem Verständnis. Neben meinem Blut, versteht sich! Denn, vollgefüllt mit Leben und Lust, war der rote Saft für ihn immer noch das essentielle Lebenselixier. Also sezierte er meinen Körper weiter, ohne ihn tödlich zu verletzen, liebkoste ihn und verschaffte mir weiter Lust, um die ganze Geschmacksbreite meines Blutes auskosten zu können.
Dieser Vampir war ein Bündel aus Gefühlen, Dimensionen und Erscheinungen, einzigartig und unsterblich. Einen flüchtigen Moment erinnerte er mich an einen Fluch aus vergangenen Tagen, doch der Gedanke war zu kurz, um ihn begreifen zu können. So schnell er gekommen war, so schnell war er auch wieder fort und mit ihm plötzlich auch die Flut der einstürzenden Bilder. Was ein Segen war, denn ein Mehr an Information hätte ich nicht überstanden.
Der Vampir hatte mir seine Welt gezeigt, mich von ihr kosten lassen und sich zugleich ausgiebig bei mir und meinem Mikrokosmos bedient. Doch auch jetzt war er nicht auf Vernichtung aus. Er lachte leise und die Vibration seiner Stimme brachte meinen Körper in eine andere Schwingung, als er mich verließ.
Aus jeder Pore drang seine rauchige Substanz, drängte nach außen und rieb sich heiß und innig an den winzigen Öffnungen meiner Haut. Die Intensität der Reibung brachte mein Blut in Wallung und meinen Körper in eine noch höhere, übersinnliche Schwingung. Das Gefühl steigerte sich, wurde intensiver, schlimmer – nein, schöner. Ich wusste überhaupt nicht mehr was ich war, wo ich war, denn ich hob ab, schien zu fliegen und kam in einen wilden Rhythmus der mich vorwärts trieb, keine Bedenken zuließ und nur nach Erfüllung strebte. Nach Erfüllung und nach Einheit.
Ja ... war alles was ich denken konnte, alles was ich wollte. Jede Empfindung, jede Reibung, jeder Kuss steigerte sich zu einem einzigen Gefühl, wurde schneller und dichter, trieb mich weiter voran. Atemlos schrie ich dieses gedachte „JA!“ nun endlich heraus, denn er wollte, dass ich meine Zustimmung gab. Ein letztes Mal bäumte ich mich auf und explodierte so heftig mitten in seinen Körper hinein, dass ich mich auflöste und mit seiner Substanz vermischte. Es war nur ein kurzer Moment, aber es war das EIGENTLICHE Lebenselixier, das er von mir brauchte und an dem er sich nun schaurig ergötzte.
Das Wesen, das Tier, der Mann materialisierte sich genau auf mir, wurde immer fester und fleischlicher. Noch während ich der Intensität der letzen Minuten und diesem übernatürlichen Erlebnis in Nachschauern erlag, überrollte mich bereits eine furchtbare Ahnung. Eine Angst, die so eindringlich war, dass ich zusammenzuckte, wie unter harten Schlägen. Sein fleischlicher Körper war schön, seine Gesichtszüge vollkommen, wenn auch von einer gewissen Härte geprägt. Doch das Furchtbare an dieser Wandlung war nicht seine Schönheit, sondern seine rot glühenden Augen, die nun besitzergreifend und gnadenlos zu mir herunterblickten.
Schreiend fuhr Emmi in die Höhe und bemerkte erst nach einiger Zeit, dass sie wild g eschüttelt wurde und ihre Zähne klappernd aufeinander schlugen. Aron hatte sich nicht anders zu helfen gewusst, als sie zu packen und zu rütteln.
„Wach‘ auf! Verflucht, wach‘ endlich auf!“, schrie er in einer Lautstärke, die Emmi übertönte und
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