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Wer im Trueben fischt

Wer im Trueben fischt

Titel: Wer im Trueben fischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechthild Lanfermann
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Frau schauten in ihre Richtung. Emma stand jetzt an einem halbhohen Tresen. Er gab den Blick frei auf das Büro dahinter. Rund zehn Schreibtische standen dort. An keinem wurde gearbeitet. In einer Ecke saßen fünf Leute an einem Couchtisch. Zwei Männer auf dem Sofa, die anderen hatten ihre Bürostühle herübergerollt. Alle schwiegen. Sie sahen bedrückt aus. Die einzige Frau in der Runde erhob sich und kam nach vorne zu Emma. Sie war noch jung, Ende zwanzig vielleicht. Ihr braunes Haar kringelte sich in kleinen Löckchen um ihr langes schmales Gesicht. Sie war der Typ Frau, denen die Zeitschriften rieten, die Wangen zu betonen, um von der langen Nase abzulenken. Diese Frau hatte das offenbar auch schon gelesen. Mit den breiten Rougebalken sah sie aus wie ein Indianer im Angriff. Ihr Lächeln war ein Strich mit abgeknickten Mundwinkeln.
    »Ja?«
    Emma lächelte sie strahlend an.
    »Kann ich bitte Herrn Siebenschläger sprechen?«
    »Den Chef?«
    Die Frau warf einen Blick nach hinten. Ihre Locken wippten. Die meisten schauten hilflos zurück. Ein Mann starrte in seine Kaffeetasse, ein anderer biss auf seinen Fingernägeln herum. Sie drehte sich wieder zu Emma um.
    »Warum wolln’Se denn den Chef?«
    »Ja, wissen Sie«, Emma lehnte sich leutselig auf den Tresen, die Frau wich leicht zurück, »ich hab eine Terrasse, nichts Großes, aber man will es ja doch schön haben. Herr Siebenschläger hat mir verschiedene Tritte vorgeschlagen, aber ich konnte mich einfach nicht entscheiden. Er sagte, ich könnte ja noch mal wiederkommen, jederzeit.«
    »Ja, also«, wieder warf die Frau einen Blick zu ihren Kollegen, »der Chef ist grad nicht da.«
    »Ach wie ärgerlich! Wann kommt er denn wieder?«
    »Kann dauern.«
    »Er ist doch hoffentlich nicht krank?«
    »Nee«, wieder der Blick zurück, »er is eben nich da.«
    Einer der Männer aus dem Sofa erhob sich.
    »Vielleicht kann ich Ihnen ja auch weiterhelfen?«
    Er kam nach vorn. Das Gesicht der Frau verdüsterte sich, sofort verkrümelte sie sich nach hinten. Emma lächelte wieder. Der Mann war groß und schwer. Er hatte spärliches blondes Haar und trug einen Blaumann.
    »Herr Siebenschläger hat mir zu Stein geraten, aber ich glaube, ich möchte doch lieber Holz. Das sieht doch irgendwie wärmer aus, oder?«
    »Wann soll denn das gewesen sein?«
    »Dass ich hier war?« Emma zuckte die Schultern. »Ist schon was her. Im Sommer irgendwann.«
    »Der Chef macht eigentlich keine Kundengespräche.«
    »Na, dann hat er wohl mal eine Ausnahme gemacht.«
    Emma griff sich einen Katalog vom Tresen und blätterte hektisch darin herum.
    »Hier, so was ist doch ganz schön, was denken Sie?«
    Der Mann warf einen Blick auf die Abbildung.
    »Det is für drinnen.«
    Emma seufzte theatralisch auf.
    »Bei Ihrem Chef hab ich mich so aufgehoben gefühlt. Der hat mich gut verstanden.«
    Sie stemmte ihre Hände in die Hüften und warf dem Mann einen Blick zu, von dem sie hoffte, dass er neckisch wirkte.
    »Langsam fange ich aber an, mir Sorgen zu machen. Können Sie mir denn nicht sagen, was mit ihm los ist?«
    »Na ja, der is …«
    »Wissen Sie, wir sind zur Zeit sehr unterbesetzt.«
    Neben dem Blaumann-Riesen tauchte plötzlich sein Kollege auf. Er war kleiner und trug einen Anzug. Emma hatte gar nicht mitbekommen, dass er von dem Sofa aufgestanden war.
    »Es ist wohl besser, wenn Sie ein anderes Mal wiederkommen.«
    Die Stimme des Mannes war weich und dunkel, aber Emma spürte den drohenden Tonfall dahinter. Sie gab die enttäuschte Kundin und ging auf Rückzug.
    »Sie sind ja nicht der einzige Laden hier.«
    Sie zögerte, wartete auf eine Antwort. Aber die Belegschaft starrte sie nur wortlos an. Langsam drehte sie sich um ihre eigene Achse und ging auf den Ausgang zu. In Zeitlupe öffnete sie die Metalltür. Bevor sie hinter ihr zufiel, warf sie noch einen Blick zurück. Der Riese im Blaumann und der Anzugträger standen noch immer an der Theke. Nur die Frau bewegte sich. Sie ließ sich gerade auf einen der Schreibtischstühle im Hinterraum fallen. Emma und den Männern an dem Tresen hatte sie dabei den Rücken zugewandt.
    Draußen schloss Emma ihr Fahrrad auf. Langsam ging sie an der Hauswand entlang und tat so, als ob sie sich die verschiedenen Muster der Terrassenbeläge anschaute. Der Gabelstapler im hinteren Hof hatte inzwischen den Anhänger vollgeladen. Zu dritt arbeiteten sie jetzt daran, die Rohre festzuzurren. Dabei unterhielten sie sich, Emma sah ihre Münder sich bewegen. Noch

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