Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann
Automobilherstellers.
Sina, die Dexter während seines Studiums an einer Kunst hochschule in New York kennengelernt hatte, war neben ihrem Mutterjob auch voll berufstätig und arbeitete in einer kleinen Corporate-Identity- und Designagentur.
Da Dexter und Sina beide gut verdienten, konnten sie sich ausreichend Personal leisten, das sich um den Haushalt und die Kinder kümmerte.
Für Dexter hätte sein Leben so weitergehen können.
Sina hingegen fühlte sich in Detroit wie am Ende der Welt. Sie wollte am liebsten in der Werbewelt eine große Karriere starten, was in New York, San Francisco, L.A. oder Miami möglich gewesen wäre, nicht aber in Michigan, dem Land der Großen Seen.
Als Sina vor zwei Jahren ein attraktives Jobangebot einer renommierten Agentur in Berlin erhielt, zögerte sie nicht lange. Ihrer Ansicht nach hatte sie es Dexter zuliebe lange genug in Detroit ausgehalten. Jetzt sollte er derjenige sein, der ihrer Karriere zuliebe zurücksteckte.
Dexter fiel aus allen Wolken. Bis dahin war nie die Rede davon gewesen, dass Sina und er ihr Leben in Deutschland verbringen würden. Außerdem besaß Dexter damals keine europäische Arbeitserlaubnis und sprach nur ein paar Brocken Deutsch. Doch Sina war nicht mehr von ihrem Plan abzubringen, nach Berlin zu ziehen.
»Im Nachhinein glaube ich, dass sie sich in Konkurrenz zu mir gesehen hat«, erzählte Dexter weiter. »Sie wollte mindestens so viel Geld verdienen wie ich, weil sie glaubte, nur so eine gleichberechtigte Beziehung führen zu können. Und dieses Ziel konnte sie in Detroit nicht erreichen.«
Hinzu kam, dass Dexter und Sina in einem Areal wohnten, in dem die meisten Mütter zu Hause bei ihren Kindern blieben. Von ihrer Umgebung erntete Sina deshalb kein Verständnis für ihren karrieristischen Ehrgeiz und war als Rabenmutter ver schrien. Ihrerseits begegnete sie den Desperate-Housewives -Hockey-Mums in ihrer Nachbarschaft mit ebenso wenig Toleranz und bezichtigte sie des Neides und der Schuldkomplexe.
Dexter und sie einigten sich schließlich darauf, dass Sina erst mal allein umziehen und testen sollte, ob die neue Arbeit wirklich ihren Träumen entsprach. Denn abgesehen davon, dass Dexter sein Leben in Detroit mochte, hielt er es auch für verrückt, eine gesicherte Existenz in Detroit für eine ungewisse Zukunft in Berlin aufzugeben.
Ein Jahr lang lebten Sina und Dexter knapp siebentausend Kilometer voneinander entfernt. Ihre Kinder, die damals noch nicht zur Schule gingen, pendelten zwischen ihren Eltern hin und her und verbrachten abwechselnd drei Monate in Detroit beziehungsweise in Berlin.
In dieser Zeit fand Sina ein Maß an beruflicher Anerkennung, das noch weit über ihr anfängliches Hoffen hinausging. Eine Rückkehr nach Detroit konnte sie sich deshalb noch weniger vorstellen. Und so kündigte Dexter seiner Familie zuliebe seinen Job, vermietete ihr Haus, zog nach Berlin – und fand wenige Wochen später heraus, dass Sina ihn seit Monaten mit einem Kollegen betrog.
»She wanted to have the cake and eat it« , erklärte mir Dexter, der seiner Frau nicht verzeihen konnte, dass sie ihre Affäre auch noch fortsetzte, nachdem er seine Zelte in Amerika für sie abgebrochen und ihr hinterhergezogen war. Er trennte sich von ihr, blieb seiner Kinder wegen aber trotzdem in Berlin.
Zwei Wochen später kehrte Jesco aus den USA zurück. Kaum war er gelandet, rief er mich an und wollte mich am liebsten sofort sehen. Ich sehnte mich zwar auch nach ihm, doch passte es mir zeitlich gerade überhaupt nicht, da Lorenz wenige Stunden zuvor mit seinem Fußball das Schaufenster eines Coffee Shops zerschossen hatte. Seitdem stritt ich mich in unzähligen Telefonaten mit Mark darüber, wer für den Schaden aufkommen musste. Mark war der Auffassung, ich müsste zahlen, da ich zur Tatzeit für Lorenz verantwortlich gewesen war. Ich hingegen fand, Mark müsste zahlen, weil er mir bislang verschwiegen hatte, dass er unsere gemeinsame Fami lienhaftpflichtversicherung gemäß seinem Credo »Versicherun gen sind was für arme Leute« gekündigt hatte.
Hinzu kam, dass die Zwillinge sich in ihrer Kita Kopfläuse eingefangen hatten. Zu deren Beseitigung musste ich den Mädchen in einer langwierigen Prozedur die Haare erst mit einem Anti-Parasiten-Shampoo behandeln, um anschließend die Läuse und Nissen mit einem Lauskamm entfernen zu können. Außerdem musste ich ihre Mützen, Cappies, Schals, Kapuzenpullis, Bettwäsche und Handtücher drei Tage lang in
Weitere Kostenlose Bücher