Wer heimlich küsst, dem glaubt man nicht (German Edition)
Licht, das viel heller war als das der Straßenlaterne, unter der wir uns befanden, und öffnete die Augen.
Ein Auto bog gerade auf den Parkplatz des Gull’n’Gulp. Und hinter dem Steuer saß eine sehr überrascht blickende Sidney van der Hoff.
VIERZEHNTES KAPITEL
Als ich nach Hause kam, brannte im Schlafzimmer meiner Eltern noch Licht. Weil ich den Eindruck hatte, dass sie extra meinetwegen wach geblieben waren und gewartet hatten, schaute ich noch schnell bei ihnen herein.
»Hallo, Schatz.« Mom ließ das Makler-Magazin sinken, das sie im Bett gelesen hatte. Mein Vater sah sich im Fernsehen die Zusammenfassung eines Golfturniers an. »Wie war dein Tag?«
»Mein Tag …?« Ich befand mich wegen Tommy Sullivans Küssen immer noch in einer Art Trance. Dazu stand ich unter Schock wegen dem, was danach passiert war. Deshalb wusste ich nicht so genau, wie ich ihre Frage beantworten sollte. »Ganz okay.«
Na ja, was hätte ich sonst sagen sollen? Nicht so gut, Mom. Ich habe mit einem Typen Schluss gemacht, mit dem ich mich seit einiger Zeit heimlich hinter dem Rücken meines Freundes treffe und rumknutsche, und dafür spontan mit einem anderen Typen herumgeknutscht, der zufälligerweise von der ganzen Stadt gehasst wird und von dem ich mir ziemlich sicher bin, dass er mein Leben zerstören will, nur dass uns meine beste Freundin gerade beim Knutschen erwischt hat, weshalb mein Leben jetzt ohnehin ruiniert ist und er sich nicht mehr die Hände schmutzig machen muss?
»Sidney hat gerade angerufen«, informierte mich mein Vater, ohne den Blick vom Bildschirm zu lösen. »Zweimal.«
»Oh«, sagte ich. »Danke.«
»Warum ruft sie so spät nachts auf dem Festnetz an?«, fragte Dad. »Hast du mal wieder vergessen, dein Handy aufzuladen?«
»Äh.« Ich zögerte. »Ja.« Ich konnte ihm nicht die Wahrheit sagen, nämlich dass ich mein Handy in dem Moment ausgeschaltet hatte, in dem Sidney zum ersten Mal versuchte, mich anzurufen. Also ungefähr drei Sekunden, nachdem sie mich und Tommy Sullivan knutschenderweise auf dem Parkplatz entdeckt hatte, worauf sie fluchtartig davongerast war. Sie hatte nichts gesagt, sondern einfach nur den Rückwärtsgang eingelegt und war mit Höchstgeschwindigkeit vom Parkplatz gefahren.
Gleich danach hatte sie mich angerufen.
Aber wenn Sidney allen Ernstes geglaubt hatte, dass ich ans Handy gehen würde, hatte sie sich geirrt. Nicht etwa, weil ich weiter ungestört mit Tommy rumknutschen wollte, sondern weil mir in diesem Augenblick klar wurde, was für eine Wahnsinnsdummheit ich begangen hatte. Also stieß ich Tommy von mir, sprang von der Motorhaube und rannte zu meinem Rad.
»Katie«, rief Tommy und rannte hinter mir her.
»Geh weg!«, schrie ich, während ich verzweifelt an meinem Schloss herumfummelte. Es ist nämlich keine Kleinigkeit, die richtige Zahlenkombination einzustellen, wenn die Hände wie verrückt zittern.
»Katie«, bat Tommy. »Bitte bleib. Wir müssen reden.«
»Auf gar keinen Fall!«, sagte ich und stellte fest, dass nicht nur meine Hände, sondern auch meine Stimme zitterte. Das machte mich wütend. Was war bloß los mit mir? Okay, dass ich anscheinend nymphomanische Tendenzen habe und mich sehr leicht verführen lasse, war ja nichts Neues, aber … ausgerechnet von Tommy Sullivan ? »Hast du eine Ahnung, wer das gerade eben war?«
»Das war Sidney van der Hoff«, antwortete Tommy. »Ich weiß. Ich habe sie gestern am Strand gesehen, da lag sie neben dir.«
»Ganz genau.« Ich atmete auf, weil ich es endlich geschafft hatte, das Schloss aufzubekommen. »Und das bedeutet, dass in fünf Sekunden die halbe Stadt weiß, dass ich hinter dem Gull’n’Gulp mit dir rumgeknutscht habe.«
Ich dachte, ich traue meinen Ohren nicht, als Tommy darauf sagte: »Na ja, vielleicht hat das auch etwas Gutes. Es ist ja nicht so, als wären Seth und du das glücklichste Paar der Welt gewesen.«
»Aber ich wollte nicht, dass er es auf diese Art herausfindet!«, brüllte ich.
»Vielleicht erzählt Sidney es ja gar nicht weiter«, entgegnete Tommy.
»Ja, klar! Träum schön weiter. Hallo? Wir reden hier von Sidney van der Hoff !«
»Aber ist sie nicht auch deine beste Freundin?« Im Gegensatz zu mir schien sich Tommy kein bisschen aufzuregen. »Ich dachte, beste Freundinnen decken sich gegenseitig.«
»Sie ist Sidney – van – der – Hoff!«, kreischte ich wieder. Verstand er denn nicht? Wir waren quasi tot.
Korrektur: Ich war tot. Niemand würde sich etwas dabei denken,
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