Wer hat Alice umgebracht?
klingt das für mich ganz nach Stalking. Dann verschwindet Alice Wright spurlos, bis einige Tage später ihre Leiche in einer billigen Pension gefunden wird. Sie werden sicher verstehen, dass Sie unter diesen Umständen unsere Hauptverdächtige sind.“
„Jedenfalls habe ich Alice Wright nicht getötet“, beharrte ich. Das mussten diese Cops doch endlich einsehen!
„Na schön, Miss Duncan. – Wo waren Sie gestern zwischen 22 Uhr und Mitternacht? Das ist nämlich der Zeitraum, in dem laut ersten gerichtsmedizinischen Erkenntnissen Ihre Feindin ermordet wurde. Eine genauere Obduktion wird im Lauf des Tages vorgenommen werden.“
Feindin? Ja, der Inspektor hatte recht. Irgendwie war Alice wirklich meine Feindin gewesen. Seit dem ersten Tag an der Kunsthochschule hatte sie mir das Leben unnötig schwer gemacht. Ich weiß nicht, ob es so etwas wie Liebe auf den ersten Blick gibt. Abneigung auf den ersten Blick existierte auf jeden Fall, und zwar zwischen Alice und mir. So etwas hatte ich noch nie zuvor erlebt, und sogar über meine eigenen Gefühle war ich eigentlich erschrocken gewesen. Normalerweise komme ich mit den meisten Menschen gut aus, selbst wenn sie nicht zu meinem Fanclub gehören. Aber mit Alice Wright war das einfach nicht möglich. Alles, was ich tun konnte, war, ihr aus dem Weg zu gehen. Aber das gelingt eben nicht immer, wenn man an der gleichen Uni studiert. Nachvollziehbar, oder?
„Ich bin gestern Abend feiern gegangen, und zwar mit meinen Freundinnen Fiona O’Malley und Allison Westley. Ich war die ganze Zeit mit ihnen zusammen.“
Eigentlich wusste ich gar nicht mehr genau, was alles in der vergangenen Nacht passiert war. Aber das musste ich ja nicht den Polizisten auf die Nase binden. Ich versuchte, mein Alibi so selbstsicher und überzeugend wie möglich zu präsentieren. Insgeheim hoffte ich, dass Fiona und Allison genauere Angaben machen konnten. Ich jedenfalls musste passen, als der Inspektor mich nach den Bars und Discos fragte, in denen wir gewesen waren. Immerhin hatte er sich die Telefonnummern meiner Freundinnen notiert.
„Wir werden Ihre Angaben überprüfen, Miss Duncan. Während das geschieht, wird Detective Sergeant Edwards Sie zur erkennungsdienstlichen Behandlung begleiten. Das ist in solchen Fällen üblich.“
Ich war immer noch völlig überzeugt davon, dass ich niemals in Alices merkwürdigem Pensionszimmer gewesen war. Was sie wohl in Easterhouse gewollt hatte? Das ergab für mich überhaupt keinen Sinn. Aber wenn sich dort nirgendwo meine Fingerabdrücke fanden, konnte das für mich ja nur gut sein.
Also ließ ich geduldig über mich ergehen, dass meine Fingerabdrücke genommen und Fotos von mir gemacht wurden. Außerdem wurden meine Größe und mein Gewicht gemessen. Auch eine Blutprobe wurde mir entnommen. Eine DNA-Speichelprobe war freiwillig, aber auch die gab ich ab. Die Polizei sollte sehen, dass ich nichts zu verbergen hatte.
Doch als ich mit Cynthia Edwards in den Verhörraum zurückkehrte, spürte ich sofort, dass etwas Entscheidendes geschehen war.
Als der Inspektor mir direkt ins Gesicht schaute, zog er Unheil verkündend die Augenbrauen zusammen. Zuvor hatte ich noch geglaubt, dass er mir positiv gegenüberstand. Aber diese Hoffnung löste sich nun in Nichts auf.
„Sie haben uns angelogen, Miss Duncan. Ihre Freundinnen sagen übereinstimmend aus, dass Sie gestern nicht mit Ihnen zusammen gewesen sind.“
2. KAPITEL
Ich fühlte mich, als ob der Inspektor mir mit einer Schaufel vor die Stirn geschlagen hätte. Aber natürlich war das nicht passiert. Obwohl ich mich so fühlte, hatte er mir auch nicht den Boden unter den Füßen weggezogen. Die Worte des Kriminalbeamten hatten völlig ausgereicht, um mich aus der Bahn zu werfen. Vor Entsetzen blieb mir der Mund offen stehen. Ich war vollkommen verblüfft, und es dauerte ein paar Minuten, bis ich die Sprache wiederfand.
„Aber – das kann doch nicht sein! Sind Sie sicher, dass Sie mit den richtigen Frauen gesprochen haben? Fiona O’Malley und Allison Westley. Sie studieren beide hier in Glasgow Kunst, genau wie ich.“
Kennedy nickte.
„Wir haben die Personalien der Zeuginnen überprüft, die Angaben stimmen überein. Aber sowohl Miss O’Malley als auch Miss Westley sagen aus, dass sie in der vorigen Nacht nicht mit Ihnen zusammen gewesen sind.“
„Dann müssen diese Knalltüten sich irren! Lassen Sie mich mit ihnen reden, ich …“
Der Inspektor unterbrach mich mit einer abrupten
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