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Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann

Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann

Titel: Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Thoma
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nachgedacht«, begann er ohne Umschweife, und seine Stimme klang distanziert und ton los, »und ich denke, es ist besser, wenn wir uns trennen.«
    »Was?«
    Schockiert sah ich Jesco an: Machte er vielleicht einen schlechten Witz? Doch er wirkte ernst und entschlossen.
    »Es liegt nicht an deinen Kindern, falls du das jetzt glaubst, wirklich nicht, du hast tolle Kinder, und eigentlich liegt es auch nicht an dir.«
    Ich konnte es kaum glauben. Vor wenigen Tagen hatten wir gemeinsame Ferien geplant und eine leidenschaftliche Nacht miteinander erlebt, und jetzt fuhr er die Beziehung von hundert auf null runter?
    »Woran liegt’s denn dann?«
    Ich wollte energisch klingen, doch die Worte kamen nur zittrig über meine Lippen.
    »Letztendlich hat deine Weihnachtsdekoration mir die Augen geöffnet.«
    »Meine Weihnachtsdekoration?«
    Ich glaubte, mich verhört zu haben. Männer hatten mir in meinem Leben schon vieles vorgeworfen, und einiges sicher zu Recht: Als zu eifersüchtig und besitzergreifend hatten mich einige empfunden, andere nannten mich eigensinnig, fühlten sich von mir provoziert oder unterstellten mir Gier nach stetiger Bewunderung.
    Auch hatte ich über Freundinnen von vielen Gründen gehört, aus denen Männer Beziehungen beendeten: Die einen monierten zu wenig Sex, die nächsten verliebten sich neu oder waren von der Dauernörgelei ihrer Freundinnen frustriert; wieder andere empfanden das Maß an Geben und Nehmen als unausgeglichen.
    Noch nie aber war mir zu Ohren gekommen, dass eine Weihnachtsdekoration zum Aus einer Beziehung geführt hatte. Ich besann mich auf eine Erklärung, die näher lag, und fragte Jesco, ob er noch sauer war wegen meiner Überreaktion auf Marks vermeintlichen Unfall. Jesco verneinte das ebenso wie meine nächste Frage, ob er eine andere Frau kennengelernt hatte.
    Meine Weihnachtsdekoration, erklärte er stattdessen, hätte ihm plakativ vor Augen geführt, wie verschieden unsere Lebenskonzepte waren. Dass unsere Beziehung in zwei Alltagsbereichen ankommen konnte, in denen es eine Schnittmenge gab, bezweifelte er. Theoretisch, fuhr er fort, hätte er kein Prob lem damit gehabt, mit einer Frau mit Kindern zusammen zu sein. Doch das war vor dem Praxistest gewesen.
    »Und klar«, beendete er seine Erklärung, »könnten wir weiter versuchen, passend zu machen, was nicht zusammenpasst. Das wäre aber Energie und Zeitverschwendung. Früher oder später würden wir uns gegenseitig unglücklich machen, weil die Leben, die wir führen, zu verschieden sind.«
    Mir schwirrte der Kopf, und ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Mein ganzer Körper begann zu zittern, und am liebsten hätte ich laut geschrien oder mich übergeben. Mit aller Kraft zwang ich mich, mir die grüne Wiese im Sonnenschein meiner autogenen Entspannungs-CD vorzustellen, und hoffte, dieses innere Bild würde mir helfen, wenigstens nicht loszuheulen. Gleichzeitig wurde ich auch wütend.
    »Ich habe viel zu viel in dich hineinprojiziert«, warf ich Jesco an den Kopf, »außerdem bildest du dir nur ein, inten siver zu leben als andere. In Wahrheit bist du hedonistisch und feige und haust ab, sobald es kompliziert wird! Es ist genau wie mit deinen Rahmen: Du bist das Drumherum von dem, was andere Leute schaffen.«
    Ich stand auf und rannte raus auf die Straße, ohne mich nochmals umzudrehen. Zwei Häuserblocks weiter blieb ich atemlos stehen und konnte mein Losheulen nicht länger verhindern. Die letzten zehn Minuten, länger hatte das Treffen mit Jesco nicht gedauert, kamen mir vor wie ein Albtraum, aus dem ich jeden Moment erwachen musste.
    Plötzlich summte mein Handy.
    Jesco!, dachte ich sofort und kramte hektisch in meinem Handtaschenchaos nach dem Telefon. Vielleicht bereut er schon, was er getan hat, klammerte ich mich an den letzten Funken Hoffnung, oder er wollte nur testen, wie ich reagiere.
    Die SMS kam aber nicht von Jesco, sondern von Mark.
    »Geht klar« , stand darin, »ich übernehme die kinder an weihnachten.«
    Meine Gedanken und Gefühle wirbelten hysterisch durch einander, als ich nach Hause ging. Mir war schwindelig, und es kam mir vor, als würde ich in ein tiefes, schwarzes Loch fallen oder wahnsinnig werden.
    Als ich mich von Mark trennte, konnte ich mich vorab mit dem Ende der Beziehung auseinandersetzen, sodass sich das endgültige Aus anfühlte, als wäre ein schwer kranker Mensch gestorben, der einem nahe stand. Die Trennung von Jesco war dagegen wie ein Unfalltod, der mich kalt von hinten

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