Wer glaubt schon an Vampire? (German Edition)
verklickern konnte. Der Polizist verhielt sich zwar bisher ausgesprochen korrekt und wurde auch nie anmaßend, aber Emmi wusste, dass sie auf der Hut sein musste.
„Also, diese Carmelita Orthega ...“, begann er und blickte kurz in seinen Akt, um den Nachnamen von Carmen nachzulesen. „Diese Frau hat uns von Ihrem Erlebnis berichtet. Demnach hatten sie eine Art Tagtraum, in dem ein Mann bestialisch ermordet wurde. Wissen Sie vielleicht noch, wann das war?“, fragte er.
„Äh, ich bin gleich darauf in mein Zimmer gegangen, um zu schlafen. Es muss also so gegen 21.00 Uhr oder 21.30 Uhr gewesen sein. Das nehme ich aber nur an. Ich meine, ich habe nicht auf die Uhr gesehen“, erklärte Emmi ein wenig umständlich. „Aber ihr Kollege, der so nett war ins Hotel zu kommen, und der noch viel netter war, keine Rechnung auszustellen, ...“ Sie lächelte keck. „... der hat in seinem Bericht wahrscheinlich die genaue Uhrzeit notiert, oder?“, kombinierte sie und zwinkerte ihrem Gegenüber freundlich zu.
„Das stimmt. Und mit ihrer Einschätzung liegen sie gar nicht so sehr daneben. Der Notruf ging um 21.37 Uhr ein, die Polizei war um exakt 21.52 Uhr im Hotel und sie, Frau Myrthe, sind um 22.15 Uhr bereits wieder in ihrem Zimmer gewesen.“
„Ups, doch ein wenig später als erwartet“, meinte Emmi und verzog den Mund zu einem stillen „Sorry“. Diese Reaktion schien dem Polizisten zu gefallen. Emmi fand ihn auch weiterhin sympathisch, dabei hatte er sie gerade ganz offensichtlich getestet. Warum sonst hätte er nach einer Uhrzeit gefragt, die er bereits schriftlich vor sich liegen hatte?
„So weit, so gut!“, meinte er und lächelte. „Aufgrund der Untersuchung des Blutes, gehen wir davon aus, dass der Bibliothekar zwischen 21.00 Uhr und 21.30 Uhr ermordet wurde. Was interessanter Weise genau der Zeit Ihrer werten Einschätzung entspricht, Frau Myrthe“, meinte er betont lässig und mit einem Lächeln, das Emmi plötzlich gerissen vorkam. Als sie aber begriff, was er da andeutete, sackte sie förmlich in sich zusammen.
„Na, toll! Sie halten mich ja doch für die Mörderin!“, meinte sie verärgert und glaubte schon auf die nette Fassade des Mannes hereingefallen zu sein.
Ausgetrickst! ... schon wieder schwirrte dieses blöde Wort in ihrem Kopf herum und machte sie noch wütender. Schließlich musste sie sich konzentrieren und ganz darauf einstellen, ins Gefängnis geworfen zu werden. Danke Carmen! Vielen Dank! ... ätzte sie noch, weil sie zu Rundumschlägen neigte, wenn sie in der Bredouille saß. Doch der Polizist lachte nicht gerissen, sondern freundlich.
„Frau Myrthe! Ich glaube ein besseres Alibi, als in einem Aufzug festzustecken und von einem meiner Kollegen danach befragt zu werden, gibt es wohl nicht. Was meinen Sie?“ Und damit war der Bann für Emmi gebrochen. Endlich kapierte sie, dass sie nicht die Hauptverdächtige war, sondern eine Zeugin. Es war zwar total ungewöhnlich, aber dieser Carlos Santiego war offenbar ein Polizist, der für skurrile Informationen etwas über zu haben schien. Emmi blinzelte und revidierte ihre verkorkste Einstellung zu Kriminalbeamten. Vielleicht konnte sie ja tatsächlich mit Hilfe ihrer verrückten Horrorvision den einen oder anderen Hinweis zum Mord geben.
Also erzählte sie alles noch einmal. Dieses Mal jedoch langsamer und sehr detailliert.
Aufgewühlt verließ sie die Polizeistation und machte sich auf den Weg zum Hotel. Durch ihre Erzählung hatte sie alles noch einmal durchlebt und musste sich erst langsam wieder beruhigen. Erst in der U-Bahn fiel ihr ein, dass sie gar nicht nach dem verschwundenen Buch gefragt hatte, oder danach, ob sie nun nach Tomar reisen durfte oder nicht. Dieser Carlos hatte lediglich am Ende ihres Gespräches gemeint, sie solle sich zur Verfügung halten. Aber was hieß das eigentlich? Wenn sie einen Ausflug nach Tomar machte, befand sie sich immerhin noch in Portugal und das konnte man wohl kaum als Flucht interpretieren. Außerdem hatte sie einen Auftrag zu erfüllen und brannte schon richtig darauf, endlich zu dieser geheimnisvollen Templerburg zu gelangen. Mit oder ohne Aron Jäger. Denn sie wusste nicht, ober er jetzt überhaupt noch dazu bereit war sie zu fahren.
Sie platzte förmlich in Aron Jägers Zimmer, um ihm die Neuigkeiten zu berichten und bedachte nicht, dass zwischen ihrem Klopfen und dem Öffnen der Türe so gut wie keine Zeit geblieben war. Aus irgendeinem, bescheuerten Grund hatte der Kerl
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