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Wer hat Angst vor Beowulf?

Wer hat Angst vor Beowulf?

Titel: Wer hat Angst vor Beowulf? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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raus, bevor die uns mit was anderem verkabeln. Mir macht es nichts aus, gekidnappt zu werden, aber ich hab keine Lust, womöglich zur Warmwasserzubereitung mißbraucht zu werden.«
    »Wir kommen hier aber nicht raus«, widersprach die zweite Stimme. »Wir sind gefangen, und ich finde, wir sollten das Beste daraus machen.« Das erste Licht flackerte zornig, aber das zweite ging nicht darauf ein. »Mein Wurf. Sehr gut! Das ist ein X und ein Y. Ich kann ›Oxydation‹ daraus machen, und es liegt auf einem Feld mit dreifachem Runenwert …«
    »Es gibt kein Wort, das ›Oxydation‹ heißt«, protestierte die erste Stimme, »jedenfalls nicht in der altnordischen Sprache.«
    »Aber heute«, triumphierte die zweite Stimme. »Den Baum rauf, dann sechs, und ich hab dich eingeholt.«
    Ihr schmerzten die Augen, aber Hildy hielt sie krampfhaft offen, wie sie es während der Vorlesungen und Seminare an der Uni schon so oft getan hatte. Mit ungeheurer Willenskraft zwang sie sich, den Kristall ein Stück vorzuschieben, um so ihr Sichtfeld zu erweitern. Jetzt sah sie wieder das Bürogebäude, das zwar in einer ihr bekannten Gegend stand, die sie aber mit keinem Namen in Verbindung bringen konnte. Dann entdeckte sie etwas, das inmitten dieser vielen Magie erstaunlich alltäglich wirkte und nur eine U-Bahn-Station sein konnte. Mit letzter Anstrengung las sie den Namen ›St. Paul’s‹. Gleich darauf ließ sie den Kristall aus der Hand fallen und sackte bewußtlos über dem Tisch zusammen.
    Als sie wieder zu sich kam, war sie von den Helden umringt. Hildy erzählte ihnen, was sie gesehen hatte und welche Folgerungen sie daraus zog.
    Der König setzte sich wieder und vergrub das Gesicht in den Händen. »Wir werden ein großes Risiko eingehen müssen«, sagte er schließlich. »Ich muß dieses Gebäude betraten und die beiden Geister befreien, sonst gibt es keine Hoffnung für uns.«
    »Das dürfen Sie nicht tun«, widersprach Hildy. »Man wird Sie festnehmen, und dann gibt es wirklich keine Hoffnung mehr.« Sie preßte die Finger auf ihre Kollegmappe, bis sie schmerzten. »Lassen Sie statt dessen mich gehen.«
    Der König hob plötzlich den Kopf und lächelte sie an. »Wir werden beide gehen«, stimmte er ihr zu, wobei seine Stimme plötzlich wieder vergnügt, ja fast überschwenglich klang. »Und du auch, Kotkel. Aber dieses Mal wirst du deine Sache richtig machen, verstanden? Und dich werden wir auch brauchen, Brynjolf«, wandte er sich an den Verwandler, der sich vergeblich hinter den breiten Schultern Starkad Storvirkssons zu verstecken versuchte. »Außerdem brauchen wir zwei Freiwillige.«
    Alle verharrten in der Bewegung, und keiner wagte es, sich von der Stelle zu rühren. Aber schließlich erhob sich Arvarodd, blickte in die Runde und nickte. »Ich werde mitkommen«, sagte er leise. »Schlimmer als Permia kann das auch nicht werden.« Er lachte verkniffen über seinen eigenen Witz, aber alle anderen zeigten keinerlei Gemütsregung.
    Der König sah sich um und seufzte. »Ihr seid allesamt feige wie Waschweiber!«
    Starkad Storvirksson stand auf. »Darf ich mitkommen?« fragte er mit leiser Stimme. Falls niemand anders bereit sei mitzukommen, bekomme er so endlich einmal die Chance, etwas anderes zu tun, als sich zu prügeln. Zwar fände er Prügeleien auf ihre Art ganz in Ordnung, aber mittlerweile sei ihm klargeworden, daß es nicht reiche, Leute zu verprügeln, um ein wirklicher Held zu sein.
    »Nein, Starkad«, lehnte der König freundlich ab. »Ich weiß, daß du keine Angst hast. Aber diesmal geht das nicht. Ich werd’s dir später erklären.«
    Starkad setzte sich und blickte niedergeschlagen drein. Brynjolf klopfte ihm tröstend auf die Schulter und munterte ihn auf: »Das geht nicht, weil du so dumm bist, Starkad. Du stündest nur im Weg.«
    »Ach so! Wenn das der Grund ist, kann ich das verstehen«, entgegnete er erleichtert.
    »Ich werde mitkommen«, meldete sich Bothvar Bjarki plötzlich zu Wort, und alle Helden drehten sich zu ihm um und starrten ihn entgeistert an. Der König murmelte etwas Unverständliches und sagte dann, daß, genau besehen, fünf Leute eigentlich reichen müßten. Bothvar machte zwar ein böses Gesicht, aber die Helden applaudierten laut und brachten einen Toast aus – zunächst auf Odin, den Lenker von Kriegsgeschick und Todesschicksal, dann auf die mutigen Abenteurer und schließlich auf ihren Gebieter König Hrolf Erdenstern. Gleich darauf erinnerte sich Ohtar, daß es im hinteren

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