Wer hustet da im Weihnachtsbaum? (German Edition)
versteckt?», fragte Mama.
Ich zeigte zur Tür. «Nebenan, bei Frau Moll.»
Mama nickte. «Na, jetzt wird mir ja einiges klar.»
Papa sah von Mama zu mir und wieder zurück. «Mir leider überhaupt nicht, klärt mich mal jemand auf?»
«Bubi gehört dem Opa von Tom aus meiner Klasse, also, hat gehört. Aber der durfte ihn nicht behalten, weil er …»
«Du darfst ihn natürlich auch nicht behalten», unterbrach mich Mama.
«Bitte!», riefen Luzie und ich im Chor.
Papa stand auf und strich Bubi über den stoppeligen Kopf; der sah aus, als ob ihm das gefiele. «Du hättest uns erst fragen müssen.»
«Aber Mama hätte es doch sowieso nie erlaubt, weil sie doch allergisch ist!»
Wie um das auch gleich zu beweisen, fing Mama laut an zu husten.
Und Bübchen hustete auch.
«Huch, der macht ja alles nach», sagte Mama.
«Er kann aber nicht nur husten, sondern auch sprechen. Sag mal was, Bübchen, bitte.» Ich schaute Bübchen an, und Bübchen schaute mich an. Wenn er jetzt etwas sagte, dann … vielleicht …
Er schwieg, dann öffnete er den Schnabel, und heraus kam: «Sag was, Bubi, sag was, blöder Vogel.»
Es klang genau wie Luzie.
«Unglaublich!», sagte Papa.
Doch dann geschah etwas Schreckliches. Bubi flog von meiner Hand weg und direkt in den Weihnachtsbaum. Genau wie in meinem Traum!
«Schnell, macht die Kerzen aus!», rief Mama und stürzte auf den Baum zu. Sie blies von der einen Seite die Kerzen aus, Luzie und ich von der anderen. Bubi saß oben auf der Spitze und fing an, sich in aller Ruhe zu putzen.
In diesem Augenblick klingelte es an der Tür. Mama ging aufmachen, und ich konnte die Stimme von Herrn Dobelmann hören. Sie klang wütend, sehr wütend.
«Mir reicht’s!», rief er. «Ich will jetzt endlich wissen, was Ihr feiner Herr Sohn nebenan in der Wohnung für ein Unwesen treibt.»
«Wie bitte? Hannes treibt kein Unwesen, der sitzt im Wohnzimmer unterm Weihnachtsbaum.» Das war Mama.
«Unterm Weihnachtsbaum, dass ich nicht lache!», sagte der Dobelmann, aber er lachte überhaupt nicht. «Ich hab doch genau gesehen, wie Sie Ihren Baum vom Balkon geworfen haben, halten Sie mich nicht für blöd.»
So darf keiner mit Mama reden, auch nicht Herr Dobelmann und wenn ihm hundertmal das Haus gehört.
«Wäre es Ihnen lieber gewesen, ich hätte das ganze Treppenhaus vollgenadelt?», fauchte sie. «Und jetzt haben wir eben einen neuen Baum, oder ist das in diesem Haus etwa auch verboten?»
«Sie können sich so viele Bäume hinstellen, wie Sie wollen. Aber ich will wissen, was Hannes da drüben anstellt. Ich hab’s doch wieder husten gehört.»
«Hannes! Hannes, kommst du mal?»
Ich ging zu Mama in den Flur und lächelte den Dobelmann freundlich an. Der guckte vielleicht blöd. «Du bist ja doch hier?»
«Natürlich, wo denn sonst?»
«Na, drüben in der Wohnung von Frau Moll!»
«Ich kann ja wohl kaum an zwei Orten gleichzeitig sein», sagte ich immer noch ganz freundlich.
«Und deine Schwester?»
«Die ist auch hier.»
«Ich bin auch hier!», echote Luzie aus dem Wohnzimmer.
«Und wer ist es dann?» Herr Dobelmann klang nun richtig verzweifelt, fast tat er mir leid.
«Vielleicht ist Frau Moll wieder da, haben Sie schon mal geklingelt?»
«Natürlich hab ich das, aber es macht keiner auf.» Der Dobelmann streckte seine Hand aus. «Gib mir mal den Schlüssel, Junge. Ich glaube nämlich, dass da drüben irgendwas Verdächtiges im Gange ist.»
Ich gab Herrn Dobelmann den Schlüssel. Ich brauchte ihn ja sowieso nicht mehr. «Bitte schön.»
Sollte der Dobelmann doch glauben, was er wollte, es interessierte mich nicht. Mich interessierte nur, was Bübchen machte. Seit er bei uns in der Wohnung war, schien es ihm richtig gutzugehen. Er saß im Weihnachtsbaum, pickte mit dem Schnabel gegen eine Kugel und erzählte irgendwas.
«Nein, wie entzückend!», sagte Tante Traudl. «Guckt doch nur mal, wie er da mit seinem Spiegelbild plaudert. Herzallerliebst, das Tierchen.»
Tante Traudl wurde mir auf einmal richtig sympathisch.
«Jetzt küsst er die Christbaumkugel!», rief Luzie.
«Der ist ja echt witzig, der kleine Kerl», sagte Papa.
Mir wurde vor Stolz ganz warm innen drin. Mein Bubi, mein Bübchen!
Da klingelte es schon wieder.
«O nein, bitte nicht schon wieder Herr Dobelmann!», sagte Mama, aber ihre Bitte wurde nicht erhört.
Herr Dobelmann kam zu uns ins Wohnzimmer und war ziemlich kleinlaut.
«Ich wollte mich bei dir entschuldigen, Hannes. Du hattest recht, Frau Moll
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