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Wer im Trueben fischt

Wer im Trueben fischt

Titel: Wer im Trueben fischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechthild Lanfermann
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Funkgerät, dessen Kabel dezent unter seiner Anzugjacke in seinen massigen Oberkörper eintauchte.
    »Hier geht es zu den Privaträumen. Darf ich Sie bitten …«
    »Junger Mann«, Martha klopfte ihm mit ihren knotigen Fingern gegen den Brustkorb, »ich muss meine Pillen einnehmen, und das mach ich immer im oberen Salon. Also plustern Sie sich hier nicht so auf.«
    Emma musste sich ein Lachen verkneifen. Martha hatte ihre Stimme verstellt und gab die kauzige Alte. Dabei übertrieb sie so maßlos, dass der Wachmann misstrauisch werden musste. Emma konnte der Lust nicht widerstehen mitzuspielen. Übertrieben fürsorglich stützte sie Marthas Ellenbogen.
    »Tante Martha, du sollst die Pillen doch nicht allein nehmen, der Arzt hat gesagt, jemand soll dabeibleiben!«
    Martha schaute von dem Wachmann zu ihr und grinste begeistert. Wie zur Bekräftigung stieß sie noch einmal mit ihren spitzen Fingernägeln in die Brust des Mannes. Der zuckte zurück und schaute sie wütend an, traute sich aber offensichtlich nicht zu protestieren. Er zwang sich zu einem Lächeln und schaute über Martha hinweg in die Halle.
    Martha hängte sich mit ihrem ganzen Gewicht an Emmas Arm. Biest, dachte Emma. Ihre Mundwinkel zuckten.
    »Ja, ja, schon recht«, krächzte Martha, »ich wollte schon gerade den jungen Mann fragen …«
    Der junge Mann guckte entsetzt. Emma lächelte ihm beruhigend zu. Der Fahrstuhl kam und öffnete sich mit einem leisen Zischen.
    »Schon gut, ich kümmere mich. Falls Herr Bohmann seine Tante sucht, wir sind gleich wieder da.«
    Der Wachmann nickte erleichtert. Emma und Martha stiegen in den Fahrstuhl, der sich sanft wieder schloss. Emma lachte laut.
    »Gut, dass du keine Schauspielerin geworden bist, du wärst verhungert!«
    Zu spät merkte sie, dass sie die alte Dame geduzt hatte. Aber Martha lächelte.
    »Was bist du unverschämt. Weißt du, manchmal erinnerst du mich schon sehr an mich selbst, als ich in deinem Alter war.«
    Die Tür öffnete sich, Martha trat im schnellen Schritt aus dem Fahrstuhl. Emma schluckte, sie freute sich. Dann dachte sie wieder an ihr Vorhaben und schaute sich wachsam um.
    Sie standen in einem Flur. Das Fischgrätparkett war hier mit einem dicken orientalischen Läufer abgedeckt, der den Tritt ihrer Füße dämpfte. Martha zeigte nach links auf eine Tür.
    »Das ist sein Wohn- und Arbeitszimmer. Ich geh jetzt ins Bad und warte fünf Minuten. Dann geh ich wieder runter.«
    Martha wandte sich nach links.
    »Martha?«
    Sie drehte sich noch mal um.
    »Was?«
    »Wieso kennst du dich hier so gut aus?«
    Sie lächelte und stützte sich auf ihren Stock.
    »Ich war auch mal jung, Emma.«
    Dann ging sie weiter, öffnete eine Tür, ging hindurch und schloss sie leise hinter sich.
    Emma ging langsam nach rechts. Sie horchte, aber kein Laut drang durch die schwere Holztür. Sie räusperte sich und klopfte hart dagegen. Keine Reaktion. Behutsam drückte sie die hohe Klinke herunter und öffnete die Tür.
    »Herr Bohmann? Kann ich Sie kurz sprechen?«
    Der alte Mann saß in seinem Rollstuhl. Er drehte den Kopf in Richtung Tür und erstarrte auf halber Strecke, als wäre der ganze Weg zu weit für seinen Körper. Dann wandte er den Kopf wieder ab und starrte weiter aus dem Fenster. Die bodenlangen Vorhänge waren beiseitegeschoben und gaben den Blick frei auf einen symmetrisch angelegten Garten. Emma trat einen Schritt näher. Laut sagte sie:
    »Ich möchte mit Ihnen über Ihren Chef sprechen.«
    Der Mann verzog abschätzend die Mundwinkel. Die Muskeln gehorchten ihm nur auf einer Seite, das Gesicht wurde zur Grimasse.
    »Ich habe schon sehr lange keinen Chef mehr, mein Kind.«
    Jetzt stand Emma neben ihm. Sie schaute durch den Raum und zog einen leerstehenden Blumenhocker zu sich rüber. Als sie sich setzte, befand sie sich mit dem alten Mann auf Augenhöhe. Sichtbar für ihn stellte sie ihr Mikrofon vor ihnen auf und drückte auf Aufnahme.
    »Ich rede von Ihrem Lehrer und Mentor. Der Mann, der Ihnen alles beibrachte. Der Ihnen vertraute, nur Ihnen. Und den Sie übers Ohr gehauen haben.«
    Jetzt sah Bohmann sie an. Seine hohe Stirn war von Altersflecken übersät. Sein Körper in dem schwarzen Festanzug saß leicht schief im Rollstuhl und wirkte wie eine Marionette, der die Fäden abgeschnitten worden waren. Aber die Augen hinter der randlosen Brille blickten klar.
    »Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
    »Das wissen Sie genau. Ich rede von Carl Josef Rosenberg, genannt Caro.«
    Bohmann drückte auf

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