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Wer hat Angst vor Beowulf?

Wer hat Angst vor Beowulf?

Titel: Wer hat Angst vor Beowulf? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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ich noch mehr Kaninchen esse«, klagte Brynjolf, »dann seh ich bald selbst wie eins aus.«
    »Als Köder ist das eigentlich keine schlechte Idee«, meinte Arvarodd, und gleich darauf stiegen die beiden Helden aus dem Wagen.
    »So ist nun mal das Heldenleben, Vel-Hilda«, bemerkte der König. »Siebenmal die Woche Kaninchenbraten, wenn man Glück hat. Sei froh, daß du nicht auf einem Langboot bist. Komm, laß uns etwas frische Luft schnappen.« Er öffnete die Beifahrertür, kletterte hinaus und rekelte sich.
    »Können wir Kotkel allein zurücklassen?« flüsterte Hildy. »Ich meine, falls …«
    »Wir gehen nicht weit. Du kommst doch auch allein zurecht, Kotkel, oder?«
    Der Zauberer blickte kurz von der Pergamentrolle auf, nickte abwesend und murmelte einen Zauberspruch. Auf dem Sitz neben ihm erschien ein riesiger Hund.
    »Nur eine Halluzination«, erklärte der König. »Aber wer weiß das schon?«
    Hildy zuckte die Achseln und spazierte in das Dickicht hinein. Es war eine ruhige Nacht, etwas kühl, und der Wind spielte mit den Blättern in den Baumkronen. Der König breitete seinen Umhang über einen Baumstumpf, setzte sich und legte das Breitschwert in der juwelenverzierten Scheide auf die Knie.
    »Dieses Schwert trägt den Namen Tyrving. Du interessiert dich doch für die alten Zeiten, Vel-Hilda. Möchtest du etwas mehr darüber erfahren?«
    Hildy nickte erfreut und setzte sich neben ihn.
    »Eines Tages«, begann der König mit geübter Märchenerzählerstimme, »gingen die beiden Götter Odin und Loki weit von zu Hause fort spazieren. Warum, kann ich dir nicht sagen. Ich hab immer gedacht, daß das für die beiden ziemlich merkwürdig gewesen sein muß, denn nach allem, was man hört, haßten sie sich wie die Pest. Wie dem auch sei, sie gingen also spazieren, und plötzlich kam ein gewaltiges Gewitter auf. Auch hier erscheint es seltsam, warum Thor ausgerechnet seinem Lehnsherrn und besten Freund Odin ohne Grund mit einem stürmischen Gewitter behelligt haben sollte, aber vielleicht war das seine Art von Humor. Auf alle Fälle suchten Odin und Loki Schutz in einer Hütte, wo sie von einer kleinen alten Frau aufgenommen wurden. Sie wußte nicht, daß die beiden Wanderer Götter waren, so geht jedenfalls die Geschichte – und wenn man das glaubt, dann glaubt man auch den Rest. Die alte Frau bot ihnen Suppe an, obwohl sie kaum genug für sich selbst hatte, und legte den letzten Torf auf das Feuer, damit sie es schön warm hatten. Alles klar soweit?«
    Hildy nickte. »Ja, erzähl weiter.«
    »Als die beiden Götter die Suppe aufgegessen und ihre Kleider getrocknet hatten, legten sie sich schlafen. Die alte Frau gab ihnen alle Decken, die sie hatte, und als Kopfkissen dienten ihre schönsten Otterfelle. Am Morgen erwachten die Götter, und der Regen hatte aufgehört. ›Alte Frau‹, sagte Odin, ›du bist gut zu uns gewesen.‹ Ich weiß nicht, ob Odin zu Untertreibungen neigte, aber so steht es in der Geschichte. ›Du sollst wissen, daß die Gäste, denen du Schutz gewährt hast, in Wahrheit die Götter Odin und Loki sind. Als Gegenleistung für deine Gastfreundschaft werde ich dir ein großes Geschenk überreichen.‹ Und er zog sein Schwert aus dem Gürtel, das die Zwerge in den Höhlen von Niflheim für ihn geschmiedet hatten, und gab es der alten Frau, die sich höflich bei ihm bedankte, wenn auch mit zusammengebissenen Zähnen. Dann segnete Odin das Schwert und sagte, daß derjenige, der es in der Schlacht schwinge, stets der Sieger sein werde. Aber Loki, der ein bösartiger Gott war, belegte das Schwert mit einem Fluch und sagte, daß der erste Mann, der es in der Schlacht ziehe, durch einen Schlag seines eigenen Schwerts umkommen werde. Die alte Frau verstaute das Schwert an einem sicheren Ort und gab es zu gegebener Zeit ihrem Enkel Skjold, der der größte der Joms-Wikinger werden sollte. Als Skjold ein alter Mann war und das Kämpfen schon lange aufgegeben hatte, lachte er nur über Lokis Fluch. Aber eines Tages brachte er seinem kleinen Sohn Thjostolf das Kämpfen bei, und Thjostolf parierte einen Schlag etwas zu kräftig. Skjolds Schwert flog ihm aus der Hand, traf diesen über dem Auge und tötete ihn auf der Stelle. Später führte Thjostolf wie sein Vater die Joms-Wikinger an, und als er starb, folgte ihm sein Sohn Yngwar, und das Schwert brachte ihm den Sieg. Aber eines Tages, als er auf der Jagd war, verlor er das Schwert, und in der nächsten Schlacht wurde er getötet, und alle seine

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