Wer hat Angst vorm starken Mann? - Mallery, S: Wer hat Angst vorm starken Mann?
regelmäßigen Sex mit dir zu haben.“
Er grinste. „Habe ich dir schon mal gesagt, dass ich diese Stadt liebe?“
Schon kurz nach zehn waren sie wieder in Raouls Wohnung, denn trotz allem war es ein langer Tag für Pia gewesen, und sie fühlte sich erschöpft. Raoul ging mit ihr ins Haus und legte dann seine Arme um sie. Sanft lehnte er seine Stirn gegen ihre.
„Ich möchte, dass wir heute Nacht gemeinsam in meinem Bett schlafen“, sagte er und lächelte dann. „Keine Angst, ich versuche nicht, dich schon wieder zu verführen. Ich möchte nur sicherstellen, dass es dir gut geht.“
Darum hat er mich ja noch nie gebeten, dachte sie und merkte, dass die Versuchung groß war, sie jedoch auch ein wenig Angst verspürte. Theoretisch würden sie bald verheiratet sein und danach das Schlafzimmer wie jedes andere Paarauch miteinander teilen. Es war keine große Sache. Es bestand kein Grund, sich davon verunsichern zu lassen.
„In Ordnung“, sagte sie und ignorierte die Warnglocken in ihrem Kopf. „Das wäre schön. Du bist aber kein Bettdeckenklauer, oder?“
„Du kannst so viel Bettdecke haben, wie du möchtest.“
Eine nette Geste, aber in Wahrheit war sie an weit mehr als an der Bettdecke interessiert. Sie wollte Raoul. Alles von ihm. Nicht nur einen aus praktischen Erwägungen heraus gestellten Heiratsantrag, um eine Vernunftehe mit ihm einzugehen. Sie wollte sein Herz und seine Seele. Sie wollte der wichtigste Teil seines Lebens sein, und der schönste Teil seines Tages. Sie wollte, dass er sie liebte.
Aus Angst, dass er ihre Gedanken erahnen könnte, trat sie einen Schritt zurück. „Ich mach mich mal bettfertig.“
Als sie sich schließlich abgeschminkt und ein Nachthemd angezogen hatte, war es ihr fast gelungen, sich davon zu überzeugen, dass alles gut werden würde. Dass sie überreagierte. Mit Raoul zu schlafen war keine große Sache. Es war wahrscheinlich besser, wenn sie sich langsam aneinander gewöhnten. Sie sollte das einfach als eine Art Probe ansehen.
Aber als sie aus dem Bad kam und sah, dass Raoul bereits im Bett lag, bekam sie auf einmal Herzklopfen. Obwohl sie schon einmal eine Nacht zusammen verbracht hatten, war dies hier irgendwie intimer.
Langsam zog sie den Morgenmantel aus, bevor sie unter die Bettdecke schlüpfte.
„Müde?“, fragte Raoul.
„Erschöpft.“
„Schläfst du lieber auf dem Rücken oder auf der Seite?“
„Auf der Seite.
„Na, dann mach es dir gemütlich“, sagte er und schaltete die Nachttischlampe aus.
Pia fühlte sich irgendwie komisch, als sie sich auf die Seite drehte, mit dem Rücken zu Raoul. Er rutschte näher und legteeinen Arm um sie. Seine Oberschenkel schmiegten sich an die Rückseite ihrer Beine, sein Oberkörper gegen ihren Rücken. Als er seinen Arm noch fester um sie schlang, hatte sie das Gefühl, als wollte er sie nie wieder loslassen.
„Gute Nacht und schlaf schön“, murmelte er.
„Du auch.“
Statt einzuschlafen, wurde Pia jedoch von Sekunde zu Sekunde wacher. Sie war es nicht gewohnt, mit jemandem das Bett zu teilen, und die Nähe zu Raoul fühlte sich so seltsam an. Das Ganze machte ihr Angst. Vielleicht, weil sie wusste, dass sie sich daran gewöhnen könnte. Dass es nicht mehr lange dauern würde, bis sie sich wünschen würde, ihn immer so nahe zu haben. Und dann? Wollte sie den Rest ihres Lebens damit verbringen, einen Mann zu lieben, der ihre Liebe nicht erwiderte? Würde sie in der Erziehung ihrer Kinder aufgehen, damit sie keinen Gedanken darauf verschwenden musste, dass ihre Ehe nur eine leere Hülle war?
Sein gleichmäßiger Atem verriet ihr, dass Raoul eingeschlafen war. Sie war sich nicht sicher, wie lange sie dalag und nicht nur gegen die Tränen ankämpfte, sondern auch gegen die unendliche Traurigkeit, als ihr bewusst wurde, dass diese Verlobung ein Fehler war.
Raoul las sich den Antrag für ein Stipendium durch. Ein Doktorand wollte Mathematik- und naturwissenschaftliche Programme an der Highschool von entsprechenden Firmen sponsern lassen. Die Firmen konnten darauf spekulieren, dass viele der Schüler die Fächer dann studieren und anschließend zu diesen Firmen zurückkehren würden, um dort zu arbeiten. Der Doktorand wollte die Machbarkeit dieser Idee untersuchen und diverse Firmen ansprechen. Das Stipendium, um das er bat, war relativ bescheiden, und Raoul war durchaus gewillt, es ihm zu gewähren.
Er machte sich Notizen und überlegte, dass er vielleicht mal einen Freund anrufen könnte, der in der
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