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Wer hat Alice umgebracht?

Wer hat Alice umgebracht?

Titel: Wer hat Alice umgebracht? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Hogan
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Aktentasche öffnete, schaute ich ihn mir genauer an. Er wirkte jung, konnte kaum ein paar Jahre älter als ich selbst sein. Aber vielleicht war Paul Egan auch schon weit über dreißig. Auf mich wirkte er wie ein netter Milchbubi. Einer von der Sorte, die mich stotternd und errötend ins Kino einladen wollte. Um den Typen keine falschen Hoffnungen zu machen, hatte ich mich nie auf solche Dates eingelassen. Als Mann war er überhaupt nicht mein Fall, aber das störte mich nicht.
    Denn momentan war dieser „Milchbubi“ mein einziger Verbündeter.
    Ich schüttete Paul Egan mein Herz aus. Geduldig hörte er sich alles an und machte sich Notizen. Ich bin nicht katholisch, aber er hätte gewiss einen guten Beichtvater abgegeben. Endlich versiegte mein Redefluss. Paul Egan schaute mir direkt in die Augen.
    „Die entscheidende Frage für mich ist, ob Sie das Opfer wirklich getötet haben, Miss Duncan. Ich bin Ihr Anwalt, mir können Sie die Wahrheit sagen. Ich muss es wissen, um meine Verteidigungsstrategie darauf aufbauen zu können.“
    „Sehe ich aus wie eine Mörderin?“, fragte ich fassungslos.
    Der junge oder jung aussehende Jurist schüttelte den Kopf.
    „Sie haben meine Frage nicht beantwortet.“
    „Ich weiß es einfach nicht, okay?“, platzte ich heraus. „Ehrlich gesagt, war ich vorige Nacht nicht ganz nüchtern. Ich habe Gedächtnislücken. Ich würde alles dafür geben, wenn ich Ihnen sagen könnte, was geschehen ist.“
    „Wurde Ihnen eine Blutprobe entnommen?“
    „Ja. Vorhin hatte ich noch einen Restalkoholgehalt von 1,55 Promille. Aber inzwischen fühle ich mich wieder völlig nüchtern.“
    „Das spielt keine Rolle. Wichtig ist Ihre Trunkenheit zur Tatzeit. Wir können jetzt beweisen, dass Sie zwischen 22 Uhr und Mitternacht höchstwahrscheinlich unter Alkoholeinfluss gestanden haben. Daraus können sich mildernde Umstände für Sie ergeben.“
    „Sie halten mich auch für eine Mörderin, nicht wahr?“, flüsterte ich niedergeschlagen. Noch nicht einmal mein Verteidiger glaubte an meine Unschuld. Das war so niederschmetternd.
    „Ich denke eher, dass Sie einen Totschlag im Affekt begangen haben, Miss Duncan. Außerdem müssen wir die vollständige Obduktion von Alice Wright abwarten. Wissen Sie noch, ob es zwischen Ihnen und ihr einen Kampf gegeben hat? Vielleicht finden sich unter den Fingernägeln des Opfers noch Hautpartikel von Ihnen. Alles in allem sind unsere Chancen auf ein mildes Urteil gar nicht mal so schlecht. Nur einen Freispruch werden wir nicht erreichen können, da sollten Sie sich keine falschen Hoffnungen machen. – Gibt es vielleicht erbliche Geisteskrankheiten in Ihrer Familie? Falls ja, dann könnten wir ein psychiatrisches Gutachten beantragen.“
    Geisteskrankheiten? Ich hatte meine Familie immer als fast beängstigend normal empfunden. Mir fiel absolut niemand ein, der verrückt gewesen wäre.
    „Ich habe Alice Wright aber nicht erstochen“, beharrte ich. Doch Paul Egan sah nicht so aus, als ob er mir glauben würde.
    „Wir müssen uns an die Fakten halten, Miss Duncan. – Ich werde jetzt zunächst die Ermittlungsakte der Polizei anfordern. Ansonsten sehen wir uns morgen bei Ihrem Haftprüfungstermin. Nur Mut.“
    Wenig später war ich wieder allein in meiner Zelle. Nur der Hauch von einem Allerwelts-Rasierwasser bewies mir, dass ich Besuch gehabt hatte. Ich zermarterte mir weiter das Gehirn, kam aber zu keinem Ergebnis. Der Streit mit Alice wegen meines Dschungeltraum-Projekts lag nun schon eine Woche zurück. Konnte es wirklich sein, dass ich deswegen mit einem Messer auf sie losgegangen war? Oder hatte dieses Biest mir noch etwas anderes angetan, an das ich mich nicht mehr erinnern konnte oder wollte? Waren meine Gedächtnislücken vielleicht auf einen Schock zurückzuführen? Und warum hätte ich dieses verfluchte Arbeitsmesser aus der Uni klauen sollen? Als Mordwaffe war es nicht besonders gut geeignet. Mein eigenes Brotmesser war beispielsweise länger und bestimmt auch schärfer.
    Aber auf dem Arbeitsmesser waren meine Fingerabdrücke!
    Jeder Student und jeder Professor der Kunsthochschule von Glasgow hätte dieses Werkzeug mitgehen lassen können. Auch der Hausmeister oder eine Putzfrau, wenn es danach ging. Es war kein Geheimnis, dass ich den Modellierkurs von Professor Finnegan besuchte. Sogar im Internet stand, welche Studenten an dieser Übung teilnahmen. In dem Werksaal hatte ich dieses Messer für meine Tonarbeiten benutzt. Und dann hatte es jemand

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