Wer hustet da im Weihnachtsbaum? (German Edition)
aber ich wäre nie darauf gekommen, dass dir so was Altmodisches gefällt.»
«Und wie!», sagte Mama und strahlte. «Je altmodischer, desto besser.» Sie seufzte zufrieden. «Komisch, ich fühle mich heute viel weihnachtlicher als am Heiligabend. Woran das wohl liegt?»
Ich fühlte mich auch ganz weihnachtlich. Dass ich Bübchen behalten durfte, war schöner als alle Weihnachtsgeschenke zusammen. Mama war auch nicht sauer, als Bübchen ein kleines Häufchen auf den Teppich fallen ließ.
«Ach, die paar Krümel, das macht fast gar nichts», sagte sie und fegte es weg.
«Wenn ich auf den Teppich machen würde, würdest du das nicht sagen», meinte Luzie.
Es muss eine Menge Schnaps in der Mousse au Chocolat gewesen sein, denn Herr Dobelmann wurde immer vergnügter.
«Ein Häufchen in Ehren kann niemand verwehren. Und außerdem: Dreck macht lustig – oder so ähnlich …»
Ich würde ihn daran erinnern, wenn er beim nächsten Mal wegen unserer dreckigen Schuhe mit uns meckerte. Aber egal ob mit Dreck oder ohne, es wurde noch ein richtig schöner Abend.
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11. Kapitel
Ein Vogel kommt selten allein
I nzwischen gehört Bübchen richtig zur Familie. Ganz besonders liebt er Luzies pinkes Einhorn. Mit dem spricht er, setzt sich drauf und knabbert an der Wallemähne. Manchmal spielen Papa und ich mit ihm Fußball. Wir liegen dann auf dem Boden und schnipsen den Ball ins Tor, aber Bubi gewinnt jedes Mal! Er schlägt Haken und dribbelt und foult, so schnell kann man gar nicht gucken.
Mit der Husterei hat Bubi inzwischen aufgehört, auch die Übertragung der Bundsliga haben wir nie mehr von ihm gehört. Dafür macht er Luzie nach, wenn sie ruft: «Der Blutdruck fällt! Sein Herz bleibt stehen! Her mit dem Herzbügeleisen.» Oder Mama, wenn sie mal wieder mit Papa schimpft, weil er stundenlang hinter dem Computer hockt.
Das tut er nämlich immer noch. In letzter Zeit sucht und findet er da alles Mögliche über die Haltung und Zucht von Wellensittichen raus.
«Kennst du ein Wort mit drei ü?», hat er mich neulich gefragt und dann ganz stolz verkündet: «Bürzeldrüsenentzündung!»
Mama reagiert immer noch allergisch auf alles Mögliche, vor allem auf Unordnung und Dreck – aber nicht auf Bubi. Im Gegenteil. Wenn sie mit dem Staubsauger durch die Wohnung läuft, fliegt Bubi ihr jedes Mal auf den Kopf und bleibt da sitzen. Sie mag das sogar, weil es so lustig kitzelt. Sie nennt ihn «mein kleiner Habicht». Aber natürlich ist Bubi mein Vogel. Sein Käfig steht bei mir im Zimmer, und bevor ich abends das Licht ausmache, unterhalte ich mich mit ihm.
Er ist auch der Einzige, der weiß, dass mich Mara zu ihrem Geburtstag eingeladen hat. Und als ich sie gefragt habe, was sie sich wünscht, hat sie gesagt, ein Spielzeug für ihren Wellensittich. Sie hat nämlich auch einen. Ihrer ist grün und heißt Fridolin. Er ist also auch ein Männchen. Aber sicher sein kann man da nie, meint Mara. Vielleicht werden sich die beiden mal kennenlernen und zusammen Fußball spielen. Und sollte Fridolin doch eher eine Fridoline sein, könnten Mara und ich Wellensittiche züchten. Aber ich weiß noch nicht, ob ich überhaupt zu Maras Geburtstagsparty gehe. Nachher kommen da nur Mädchen.
Von Frau Moll habe ich übrigens noch einen Fünf-Euro-Schein bekommen. So schön hätten ihre Pflanzen nach einem Urlaub noch nie ausgesehen, hat sie gesagt. Ich hab ihr natürlich nicht verraten, dass ich sie nicht nur nie gegossen, sondern auch sonst nichts von dem gemacht hab, was ich hätte tun sollen. Bei dem ganzen Stress mit Bubi hatte ich das glatt vergessen.
Luzie will jetzt natürlich auch einen Vogel. Und es sieht fast so aus, als würde sie einen bekommen.
Unser Weihnachtsbaum steht nämlich immer noch auf dem Balkon. In den letzten Wochen ist er gewachsen und gewachsen. Nein, vierzig Meter hoch ist er noch nicht, aber wenn er so weitermacht, dauert es nicht mehr lange. Mama jammert, weil jetzt Frühling ist und sie Geranien pflanzen will und nicht an die Blumenkästen kommt. Papa hat schon die Axt geholt, um den armen Weihnachtsbaum zu schlachten, aber dann hat Luzie was entdeckt. Ganz oben. In der Doppelspitze. Ein Vogelnest.
Und da kam auch schon eine Amsel angeflogen, und wir haben genau gesehen, dass sie einen Wurm im Schnabel hatte.
«Jetzt krieg ich auch bald Vögel!», hat Luzie gerufen. «Ganz viele!»
Ich hab ihr einen Stups gegeben, aber einen netten. «Ach, Luzie, einen hattest du vorher doch auch
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