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Wer im Trueben fischt

Wer im Trueben fischt

Titel: Wer im Trueben fischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechthild Lanfermann
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Keramikobstschale, die am gleichen Platz auf dem Tischchen stand. Dasselbe Obst lag darauf, sogar das Messer hielt den exakten Abstand zum Apfel. Emma warf einen schnellen Blick Richtung Durchgang zur Küche. Dann streckte sie ihren Finger aus und befühlte die Haut der Orange. Kein Zweifel, das Obst war echt.
    Martha kam mit einem kleinen Tablett zurück, das sie in einer Hand hielt. Darauf standen zwei zierliche Tassen aus chinesischem Porzellan, in denen der Tee bernsteinfarben schwamm. Emma kam ihr entgegen und nahm ihr das Tablett ab.
    »Wohin?«
    Martha zeigte mit dem Stock auf einen Beistelltisch. Emma stellte das Tablett darauf und rückte dann den Tisch neben die Sessel. Während Martha die Zuckerdose reichte, fragte sie:
    »Aber die echten Vögel? Die das Mädchen gestern füttern sollte!«
    »Ich habe keine Tiere. Meine Angestellte sollte Futter für die Tauben auf dem Dach ausstreuen.«
    Martha nahm einen Schluck von dem Tee und schloss die Augen. Dann stellte sie die Tasse ab und lehnte sich zurück.
    »Das hat sie ja auch noch gemacht. Aber die toten Vögel einzusammeln, da hat sie sich geweigert.«
    Emma schluckte den Tee, der ihr bitter durch die Kehle fuhr. Sie sah das Dach vor sich, darauf die Tierkadaver. Ihr wurde schwindelig. Was hatte sie ihnen gegeben, Rattengift?
    Martha verteilte ruhig die Steine.
    »Morgen kommt jemand Neues. Ein Hoch auf die Arbeitslosigkeit.«
    Emma stellte die Tasse ab, dass es klirrte. Sie sagte nichts. Man darf sie nicht unterschätzen, dachte sie.
    »Kennen Sie Heinrich Bohmann?«
    Martha Steiner hielt den Blick starr auf das Brett gerichtet und bewegte mit ihren schmalen Fingern den ersten weißen Stein.
    »Natürlich. Er hat das Haus hier gebaut.«
    Emma machte einen Zug. Sie hatte sich vorgenommen, ihr den Sieg diesmal nicht so leicht zu machen.
    »Bohmann hat mit Rosenbergs Großvater zusammengearbeitet. Wussten Sie das?«
    Jetzt sah Martha hoch. Was für schöne Augen sie hat, dachte Emma. Sie musste früher umwerfend ausgesehen haben.
    »Nein. Das wusste ich nicht. Woher auch?«
    Der erste schwarze Stein fiel.
    »Ich würde ihn gern dazu befragen. Meinen Sie, er kann sich erinnern? Er muss ja schon sehr alt sein.«
    »Fast hundert, um genau zu sein. Ein Wrack, im Kopf aber klar.«
    »Haben Sie noch Kontakt zu ihm?«
    Wieder fiel ein schwarzer Stein. Martha schüttelte leicht den Kopf.
    »Sie spielen nicht überlegt.«
    Emma starrte auf das Holzbrett. Sie schob einen schwarzen Stein vorsichtig nach vorn. Martha griff gierig nach ihrem weißen Stein und kassierte den schwarzen ein. Zu spät merkte sie, dass sie in eine Falle getappt war. Emma hüpfte über drei weiße Steine und stapelte sie am Spielfeldrand. Martha war überrascht. Sie ärgerte sich, aber ihre Augen blitzten vor Kampfgeist. Emma hakte nach:
    »Sehen Sie Bohmann gelegentlich?«
    Martha lehnte sich zurück und beobachtete Emma. Die reagierte nicht, sondern sah die alte Dame einfach nur an. Nach einer langen Weile zuckte Martha mit den Schultern und antwortete.
    »Sicher, ich sehe Heinrich Bohmann gelegentlich. Er ist eine Berühmtheit hier in Berlin, ich bin die Witwe eines Ehrenbürgers. Es bleibt nicht aus, dass wir uns über den Weg laufen.«
    »Meinen Sie, Sie könnten uns miteinander bekannt machen?«
    Martha lachte.
    »Ganz bestimmt nicht.«
    Emmas Hand schwebte über dem Spielfeld. Ihre Finger näherten sich einem Spielstein und zogen sich dann blitzschnell zurück. Martha beobachtete sie. Noch hatte Emma nichts berührt.
    »Und wenn ich noch einen weißen Stein bekomme, machen Sie es dann?«
    Entschlossen schob sie einen der schwarzen Steine nach vorn.
    »Nun, ja, in dem Fall …«, die alte Dame beugte sich über das Spiel. Mit einem Knallen landeten die weißen Steine auf einem neuen Feld. Klack, klack, klack. Bis kein schwarzer Stein mehr übrig blieb.
    »Ich weiß nur nicht, wie Sie das schaffen wollen, so ganz ohne Stein.«
    Als Zeichen der Kapitulation hob Emma abwehrend die Arme. Überrascht stellte sie fest, dass sie sich diesmal über ihre Niederlage ärgerte. Martha Steiner lehnte sich zurück. Sie blickte Emma forschend ins Gesicht, dann lächelte sie.
    »Sie sind eine schlechte Verliererin. Das gefällt mir. Wer nicht gewinnen will, der sollte gar nicht erst mit dem Spiel anfangen.«
    Emma schaute hoch.
    »Dann helfen Sie mir doch, an Heinrich Bohmann …«
    »Das wird nicht nötig sein.«
    Martha Schneider erhob sich schwer auf den Stock gestützt. Sie kann nicht lange sitzen,

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