Wer hat Tims Mutter entführt?
und
umarmte Tim. Sie hatte Tränenin
den Augen.
„Tim! Ich fasse es nicht. Warum
ausgerechnet Susanne?“
Er wartete, bis sie ihn
losließ.
Anna war 36 Jahre alt,
Aerobic-gestählt und mit hohen Absätzen über 180 cm groß. Eine
Kurzhaar-Blondine mit breitem Mund und kräftigen Zähnen.
„Tag, Anna!“ Tim schüttelte
ihre Hand. „Ja, eine gute Frage. Hat Marion dir gesagt, was ich vermute? Gut.
Ich vermute das immer noch, obwohl mir Adolf Mortius erklärt hat, daß es
bestimmt nur ums Lösegeld geht. Damit ich das auch glaube, ist er bereit, mir
die 500 000 Mark zu geben. Zu schenken! Im Ernst. Ich kriege die Kohle, damit
ich die Kidnapper bezahlen kann. Wahnsinn! Aber Mortius hat’s unter Zeugen
versprochen. Mir ist er vorgekommen wie das soziale Gewissen persönlich. Er
meint, daß die Kidnapper mit ihm als Geldgeber rechnen würden — weil aller Welt
bekannt sei, daß er keinen seiner Mitarbeiter in der Sch... in der Not stecken
läßt.“
„Wie bitte?“ rief Marion.
Anna blinzelte. „Mortius — und
großzügig? Der will dir das Geld..? Tim, erzähl mal genau.“
Als er fertig war, sagte
Marion: „Mortius ist als Geizhals bekannt. Er spendet nicht. Er zahlt niedrige
Löhne. Angemessene Gehälter nur dann, wenn er auf bestimmte Mitarbeiter nicht
verzichten kann. Wie auf Susanne. Wenn der wirklich das Geld hergibt, bin ich
platt wie eine Flunder. Natürlich freut es mich irrsinnig. Für Susanne ist es
ein Glück.“
Durch die Zähne sagte Tim:
„Falls die Kidnapper nur Geld wollen. Wenn etwas anderes dahintersteckt, nehmen
sie das Geld und behalten Susanne trotzdem.“
„Darauf komme ich gleich zu
sprechen“, sagte Anna. „Übrigens soll ich dich von meinem Mann grüßen. Vorhin
habe ich mit ihm telefoniert. Manfred ist in Tokio und kommt erst Mittwoch
zurück. Daß Susanne vermißt wird — mehr wußte ich vorher noch nicht — , hat ihn
sehr beunruhigt. Ich soll ihn auf dem laufenden halten.“
Tim legte den rechten Fuß aufs
linke Knie und betrachtete seine Turnschuhe. Natürlich nicht wirklich. Seine
Gedanken hingen an einem Knäuel widersprüchlicher Tatsachen.
„Mortius sitzt auf seinem Geld.
Aber uns schenkt er eine halbe Million. Als ich ihm meine Überlegung vortrug,
daß Susanne vielleicht etwas Verhängnisvolles weiß, wurde er fast böse. Eine
faule Kiste, würde ich sagen. Ob dieser Bananenrepublik-Diktator damit was zu
tun hat?“
„Wer?“ fragte Marion.
„General Fuentedos, die
stählerne Eidechse. Das habe ich noch nicht erzählt.“
Er holte es nach.
Anna und Marion waren
verblüfft.
„Bist du sicher, daß du ihn
wirklich erkannt hast?“ fragte Anna.
„Absolut. Es sei denn, er hat
einen Zwillingsbruder — und den hergeschickt.“
„Das ist ein Hammer.“ Marion
hatte zum zweiten Mal Tee aufgebrüht und füllte allen die Tassen.
„Als Susanne damals bei der
Neuzeit-Chemie anfing“, sagte Tim, „habe ich mich natürlich für den Laden
interessiert. Was der herstellt. Worum es geht. Danach haben wir dann kaum noch
darüber gesprochen. Wenn ich mich richtig erinnere, ist die Neuzeit-Chemie
weltweit führend auf dem Gebiet der Schädlingsbekämpfung. Wobei sich Mortius
ein dickes Lob aller Umweltschützer erworben hat. Denn seine Mittel sind
ungiftig. Richtig? Angeblich schaden sie weder Mensch noch Tier, noch Boden
oder Luft und schon gar nicht dem Reis, den Bananen, der Ananas, den Feigen,
der Baumwolle — sondern nur den Blattläusen, Heuschrecken und sonstigen
Viechern.“
„Stimmt!“ nickte Marion. „Obwohl
ich mir nicht vorstellen kann, daß die Mittel wirklich ganz ungiftig sind.“
„Ich habe darüber gelesen“,
sagte Anna. „Das Zeug wird auf die Anbauflächen gesprüht und schaltet dort nur
eine bestimmte Funktion aus, die die Schädlinge zum Leben brauchen. Vereinfacht
gesagt: Den Blattläusen verklebt es die Zähne, daß sie nicht mehr fressen
können, also verhungern müssen. Den Heuschrecken fallen die Flügel ab — aber
nur denen. Na ja, Papier ist geduldig. Jedenfalls ist Mortius ein industrieller
Gigant. Verschiedene Chemie-Firmen im Ausland gehören ihm.“
„Alles Rätseln“, sagte Tim,
„bringt uns nicht weiter. Ich muß die Kidnapper finden. Verdammt, es täte gut,
wenn ich meine Freunde zur Seite hätte. Wir sind ein trainiertes Team.“ Fragend
sah er Marion an.
Sie verstand den Blick und hob
bedauernd die Achseln.
„Bis jetzt hat niemand
angerufen.“
Nur mühsam konnte Tim seine
Enttäuschung verbergen. Daß sie
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