Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann
erwischte. Zum Glück hatte ich Jescos und meine Liebesbeziehung wenigstens vor den Kindern geheim gehalten und musste sie jetzt nicht schon wieder mit einer Trennungssituation konfrontieren.
Ich sah auf die Uhr. Da es mir unmöglich schien, die Kinder abzuholen und so zu tun, als wäre nichts geschehen, rief ich Natalia an. Die konnte zum Glück spontan einspringen und versprach mir, die Kinder aus dem Hort und der Kita mitzunehmen und sie bis in den Abend hinein zu betreuen.
Anschließend rief ich Cosima an. Dringend wie lange nicht mehr sehnte ich mich nach einer Freundin, die unterstützend für mich da sein und mich wieder aufbauen würde. Cosimas Mailbox sprang an, und ich bat sie um Rückruf, möglichst bald.
Ich versuchte Anouk zu erreichen, doch auch sie ging nicht ans Telefon. Typisch, dachte ich, in solchen Momenten ist nie jemand da.
Ich machte kehrt und ging zu Anouks Laden, wo ich zu meinem Erstaunen eine Aushilfe antraf.
»Anouk arbeitet im Moment nicht, ihre Schwangerschaft macht Probleme«, erklärte sie mir. Weitere Auskünfte konnte sie mir aber nicht geben.
Beunruhigt rief ich Anouk nochmals an. Dieses Mal ging sie dran.
»Phyllis?«, sagte sie leise.
Im Hintergrund hörte ich pochende kardiotokographische Geräusche. Anouk bestätigte mir, dass sie an ein CTG-Gerät angeschlossen war, das ihre Wehentätigkeit und die Herzschlagfrequenz des Babys maß.
»Ich bin im Virchow-Krankenhaus und darf eigentlich nicht telefonieren. Ist was passiert? Zwei Anrufe von dir in zehn Minuten klingen dringend.«
»Nicht so wichtig. Ist mit dem Baby alles okay?«
Anouk erzählte, sie hätte in der vergangenen Nacht Wehen gehabt und müsste im Krankenhaus bleiben, um möglichst viel zu liegen. Da der Geburtstermin schon in sechs Wochen war, konnte aber nicht mehr viel passieren.
»Mist, das tut mir leid. Kann ich was für dich tun?«
»Danke, aber Tim hat alles gut organisiert. Und jetzt schieß los, du klingst nicht gut.«
»Doch, alles bestens«, log ich, um Anouk in ihrer Situation nicht auch noch mit meinem Liebeskummer zu belasten. »Ich hab mir nur Sorgen gemacht, weil du nicht im Laden warst.«
Ich versprach Anouk, sie bald im Krankenhaus zu besuchen, und beendete das Gespräch.
Auf dem Nachhauseweg überlegte ich, welcher Freundin ich mich sonst anvertrauen könnte. Claire mit ihrer impulsiven Art schied aus. Es hätte mir zwar gutgetan, wenn sie sich stellvertretend für mich über Jesco aufgeregt und sein Verhalten bestimmt noch drastischer verurteilt hätte als ich selbst. Doch traute ich ihr glatt zu, dass sie ihn aus Frauensolidarität hinter meinem Rücken anrufen und beschimpfen und damit über das Ziel hinausschießen würde.
Das Risiko, mich einer weniger vertrauten Freundin zu öffnen, deren Reaktion ich nicht einschätzen konnte, wollte ich nicht eingehen. Vielleicht tat ich einigen von ihnen Unrecht, und sie hätten mich mit aufrichtiger Anteilnahme überrascht. Doch erinnerte ich mich noch gut an frühere Liebeskummerzeiten, in denen ich mich nach Gesprächen mit Frauen, die ich bis dahin für Freundinnen gehalten hatte, noch schlechter gefühlt hatte als davor. Es gab:
• die Männerhasserin , die sich mit der Kampfansage »Alle Männer sind Schweine« brüstet und auf den Song der Ärzte verweist: Männer sind Ratten – linke Schweine, fiese Schweine. Begegne ihnen nur mit List – eklige Schweine, fiese Schweine. Sie wollen alles begatten – stinkende Schweine, linke Schweine … Klagt man der Männerhasserin sein Liebesleid, antwortet sie: »Der hat dich nicht verdient« oder: »Sei doch froh, dass du das Arschloch endlich los bist«. Wobei sie manchmal kurzfristig ihre Meinung ändert und selbst was mit dem Typen anfängt;
• die Männersolidarin , die einem ein schlechtes Gewissen macht, indem sie die eigenen Fehltritte vor Augen hält. Die Männersolidarin neigt zu Sprüchen wie: »Kein Wunder, dass der Typ weg ist, so schlecht, wie du ihn behandelt hast« oder: »Es wird höchste Zeit, dass du aus deinen Fehlern lernst«;
• die Schadenfreudige , die insgeheim schon immer neidisch auf einen war und die Gunst der Stunde für sich gekommen sieht. Mit kaum verhohlener sadistischer Genugtuung haut sie direkt in die Kerbe und sagt: »Der Rückschlag tut dir mal ganz gut« oder: »Warum suchst du dir auch immer wieder den Falschen aus?« beziehungsweise: »Ich sag’s ja immer: Augen auf bei der Partnerwahl«;
• die Pseudopragmatische , die das Lied von Siw
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