Wer heimlich küsst, dem glaubt man nicht (German Edition)
herumsprach, dass die einzige Tochter der Besitzer von Ellison Properties küssenderweise mit Tommy Sullivan gesehen worden war, konnte es gut sein, dass sie alle Kunden verloren.
Natürlich machte ich in dieser Nacht kein Auge zu. Dabei hatte ich den Schlaf wirklich nötig, wenn ich nicht mit dunklen Augenringen zur Wahl antreten wollte. Aber ich fand keine Ruhe. Ich lag stundenlang wach und konnte einfach nicht aufhören, über das nachzugrübeln, was passiert war. Mich beschäftigte gar nicht mal so sehr, dass Sidney mich gesehen hatte (obwohl ich ihr völlig geschocktes Gesicht hinter dem Lenkrad immer noch vor mir sah), sondern vor allem, dass ich Tommy Sullivan geküsst hatte.
Und es genossen hatte.
Sogar sehr.
Wie hatte das passieren können? Tommy war für mich immer nur ein Junge gewesen, mit dem ich um den ersten Platz unter den Jahrgangsbesten konkurriert hatte … und der (vielleicht sogar deswegen) irgendwann eine Art Freund wurde. Keiner, von dem ich meinen richtigen Freunden wie Sidney je erzählt hätte, aber nichtsdestotrotz ein Freund.
Ein Freund, den ich damals auf schrecklichste, schändlichste Weise hintergangen und der sich nun – zugegebenermaßen – in einen jungen Gott verwandelt hatte.
Aber das war keine Entschuldigung dafür, dass ich mich ihm praktisch an den Hals geworfen hatte.
Natürlich waren wir zu zweit auf diesem Parkplatz gewesen, und es braucht bei so etwas auch immer einen, der mitmacht. Aber objektiv betrachtet, musste ich zugeben, dass ich diejenige gewesen war, die schamlos mit ihm geflirtet hatte. Bitte, Tommy, du musst auf dich aufpassen … Ich will nicht, dass sie dir etwas antun, Tommy! Ich hatte sogar die Härchen auf seinen Armen gestreichelt. Oh mein Gott. Mir wurde ganz schlecht, als ich mich daran zurückerinnerte.
Wobei es auch ungerecht wäre, mir ganz allein die Schuld zu geben. Okay, ich hatte mit ihm geflirtet und war wahrscheinlich dafür verantwortlich, dass wir mit dem Küssen angefangen hatten. Aber er war schuld daran, dass ich nicht damit aufhören konnte. Dadurch, dass er mich so … so unglaublich gekonnt geküsst hatte, erreichte ich einen Punkt, an dem es kein Aufhören mehr geben konnte, selbst wenn ich es gewollt hätte. Dafür trug also ganz allein er die Verantwortung. Kein Junge sollte ein Mädchen jemals auf diese Weise küssen. Das war geradezu rücksichtlos von ihm gewesen. Er hätte wissen müssen, in welche Lage er mich dadurch brachte.
Allerdings war ich bereit, die gesamte Summe, die ich auf meine Leica bereits angezahlt hatte, darauf zu verwetten, dass Tommy das nicht gewusst hatte.
Oder doch? War das womöglich der Grund, warum es mir so vorgekommen war, als hätte er diesen Kuss geübt? Weil er ihn tatsächlich geübt hatte? Nicht mit einem anderen Mädchen oder mit seinem Unterarm oder was es sonst noch für Methoden gibt, sondern im Geist? Denn genauso war es mir vorgekommen: Tommy Sullivan hatte mich geküsst, als hätte er es schon Tausende von Malen getan – in seiner Fantasie.
Aber nein, das war völlig verrückt. Tommy Sullivan hatte bestimmt nicht die letzten vier Jahre seit unserer letzten Begegnung damit verbracht, an mich zu denken und mich in Gedanken zu küssen. Ich gebe zu, dass ich mich ganz gut finde, aber so eingebildet bin ich dann auch wieder nicht.
Nein, Tommy Sullivan ist einfach von Natur aus ein begnadeter Küsser.
Wie gut, dass er sich nur aus dem Grund für mich interessiert, um sich für das zu rächen, was ich ihm in der achten Klasse angetan habe. Denn wenn er wirklich in mich verliebt wäre, hieße das, dass ich in größten Schwierigkeiten stecke: Er ist intelligent, er sieht unglaublich gut aus, er weiß, dass ich Quahogs widerlich finde, und hat damit kein Problem, und er fährt mir hinterher, wenn ich mit dem Fahrrad unterwegs bin, um sicherzugehen, dass ich heil nach Hause komme. Kann es einen perfekteren Freund geben?
Oh mein Gott. Habe ich das gerade echt gedacht? Ausgerechnet über Tommy Sullivan ?
Der gar nicht so intelligent sein kann, wie er immer tut, wenn man bedenkt, was für einen Unsinn er manchmal redet. Zum Beispiel, als er gesagt hatte, ich hätte Angst, mit Seth Schluss zu machen, weil ich nicht bereit sei, vor mir selbst zuzugeben, dass ich einen Fehler gemacht habe. Eine absurdere Theorie habe ich selten gehört!
Oder dass ich mich selbst nicht liebte. Wie kommt er denn bitte darauf? Und wie ich mich selbst liebe! Schließlich bewerbe ich mich um die Krone der
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