Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann
gut, neben Cosima auch Sven als alten Vertrauten in meiner Nähe zu wissen. Nun würden wir also in der Zukunft anstatt miteinander zu flirten über Kindergartenausflüge und Elternvorstandswahlen reden. Das dörfliche Gefühl in meinem Prenzelberger Kiez gab mir das Gefühl, hier ein neues Zuhause gefunden zu haben.
4
Das nächste Wochenende verbrachten die Kin der wieder bei Mark. Als sie Sonntagabend zu rückkehrten, war ihr Koffer prall gefüllt.
Neben ihren Kleidern packte ich auch ein batteriebetriebenes, miauendes Kätzchen für Fanny, einen Schmink- und Frisierkopf für Maya sowie eine Darth- Vader-Figur für Lorenz aus. Ich ging davon aus, dass Mark einen beruflichen Deal erfolgreich abgeschlossen und den Kin dern zur Feier des Tages freie Auswahl in einem Spiel zeugladen gelassen hatte.
Doch weit gefehlt: »Die sind von Ziska!«, rief Fanny, woraufhin sich Lorenz demonstrativ mit der Hand gegen die Stirn schlug und seine Schwester verbesserte: »Papas Freundin heißt F r a n z i s k a!«
Geschockt fragte ich nach, was er mit »Freundin« meinte. Unbekümmert berichteten mir die Kinder, Franziska kenne Mark aus der Kanzlei und hätte das ganze Wochenende mit ihnen verbracht. Außerdem hätte sie ihnen nicht nur die tollen Spielsachen gekauft, sondern auch viele Süßigkeiten und dreimal Pizza. Franziska liebte Kinder nämlich über alles, und wenn sie etwas älter wäre, wollte sie auch welche haben.
Ich war fassungslos. Wie konnte Mark so respekt- und rücksichtslos sein und mich nicht über seine Freundin informieren, bevor er sie den Kindern vorstellte?
Schon lange vermutete ich eine andere Frau in Marks Leben, doch hatte er es immer wieder mit der Floskel »Da weißt du mehr als ich« abgestritten. Verhärtet hatte sich mein Verdacht, als Cosima Mark vor einigen Monaten mit einer Blondine in einem Restaurant gesehen hatte und mir daraufhin ein blaues Bild schenkte, auf das sie »Gutschein für einen Privatdetektiv« geschrieben hatte.
»Glaubt man der Farbpsychologie, bringt uns Blau der Wahrheit näher«, sagte sie damals und riet mir, Mark beschatten zu lassen. Hätte ich das mal getan, anstatt seinen Unschuldsbeteuerungen zu glauben.
Außerdem hätte ich meine Hand dafür ins Feuer gelegt, Mark würde nicht mit einer Kollegin anbandeln. Hatte er doch »Don’t shit where you eat« oder besser gesagt »Don’t fuck the office« immer wieder zu seinem obersten Prinzip erklärt.
Meine Gedanken rasten, und jetzt verstand ich auch, warum Mark mich widerstandslos hatte ziehen lassen. Zwar hatte ich mit unserer Trennung nicht den Hintergedanken gehegt, Mark wachzurütteln, damit er sich wieder für mich ins Zeug legte. Dass er dem Ehe-Aus aber ohne Weiteres zugestimmt hatte, war dennoch kränkend gewesen.
»Mark ist stur und obendrein ein Verdrängungskünstler«, hatte ich mir sein Verhalten schöngeredet. Doch die Wahrheit war banaler – eine andere Frau steckte dahinter.
Womöglich hatte Mark seine Respekt- und Lieblosigkeit allein deshalb auf die Spitze getrieben, damit ich ihn verließ und er die Verantwortung für unsere Trennung nicht selbst tragen musste?
Sobald die Kinder im Bett waren, griff ich zum Telefon.
»Wie lange läuft das schon zwischen dir und dieser Frau? Wieso hast du mir immer wieder ins Gesicht gelogen? Wieso hast du mir nichts gesagt, bevor du sie den Kindern vorstellst?«, stellte ich ihn zur Rede.
Mark – ganz der routinierte Anwalt – fing meine Litanei an Vorwürfen mit professioneller Distanz ab. Auf einen argumentativen Nahkampf ließ er sich gar nicht erst ein.
»Mach doch jetzt wegen Franziska kein Fass auf«, sagte er kalt. »Du hast es doch eh schon die ganze Zeit gewusst. Im Übrigen fällt es in meinen Verantwortungsbereich, wen ich an meinen Kinderwochenenden den Kindern vorstelle. Und jetzt entschuldige mich bitte, ich habe noch zu tun.«
Es tutete aus dem Hörer, Mark hatte aufgelegt. Genervt knallte ich das Telefon auf den Tisch. War Mark denn nicht klar, dass wir zum Wohl der Kinder auch weiterhin ein Elternteam bilden und uns in wichtigen Belangen abstimmen sollten?
Durch unsere gemeinsame emotionale Verantwortung unseren Kindern gegenüber waren wir schließlich wie durch einen unbefristeten und unkündbaren Vertrag aneinander gekettet – daran konnte unsere Trennung als Paar auch nichts ändern.
Vielleicht wusste Mark auch gar nicht, was man Kindern in welchem Alter zumuten kann, überlegte ich weiter. Schließlich war ich während unserer
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