Wer heimlich küsst, dem glaubt man nicht (German Edition)
der Punkt ist«, sagte Tommy und drehte gedankenverloren eine meiner Haarsträhnen um den Zeigefinger. »Ich glaube, es hat etwas damit zu tun, dass du so lange in ihn verknallt gewesen bist. Und als du ihn dann wirklich bekommen und erkannt hast, dass er gar nicht so toll ist, wie du immer geglaubt hast, da konntest du nicht mit ihm Schluss machen, weil du ja Katie Ellison bist – das intelligenteste Mädchen des ganzen Jahrgangs. Um mit Seth Schluss zu machen, hättest du zugeben müssen, dass du dich geirrt hast, und das hast du nicht über dich gebracht, weil eine Katie Ellison sich niemals irrt.«
»Das … das ist lächerlich!«, stieß ich hervor.
»Meinst du, ja? Kann sein. Vielleicht liegt es ja auch daran, dass du es einfach nicht über dich bringst, andere Menschen zu enttäuschen. Und wenn du mit Seth Schluss gemacht hättest, hättest du eine Menge Leute enttäuscht … besonders Seth. Also veranstaltest du alles Mögliche, damit er mit dir Schluss macht. Aber es klappt nicht.«
»Haha!«, rief ich. »Sehr lustig! Nein, aber im Ernst, das ist ja wohl komplett bescheuert. Glaubst du wirklich, ich will, dass Seth das mit Eric und mir herausfindet?«
»Genau das glaube ich«, sagte Tommy. »Nur dass Seth nicht schlau genug ist, um überhaupt irgendetwas mitzubekommen. Soll ich dir mal was sagen, Katie? Das alles beweist vor allem, dass du dich selbst nicht genug liebst.«
Ich setzte mich mit einem Ruck so kerzengerade hin, dass ihm die Haarsträhne aus den Fingern rutschte.
»Hallo? Natürlich liebe ich mich. Ich liebe mich sogar sehr. Vielleicht sogar zu sehr «, sagte ich, weil ich an die Wahl zur Quahog-Prinzessin dachte und daran, wie sicher Sidney und ich uns waren, dass wir Erste beziehungsweise Zweite werden würden. Wer so eingebildet ist, muss sich lieben.
»Siehst du, genau das glaube ich eben nicht.« Tommy schüttelte fast traurig den Kopf. »Oh Mann, Katie. Du könntest so viel aus dir machen, wenn du mehr zu dir stehen würdest. Vergiss nicht, dass ich deine Fotos gesehen habe.«
»Meine Fotos?« Ich starrte zu ihm auf und musste wegen des Lichts der Straßenlaterne über ihm blinzeln. »Und was ist damit?«
»Du bist eine großartige Fotografin«, sagte Tommy. »Aber Mr Bird hat vollkommen recht. Du bist am allerbesten, wenn du andere Menschen fotografierst. Ich glaube, das liegt daran, dass du Menschen verstehst … und nicht über sie urteilst. Leider habe ich das Gefühl, dass du dich selbst nicht verstehst und dir selbst gegenüber nicht ehrlich bist.«
»Wovon redest du?«, fragte ich verwirrt.
»Na ja.« Tommy lachte leise. »Ich sage nur ein Wort: Pelikane.«
»Ja, und?« Ich zuckte mit den Schultern. »Was ist denn so schlimm daran, dass ich gern Pelikane fotografiere? Was beweist das?«
»Dass du immer versuchst, den Leuten das zu geben, von dem du glaubst, dass sie es wollen. Du fragst dich keinen Moment, ob es auch das ist, was du selbst willst.«
Warum wurde ich das ungute Gefühl nicht los, dass Tommy in Wirklichkeit gar nicht über Pelikane redete? Dummerweise hatte ich keine Ahnung, worauf er hinauswollte. Schlimmer noch: Ich wollte es gar nicht wissen. Alles was ich wollte, war, ihn noch einmal zu küssen.
»Die meisten Leute mögen Pelikane«, entgegnete ich, weil es das Einzige war, was mir einfiel.
»Ja«, sagte Tommy. »Das stimmt. So wie die meisten Leute Quahogs mögen. Aber du magst sie nicht. Genauso gibt es sicher viele Mädchen, die Seth Turner lieben, aber du tust es nicht. Ich glaube, dein Problem ist, dass du in den letzten Jahren so verkrampft versucht hast, den Leuten das zu geben, was sie wollen, dass du aufgehört hast, zu spüren, was du willst.«
Ich sah auf seine Lippen und hatte keinen blassen Schimmer, wovon er redete. Denn ich wusste absolut, was ich wollte. Jedenfalls in diesem Moment.
»Okay, vielleicht spürst du es ja doch«, sagte Tommy, der anscheinend gesehen hatte, in welche Richtung mein Blick gewandert war. Er lächelte. »Und hast nur Angst davor.«
»Ich habe keine Angst«, versicherte ich ihm. Und das war ausnahmsweise mal nicht gelogen.
Und dann küsste er mich endlich wieder. Ich weiß nicht, wie lange wir noch so auf dem Parkplatz gesessen (beziehungsweise in seinem Fall gestanden ) und uns geküsst hätten – oder vielleicht sogar mehr als das (angesichts des rasanten Tempos, in dem sich die Dinge zwischen uns entwickelten, war nichts auszuschließen). Doch da bemerkte ich durch meine geschlossenen Augenlider ein
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