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Wer hat Angst vor Jasper Jones?

Wer hat Angst vor Jasper Jones?

Titel: Wer hat Angst vor Jasper Jones? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Silvey
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hochzuheben. Hab versucht, sie zu halten. Aber sie war schon tot, Charlie. Ich hab gespürt, dass sie tot ist, verstehst du?»
    Wie im Nebel stürmt alles auf mich ein. Mein Mund steht sperrangelweit offen.
    «Und was hast du gemacht?», frage ich.
    «Na ja, ich hatte keine Ahnung, was ich machen soll. Ich hab sie einfach losgelassen und angeguckt. Aber dann hab ich es hier nicht mehr ausgehalten. Es ging einfach nicht. Also bin ich abgehauen. Und dann bei dir aufgekreuzt.»
    «Und du glaubst, jemand anders hat das getan? Jemand hat sie erhängt?»
    «Das tu ich, Charlie. Sieh dir bloß ihr Gesicht an. Es ist grün und blau geschlagen. Das hat sie ja wohl nicht selbst gemacht, oder? Jemand hat ihr das angetan.»
    «Aber wer?»
    «Das weiß ich nicht.»
    Ich weiche zurück und suche die Bäume ab. Mir zittern die Knie. Das hier ist ein Albtraum. Es muss einer sein. Das erlebe ich nicht wirklich.
    «Himmel noch mal, Jasper! Was ist, wenn er immer noch hier draußen ist? Wenn er uns in diesem Moment beobachtet? Was hast du dir nur dabei gedacht? Warum hast du mich hierhergebracht?»
    Ich suche immer weiter. Es fühlt sich an, als würden die Bäume näherkommen.
    «Immer mit der Ruhe, Charlie. Es ist niemand hier.»
    «Woher willst du das wissen?», kreische ich wie ein Mädchen.
    «Keine Ahnung. Ich weiß es einfach. Das sehe ich», sagt er ruhig.
    Doch die Angst sitzt mir im Nacken. Ein widerliches Prickeln auf der Haut. Ich habe das Gefühl, dass uns jemand beobachtet. Und genau zuhört. Laura Wisharts Leichnam ist quälend und surreal. Er ist so
nah
. Ich habe immer noch nicht ganz begriffen, dass sie tot ist, dass das hier nicht mehr Laura Wishart ist. Es ist eine leere Hülle. Eine Wachspuppe. Eine abgestreifte Haut. Merkwürdigerweise kann ich keine warmen Gefühle für sie aufbringen. Es ist, als hinge ein Teil von mir selbst dort oben, schlaff und gefühllos.
    Dennoch ist klar, dass sich an diesem stillen Ort etwas Grauenhaftes abgespielt hat. Und wir befinden uns in seinem Kielwasser und werden von den Wellen hin und her geworfen. Laura Wishart ist tot. Schaut hin. Mausetot. Da hängt sie, an dem Baum dort drüben. Genau dort. Mitten in Jasper Jones’ Welt. Sie baumelt direkt über seinem Stückchen Erde.
    Zwei Jungen und ein Leichnam.
    Ich höre Trommeln im Kopf: tot, tot, tot. Ich kriege auf dieser kleinen Lichtung kaum noch Luft. Etwas hat sich verschoben. Eine Blase ist geplatzt. Ich will raus. Ich fühle mich schwach. Ich sollte gar nicht hier sein, will wieder zu Hause sein, doch das kommt mir weit, weit weg vor. Und dann ist da die bedrohliche Tatsache, dass ich, selbst wenn ich von hier verschwände, beim besten Willen nicht dorthin zurückfinden würde.
    Nein, es ist zu spät. Genau wie Jasper Jones habe ich es gesehen. Und jetzt hänge ich mit drin.
    «Jasper, ich weiß nicht, was wir tun sollen. Ich weiß nicht, warum ich hier bin», sage ich und betrachte Laura Wisharts nackte, schmutzige Füße. «Es ist so schrecklich. Wir müssen es jemandem erzählen.»
    Jasper betrachtet mich mit zermürbender Intensität.
    «Nein, das geht nicht. Wir können es niemand erzählen.
Niemand
, Charlie.» Er presst die Lippen zusammen, seine Augen sind weit geöffnet.
    «Wir müssen es selbst rausfinden, Charlie.»
    «Was meinst du mit
rausfinden

    «Wir müssen rausfinden, wer’s getan hat. Wer Laura umgebracht hat. Wer hier hergekommen ist und ihr das angetan hat.»
    Ich schüttele kurz den Kopf, bevor ich antworte.
    «Was redest du da? Nein, das müssen wir nicht! Wir gehen zur Polizei! Das machen wir. Wir gehen zum Sergeant, sagen ihm, was passiert ist und wo sie ist, und dann finden
die
es raus. Die sind dafür zuständig. Wir können das nicht für uns behalten. Ihre Familie muss Bescheid wissen. Das hat nichts mit uns zu tun.»
    «Scheiße, Charlie. Du hast wirklich keine Ahnung, was?»
    «Warum?»
    «Mach die Augen auf, Kumpel.»
    «Was soll das heißen? Sie
sind
offen! Was willst du damit sagen?»
    Jasper seufzt abgrundtief.
    «Verdammt noch mal. Hör zu, Charlie, wir können keiner Menschenseele davon erzählen. Auf keinen Fall. Schon gar nicht der Polizei. Weil sie es sofort mir in die Schuhe schieben. Kapiert? Die kommen her, sehen, dass das hier mein Platz ist, sehen ihr Gesicht und wie man sie zugerichtet hat und dass das hier mein Seil ist. Und dann behaupten sie, ich wär’s gewesen, der sie gelyncht hat. Die verknacken mich und sperren mich ein, ohne lange zu fackeln, Kumpel.»
    «Was?
Aber

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