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Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann

Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann

Titel: Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Thoma
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Ich beschloss, die fünfzig Euro in den Ofen zu schießen beziehungsweise sie meiner Babysitterin auch dann zu zahlen, wenn sie nur zwei Stunden dafür hatte arbeiten müssen. Dann ließ ich Boris einfach stehen.
    Als ich nach Hause kam, saß Natalia, die zu Zehlendorfer Zeiten so oft auf meine Kinder aufgepasst hatte, dass mich inzwischen eine Freundschaft mit ihr verband – mit Clooney zu ihren Füßen vor dem Fernseher und hatte mit der Late Night Show bestimmt weitaus mehr Spaß gehabt als ich mit Boris.
    Dass mein Date ein Fiasko gewesen war, wunderte Natalia gar nicht. »Männer müssen Frauen etwas zu bieten haben; guten Sex, Geld oder am besten beides«, war ihre konsequente Messlatte, »und dieser verdrogte Boris klingt nach weder noch. Bestimmt ist er inzwischen auch eine Niete im Bett. Die vielen Drogen sind über die Jahre nicht an seinen Kleidern hängen geblieben.«
    Ich gab Natalia recht, verbuchte die Babysitterkosten unter Lehrgeld und legte den Abend in meiner überfüllten Gedächtnisschublade »wieder mal was dazugelernt« ab. Von dieser Pleite wollte ich mich aber nicht unterkriegen lassen, im Gegenteil. »Mit Männern ist es wie mit dem Fußball. Man muss nur oft genug aufs Tor schießen – irgendwann trifft man dann«, pflegte meine Großtante Hella stets zu sagen, und daran wollte ich mich nun auch halten.
    Gleich am nächsten Tag sichtete ich die gängigen Portale für Partnervermittlungen, da sie mir seriöser erschienen als die Zweite Runde für die Liebe . Nachdem ich mich für eines entschieden hatte, loggte ich mich mit einem Probe-Account ein und unterzog mich einem Persönlichkeitstest. Nachdem ich ihn so ehrlich wie möglich beantwortet hatte, enthüllte mir die Auswertung, dass die Entscheidungen, die ich für mein Leben treffe, zu gerade mal acht Prozent von meinem Verstand gesteuert wurden, der meinem instinktgesteuerten Erlebnishunger haushoch unterlegen war. Weil mir im nächsten Schritt ausschließlich deftige Anpackertypen und kein ein ziger Akademiker als Top-Ranking-Partner vorgeschlagen wurden, deklarierte ich meinen unterdrückten Verstand zu meinem Alleinstellungsmerkmal. Hierin lag also des Rätsels Lösung, dass meine Ehe mit einem Mann, der weder einen Ikea-Stuhl zusammenbauen noch mit einer Bohrmaschine umgehen konnte, in die Brüche gegangen war.
    Während ich das Foto meines obersten Top-Matching -Partners näher betrachtete, stellte ich außerdem fest, dass das Computersystem meinen Männergeschmack optisch betrachtet gar nicht so schlecht eingeschätzt hatte. In seinem Outdoorlook mit freiem Oberkörper fand ich Mr. Top-Matching jedenfalls weitaus attraktiver als einen Manager-Mann im Anzug, der als Low-Ranking -Partner viel weiter unten in meiner Liste auftauchte und dessen »Ich verdiene viel Asche«-Pose ich peinlich fand.
    Nach kurzen, intensiven E-Mail-Chats mit den ersten zehn Männern auf meiner Liste verabredete ich mich an einem Wochenende, an dem die Kinder mal wieder bei Mark waren, mit einigen von ihnen persönlich.
    Mein erstes Date, mit dem ich mich Samstagvormittag traf, hieß Uwe und entpuppte sich als besonders fantasievoll. So stellte sich gleich zu Beginn unseres Dates heraus, dass sich hinter seiner Jobbezeichnung »selbstständig« die selbstständige Verwaltung seiner Hartz-IV-Bezüge verbarg und dass er mit seinem Wohnort »Innenstadt« den Ortskern von Marzahn meinte. Dort fühlte er sich derart wohl und fest verwurzelt, dass er sich kaum daran erinnern konnte, wann er seinen Kiez das letzte Mal verlassen hatte – was ich ihm sofort glaubte, als sich herausstellte, dass er die Häuser rund um den Kollwitzplatz zuletzt im unrenovierten Zustand gesehen hatte.
    Der zweite Mann, den ich Samstagnachmittag kennenlernte, hieß Jochen und entpuppte sich als ein neunundsechzigjähriger »Reif sucht jung«-Typ. Dass er im Internet angegeben hatte, erst fünfundvierzig Jahre alt zu sein, begründete er damit, dass das seinem gefühlten Alter entspräche. Während unseres Gesprächs prahlte Jochen damit, seine zwei Exgattinnen erfolgreich unter die Erde gebracht zu haben. Anschließend lachte er laut über seinen schlechten Witz und sabbelte mich solange mit altbackenen Textbaustein-Komplimenten zu, bis ich die Flucht nach Hause ergriff.
    Mit meiner dritten Verabredung Thilo verbrachte ich den Abend. Thilo war wirklich neununddreißig Jahre alt, arbeitete wirklich als Produktionsleiter beim Film und lebte auch wirklich in Berlin-Mitte. Mit ihm

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