Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann
fix, und jezahlt wird’s vom Amt.«
Nicht zum ersten Mal fragte ich mich, warum kaum noch jemand Erzieher werden möchte. Möglicherweise hängt das auch damit zusammen, dass der Beruf in der gesellschaftlichen Bewertungsskala nicht mehr viel hermacht. Ein ähnliches Image-Problem trifft auch die heutigen Lehrer. Wegen des gesicherten Gehalts und der vielen Ferien ist der Beruf des Lehrers zwar immer noch ein begehrter. Respektpersonen sind Lehrer aber schon lange nicht mehr. Im Gegenteil: Viele Eltern, insbesondere die der sogenannten bildungsnahen Gesellschafts schicht, bilden sich ein, es selbst viel besser zu können; Lehrer hasser -Bücher werden zu Bestsellern, und als kürzlich die Tochter von Freunden ihr Abitur mit eins Komma zwei ab legte und den Wunsch äußerte, Lehrerin zu werden, schrien alle Verwandten entsetzt auf: »Damit wirfst du Perlen vor die Säue – dazu bist du viel zu intelligent!«
Während Frau Dombrowski mir darlegte, was ich genau tun müsste, um kurzfristig zu einer professionellen Pädagogin zu mutieren, rechnete ich hoch, wie vielen anderen Branchenfremden sie diese Notlösung auch ans Herz legte. Und es wunderte mich jetzt nicht mehr, warum es in den Kitas neben wenigen engagierten Erziehern eine Reihe von solchen gab, die nichts weiter taten, als mit den Kleinen »pullern und kackern« zu gehen, ihnen »Klappstullen« zuzubereiten und sie als Highlight einmal im Jahr in den »Tierzoo« zu begleiten.
Abschließend dankte ich Frau Dombrowski für ihre Aufklärung und Mühe. Ihren gut gemeinten Umschulungsvorschlag lehnte ich jedoch ab. Ich liebte meinen Beruf, und solange ich nicht alles versucht hatte, um wieder als Architektin oder wenigstens in einem architektonischen Umfeld zu arbeiten, wollte ich die Hoffnung nicht aufgeben.
Nicht zuletzt wegen der düsteren beruflichen Aussichten bedrückte mich auf einmal Angst vor der Zukunft. War ich zu optimistisch in mein Leben als Alleinerziehende gestartet?
Zudem meldeten sich unzählige Menschen bei mir, von denen ich jahrelang nichts gehört hatte, und warteten mit »guten« Ratschlägen auf.
Am meisten nervten mich die Pseudoverständnisvollen, die ihr Mitgefühl nur heuchelten, während sie sich in Wahrheit an meinen Problemen gleichermaßen labten wie an Sozialdramen in Dokusoaps. Sie unterbrachen mich entweder mitten im Satz, wenn ich ihnen etwas erzählte, und führten meine Sätze dann selbst zu Ende, oder aber sie gaben mir unverlangte Ratschläge, die immer mit den Worten »Du musst …« anfingen.
Noch mehr verabscheute ich aber die schadenfreudigen Antiratgeber. Nach dem Motto: »Wie kann man auch so blöd sein und sich von einem finanziell gut gestellten Mann trennen«, bereiteten ihnen die Darstellungen meiner Sorgen um die Kinder hämische Freude, woraus sie wenig Hehl machten. Mit gehässigem Blick gaben sie nichtsnutzige Floskeln von sich, wie »es braucht eben alles seine Zeit«, während sie sich selbst dafür auf die Schulter klopften, dass sie nicht in einer ähnlichen Situation steckten.
Daneben gab es auch Menschen, die mir gar nicht nahestanden und dennoch versuchten, mir ihre Unterstützung aufzudrängen. Diese Leute waren einsam und witterten in meiner aktuellen emotionalen Bedürftigkeit eine sinnspendende Aufgabe für sich.
In Anspruch nahm ich deren Hilfe nicht, weil mir klar war, dass solche Menschen viel Dankbarkeit für ihr Geben erwarteten. Außerdem versuchten sie meistens, einen im Unheil festzuhalten, damit man ihre Hilfe auch weiterhin benötigte, und machten einem deshalb jede Art von Freude oder Erfolg madig.
Nicht zuletzt fühlte ich mich plötzlich umzingelt von einer egozentrischen Schar, deren Monolog stets mit »Ich auch …« anfing. Diese Menschen hörten mir gar nicht zu, wenn ich ansetzte, ihnen etwas zu erzählen, sondern griffen das erstbeste Stichwort auf, das sie an sich selbst erinnerte, um von dem Moment an stundenlang ihren eigenen Müll bei mir abzuladen.
Eine Sonderkategorie gab meine Mutter ab, die der besseren Witterung wegen in Marbella lebte. Seit meiner Trennung von Mark hatte sie kein Wort mehr mit mir gesprochen; angeblich, weil sie eine Scheidung für unverantwortlich den Kindern gegenüber hielt. Der wahre Grund für ihre ablehnende Haltung aber war, dass sie erleichtert darüber gewesen war, durch meine Hochzeit ihre gefühlte Verantwortung für mich an meinen Mann abgetreten zu haben. Und dass sie jetzt, wo ich mich scheiden ließ, Angst davor hatte, ich
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