Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann
Kita tätig werden.«
Kaum war ich wieder zu Hause, setzte ich notgedrungen einen Darlehensvertrag auf. Hierin bat ich meine Mutter nach einer knappen Darlegung der Gründe um einen Kredit von zwölftausend Euro, welchen ich ihr mit einer Verzinsung von drei Prozent innerhalb von zwei Jahren zurückzahlen würde. Beherzt legte ich den Vertrag aufs Fax und drückte auf »senden«.
Ich musste nicht lange warten, bis ich eine Antwort erhielt, wiederum per Fax. Kommentarlos hatte meine Mutter den Vertrag unterschrieben. Nur die Ziffer drei vor Prozent hatte sie durchgestrichen. Stattdessen stand dort jetzt vier .
Ich griff zum Telefon, rief die Akademie an und erfragte die Daten für den nächsten Kompaktkurs von sechs Monaten und meldete mich für diese Option an. Mitte September würde es losgehen, und Ende Februar würde ich noch vor Beendigung des Trennungsjahrs fertig sein. Das Timing war immerhin perfekt.
Da es inzwischen Nachmittag geworden war, beeilte ich mich, die Kinder abzuholen und gemeinsam mit ihnen auf den Spielplatz zu gehen, der sich auf dem Falkplatz befand. Dort sah ich schon von Weitem einen Mann auf einer Bank sitzen, der mir bekannt vorkam. Als wir näher kamen, erkannte ich, dass es Sven war, der gedankenverloren etwas in sein Handy tippte. Als er uns sah, begrüßte er uns freudig und zeigte auf seine Tochter Nele, die gerade gemeinsam mit einer straßen köterblonden Frau Marke Mauerblümchen die Rutsche he runterschlidderte.
»Das ist nur eine Bekannte von mir …«, fügte Sven schnell noch hinzu, während sich meine Kinder ein Wettrennen zur Rutsche lieferten.
Natürlich verstand ich sofort, dass Sven hiermit verschlüsselt ausdrücken wollte: »Das ist nur eine Affäre, und ich bin nach wie vor offen für andere Frauen.«
Dass Svens Bekannte ihre Beziehung zu ihm auch nur als unverbindliches Tingeltangel betrachtete, bezweifelte ich aller dings. Aufopfernd versuchte sie nämlich, seiner Tochter unvergessliche Erlebnisse auf dem Spielplatz zu bereiten. Außerdem strich sie Sven ab und zu liebevoll über den Kopf, was ihm sichtlich unangenehm war, und schließlich war sogar sie es, die Nele im Gebüsch hochhielt, als die Kleine mal musste.
Typisch Mann, dachte ich mir, weil ich oft beobachtete, dass Männer nach einer Trennung aus Bequemlichkeit das entstandene Loch in ihrem Leben möglichst schnell mit irgendeiner Frau stopften. Auch dann, wenn ihnen von vornherein klar war, dass sie mit der Frau keine ernsthafte Beziehung führen wollten. Dazu redeten sie sich meistens ein, die Abmachung über ein lockeres Verhältnis beruhte auf Gegenseitigkeit.
Wobei mir diese Sorte Mann noch sympathischer war als das Streunen jener Männer, die es in Post-Trennungs-Zeiten auch jenseits der dreißig noch nötig hatten, sich zum Wiederaufbau ihres männlichen Egos in jedem Dorf einen Köter zuzulegen.
Typisch Frau, dachte ich mir aber auch, weil viele Frauen dem Irrglauben verfallen waren, sie könnten einen Mann für sich gewinnen, indem sie sich durch ihre Dienstleistungen in seinem Alltag unentbehrlich machten.
Wenke, eine alte Schulkameradin, gehört auch zu diesem Typ Frau. Als ich sie zuletzt sah, war sie gerade neunund dreißig geworden und eine der »Noch-nicht-mal-alleiner ziehend«-Frauen, denen die Torschlusspanik auf die Stirn geschrieben stand und die sich (Plan B) einen Welpen beim Hundezüchter vorbestellt hatten.
Wenkes damaliger Liebhaber war – wie hätte es auch anders sein können – ihr in Scheidung lebender Chef, von dem sie sich die letzte Chance auf ein eigenes Kind erhoffte. Als Mittel zum Zweck tat sie alles für ihn; sie bügelte seine Hemden, mähte seinen Rasen, polierte seine Schuhe und belegte japanische Kochkurse, weil er so gern Sushi & Co aß.
Während unseres letzten Treffens vertraute Wenke mir bedrückt an, ihr Chef und Lover hätte sie in der vergangenen Nacht im Halbschlaf »Maria« genannt. Ich ging natürlich davon aus, dass seine Exfrau Maria hieß, und versuchte Wenke zu beruhigen; nach einer langen Ehe kann so etwas, wie ich finde, mal passieren. Fatalerweise war das aber der falsche Trost. Denn es war gar nicht die Exfrau ihres Chefs und Liebhabers, die Maria hieß, sondern seine unattraktive, fettleibige Putzfrau.
Bevor wir nach Hause gingen, fragte ich Sven, welche Kita Nele besuchte, und erfuhr, dass auch sie bei den Gleimzwergen untergebracht war. Dass wir uns bald Tag für Tag in der Kita über den Weg laufen würden, freute mich. Es tat mir
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