Wer hat Angst vorm starken Mann? - Mallery, S: Wer hat Angst vorm starken Mann?
hoffen, dass dein Gefrierschrank leer ist. Das Essen reicht für ein paar Tage.“
Er nickte, wirkte aber immer noch geschockt.
„Warum gehst du nicht Peter beim Händewaschen helfen? Du weißt, dass der Gips nicht nass werden darf, oder?“
„Ja.“
„Gut. Ich kümmere mich um diese Sachen hier. Zwei Essen lasse ich für morgen und übermorgen im Kühlschrank. Den Rest friere ich ein. Ach ja, da in der weißen Tasche sind noch Sticker. Für deinen Gips, Peter.“
„Cool!“ Peter griff in die Tasche und holte einen Bogen mit Stickern heraus. „Können wir die gleich draufmachen?“
Raoul schaute Pia an, und die musste lachen. „Macht ruhig. Das Essen ist in ungefähr einer halben Stunde fertig.“
Die beiden verließen die Küche, doch ein paar Minuten später war Raoul wieder da.
„Es tut mir leid“, sagte er.
„Was tut dir leid?“
„Na, wir wollten doch heute zusammen essen.“
„Tun wir doch.“
„Aber nicht so wie geplant“, erwiderte er. „Ich weiß immer noch nicht, wie das passiert ist. Die Sozialarbeiterin hat auf mich eingeredet, und ehe ich mich versah, hatte ich schon ein Kind.“
Sie tätschelte seinen Bauch. „Ich kenne das Gefühl.“
„Du bist nicht böse?“
„Warum sollte ich? Peter ist ganz allein, er ist verletzt, undkeiner weiß, wo seine Pflegeeltern sind. Du bist eingesprungen. Ehrlich, das macht dich noch netter.“
„Du magst nette Männer doch nicht.“
„Bei dir mache ich mal eine Ausnahme.“
„Na, da hab ich ja Glück. Danke.“
Er verschwand wieder im Flur.
Pia starrte ihm hinterher. Vergiss es, ermahnte sie sich, nur weil er so ein netter Mann ist, heißt es noch lange nicht, dass es ungefährlich wäre, ihm dein Herz zu öffnen.
Nachdem sie gegessen und Peter in Raouls Gästezimmer untergebracht hatten, war es bereits nach neun. Pia hatte es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht und überlegte, dass sie sich aufraffen und nach Hause fahren sollte. Auch wenn sie noch keine Schwangerschaftssymptome hatte, war sie müder als normalerweise. Raoul saß am anderen Ende des Sofas und hatte sich zu ihr herumgedreht.
„Vielen Dank für alles“, meinte er.
„Ich habe nur das vorbeigebracht, was die anderen gemacht haben. Dafür brauchst du mir nicht zu danken.“
„Der arme Peter.“ Raoul trank einen Schluck Bier. „Es ist wirklich keine angenehme Situation für ihn.“
„Wissen sie wirklich nicht, wo seine Pflegeeltern stecken?“
„Das hat Mrs Dawson jedenfalls gesagt. Ich hoffe, sie nehmen sie mal genauer unter die Lupe, wenn sie endlich wiederauftauchen. Peter hat nichts Schlechtes über seine Pflegeeltern berichtet, aber es gibt da so ein paar Sachen, wo bei mir die Alarmglocken losgingen.“
Er hatte ihr schon von der Möglichkeit berichtet, dass der Junge vielleicht nicht genügend zu essen bekam. Eine derartige Vernachlässigung wäre unentschuldbar, dachte sie. Aber das hieß nicht, dass es nicht passierte.
Raoul stellte die Bierflasche zur Seite. „Ich hatte für heute Abend eigentlich andere Pläne.“
Eine Sekunde lang glaubte Pia, er meinte Sex. Ihr Körper reagiertemit einem inneren Freudentanz, und all ihre Sinne waren auf einmal geschärft.
Raoul zog eine Schublade auf, die an der Unterseite des Couchtisches eingelassen war, und holte ein kleines Schmuckkästchen aus Samt hervor. Pia erkannte die Farbe und das Design der Schachtel. Jenel’s Gems war bekannt für eleganten, teuren und einzigartigen Schmuck.
Ihre Kehle war plötzlich wie ausgetrocknet, und Pia fühlte sich überraschend schüchtern. Das Verlangen, das sie eben noch verspürt hatte, verwandelte sich in Verwirrung.
„Ich verstehe nicht“, meinte sie.
„Wir wollen doch heiraten“, erinnerte Raoul sie. „Und ich glaube, da ist es Tradition, dass man einen Verlobungsring bekommt.“
„Ja, aber …“ Das, was sie vorhatten, war doch keine Verlobung im traditionellen Sinne. „Ich hatte gar nichts erwartet. Du musst mir nichts schenken.“
„Möchte ich aber.“
Er rutschte zu ihr heran und nahm ihre linke Hand in seine. „Pia, danke, dass du eingewilligt hast, mich zu heiraten. Gemeinsam werden wir dafür sorgen, dass es funktioniert. Ich werde für dich da sein, egal, was geschieht.“
Seine Worte versetzten ihr einen Stich. Es war genau das, was sie sich immer erhofft hatte … fast.
„Ich werde auch für dich da sein“, flüsterte sie.
Er lächelte und öffnete die Schachtel.
Wenn sie nicht schon gesessen hätte, wäre sie umgefallen. Der
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