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Wer hat Tims Mutter entführt?

Wer hat Tims Mutter entführt?

Titel: Wer hat Tims Mutter entführt? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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reingehauen, sondern
weil er meine Mutter beleidigt hat.“
    Im Gesicht des Industriellen
rührte sich nichts.
    Na also! dachte Tim. Habe ich
ihm doch endlich einen Grund geliefert, sein großherziges Geschenk
zurückzunehmen. Hätte er’s ernst gemeint, würde er auch jetzt noch dazu stehen.
Aber das war sowieso nur Theater. Irgendwie hätte er’s gedreht, daß aus der
halben Million nichts wird.
    „Du bist erstaunlich mutig“,
sagte Mortius. „Mein Adolf benimmt sich bisweilen zu derb. Ein Dämpfer schadet
ihm nicht. Bestimmt vertragt ihr euch wieder. Also, Tim, ich höre von dir.
Sobald sich der Kidnapper meldet, kriegst du die 500 000.“
    Er stand auf. Sofort war auch
der Rotweiße auf den Füßen. „Martin bringt dich hinaus“, sagte Mortius und
nickte Tim zu.
    „Herzlichen Dank und einen
schönen Abend noch“, sagte der TKKG-Häuptling.
    Dann war er entlassen.

9. Fuentedos, die stählerne Eidechse
     
    Der Rotweiße stand schon am
Eingang, wo — links neben dem Portal — der Hörer für die Gegensprechanlage fast
verborgen an der Wand hing.
    Ohrenfreundlich hatte das Gerät
soeben ding-dong gemacht, und Martin, der Rotweiße, sprach ausländische Worte
in den Hörer.
    Tim spitzte die Ohren, während
er sich die Portaltür selbst öffnete.
    „Buenas noches (Guten Abend) !“
hatte Martin gesagt, drückte jetzt auf den Toröffner und fügte hinzu: „Vada
sempre diritto (Fahren Sie einfach geradeaus )!“
    „Dann walzt der Señor (Herr) aber die Ziersträucher platt“, sagte Tim über die linke Schulter und trat
hinaus in den Abend.
    Es dunkelte noch immer, doch
die Nacht ließ auf sich warten. Daß der Tag sich verabschiedet hatte, lag
ohnehin nur an den fettigen, schwarzen Wolken. Bedrohlich legten sie sich auf
die Stadt. Die Luft war klebrig und schwül.
    Tim stieg auf sein Tourenrad.
    Als er zurücksah, staunteer.
    Alle drei standen jetzt auf der
obersten Stufe — Mortius hatte sich in der Mitte aufgebaut, ohne Zigarre.
    Die kriegen spanischen Besuch,
dachte Tim, und meine Mutter ist irgendwo eingekerkert. Verdammt! Aber
Mitgefühl kann ich hier nicht erwarten. 500 000 Mark — ja. Aber keine
menschliche Regung.
    Er fuhr in Richtung Tor.
    Eine dunkle Limousine —
irgendwas Amerikanisches — kam ihm entgegen. Im Schrittempo.
    Tim passierte den Wagen so
dicht, daß er ins geöffnete Fahrerfenster hätte hineinfassen können.
    Vier Männer saßen drin, zwei
vorn. Den Chauffeur hielt Tim für einen südamerikanischen Indio: ein narbiges
Gesicht mit schwarzem Schnurrbart. Die beiden drüben beachtete der
TKKG-Häuptling nicht. Aber der vierte, der hinten links saß, wandte ihm das
Gesicht zu.
    Ich fall’ aus der Hose! dachte
Tim — und erwiderte den schwarzen, stechenden Blick.
    Wahrhaftig! Das lederbraune
Gesicht erinnerte an eine Eidechse — körnige Haut, kalte Augen, der
vorgeschobene Mittelteil des Gesichts, lippenloser Mund.
    General Fuentedos, die
stählerne Eidechse.
    Heute morgen hatte Tim sein
Bild in der Zeitung gesehen.
    Fuentedos, der Machthaber in
der lateinamerikanischen Bananenrepublik K., wo — wie die
Zeitungs-Korrespondenten befürchteten — ein Massaker (großes Blutvergießen) bevorstand. Weil die Menschen in K. sich auflehnten gegen das brutale Regime.
    Sieh einer an!
    Tim radelte weiter, bis
Sträucher ihn den Blicken entzogen. Er stieg ab und spähte durch die Zweige.
    Der Wagen hielt vor dem Portal.
    Erst stiegen zwei Kerle in
dunklen Anzügen aus, schoben die Hand unter der Jacke zur linken Achselhöhle
und spähten umher. Ihre Pistolen zogen die Leibwächter nicht hervor. Offenbar
konnten sie keinen Attentäter, keinen Heckenschützen entdecken.
    Fuentedos stieg aus.
    Er trug nicht seine
cremefarbene Generalsuniform mit den 22 selbstverliehenen Orden, sondern einen
dunklen Anzug mit weißem Hemd und goldfarbener Krawatte.
    Alfred Mortius eilte mit
ausgestreckter Hand die Stufen herab.
    Tim zielte mit ausgestrecktem
Finger auf Fuentedos, und sagte zu sich selbst: „Peng, Peng! Von Kugeln
durchsiebt, verendet die stählerne Eidechse auf den Portalstufen des
Chemie-Industriellen Adolf Mortius. Und drei Millionen ausgebeuteter,
entrechteter Menschen in K. atmen auf. Himmel, sind das miese Leibwächter. Die
hätten mich nie entdeckt.“
    Tim sah sich die große
Begrüßung an.
    Mortius versuchte, Herzlichkeit
zu verströmen, konnte aber kein Spanisch und war auf Martin als Dolmetscher
angewiesen. Der deutete eine Verbeugung an bei jedem zweiten Wort, weshalb

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