Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann
Kopf getroffen. Genauso hätte sich die Szene auch mit Inka abspielen können.
Wir tauschten unsere neuen Kontaktdaten aus und stellten dabei fest, dass auch er im Gleimkiez wohnte und wir quasi Nachbarn waren.
Als ich aufstand, um zu gehen, hielt Sven mich auf:
»Was meinst du, Phyllilein …«, sagte er und blinzelte mich plötzlich ganz flirtiv an.
»Eigentlich waren wir beide damals doch ein super Team, oder?«
»Stimmt, Svenilein – damals . Und deshalb kennen wir uns für solche Plattitüden auch viel zu gut.«
Sven grinste ein bisschen verschämt, umarmte mich dann zum Abschied und murmelte noch, dass ich natürlich recht hätte und er jetzt erst mal sein Leben neu ordnen müsse.
Auch ohne Sixpack ist er immer noch ganz lässig, reflek tierte ich meinen Eindruck von Sven.
Dennoch schloss ich ihn als potenziellen neuen love interest für mich aus. Das Letzte, was ich in meiner aktuellen Situation gebrauchen konnte, war ein Mann mit verletztem Stolz und Liebeskummer, dem es darum gehen würde, sich seine Attrak tivität neu zu beweisen. Und aufgewärmter Filterkaffee schmeckt bekanntlich nicht. Aber gab es für eine Mutter von drei Kindern überhaupt noch einen frischen doppelten Espresso?
Auf dem Weg nach Hause machte ich bei Anouks halt, wo ich seit meinem Umzug regelmäßig hinging, um in dem inspi rierenden Allerlei zu stöbern. Zu meiner Überraschung entdeckte ich unter der türkisfarbenen Tunika meiner neuen Laden-Freundin die Wölbung eines Babybauchs. Während ich in einer Kiste mit Dutzenden wild gemusterten Stiften nach einem neuen Kugelschreiber kramte, offenbarte Anouk mir noch eine weitere Neuigkeit: Sie und ihre ersten beiden Kinder würden bald mit Tim zusammenziehen, dem Vater ihres dritten Kindes, den sie kürzlich noch als ihren zukünftigen Exfreund deklariert hatte.
»Mein Therapeut hat mich überredet, meiner Bindungsangst konfrontativ zu begegnen«, vertraute mir Anouk an und bemühte sich, möglichst locker zu klingen. »Er hat mir erklärt, dass jede Angst irgendwann ihren Gipfel erreicht und dann wieder abfällt.«
Ich ging davon aus, dass Anouk ihr Beziehungsexperiment nur wagte, weil sie besagten Gipfel schon überwunden hatte, und beglückwünschte sie zur Gründung einer richtigen Familie. Allein durch die Erwähnung der Beziehungsstruktur »Familie« flackerte jedoch die blanke Panik in ihren Augen auf, weswegen ich annahm, dass der Höhepunkt ihrer Angst noch nicht mal in Sichtweite war.
Um vom Thema abzulenken, erkundigte sich Anouk nach meinen Erfolgen mit der grünen Schleife.
»Ich brauch erst mal einen Job«, sagte ich und wich nun meinerseits dem Thema aus, was Anouk sofort durchschaute.
»Success breeds success« , sagte sie und beschwor mich, den Gaul von hinten aufzäumen: »Ein neuer Job kommt wie von selbst, wenn du wieder guten Sex hast. Dafür sorgen kos mische Energien.«
Mein Argument, dass mir aktuell nicht einmal ein Mann einfiel, mit dem ich der kosmischen Energien zuliebe schlafen könnte, ließ sie auch nicht gelten.
»Such dir doch einen Manny zum Babysitten«, raunte sie mir zu. »Einen Surfer aus Sydney, der erst die Kinder und dann dich ins Bett bringt. Oder gib eine Kontaktanzeige in einer Expat-Zeitschrift auf. Beziehungen zu Ausländern können dir auch auf deinen Reisen im Rentenalter wieder nützlich sein …«
Während Anouk den Preis meines neuen Kugelschreibers einscannte, empfahl sie mir zudem die Spezies »fremder Ehe mann«. Der hätte ähnliche Zeitfenster wie die alleinerziehende Mutter, wäre leicht verführbar, diskret und außerdem überaus dankbar dafür, überhaupt mal wieder Sex zu kriegen.
Ich dankte Anouk für ihre praxisorientierten Ratschläge.
Am Abend, als die Kinder schon schliefen, setzte ich mich auf den Balkon. Die Ereignisse stehen nicht Schlange, sondern brechen entweder über einen herein oder finden gar nicht statt – in diesem Punkt gab ich Anouk recht. Und so entschied ich mich, neben einer weiteren Bewerbungsinitiative für einen neuen Job auch in Sachen Männer in die Offensive zu gehen. Irgendwo muss man anfangen. Aus einem entlegenen Winkel meiner Schreibtischschublade kramte ich ein uraltes Adressbuch, auf dessen abgewetztem Ledereinband in goldenen Lettern Lovers and Losers gestanzt war. Seite für Seite ging ich die Mottenkiste meiner verflossenen Hottis aus frühe ren studentischen Partyzeiten durch, sofern ich deren Namen überhaupt noch Gesichtern zuordnen konnte.
Bei »Boris« machte ich
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