Wer ist die Coolste im ganzen Land
die Trainerin des Turn-Teams, herein. Die knapp ein Meter fünfzig große Mrs Howe war immer noch in olympischer Bestform, und ihre Rippen drohten sich durch das langärmlige weiße Gymnastiktrikot zu bohren, das sie mit einer marineblauen Trainingshose kombiniert hatte.
»Hallo, Coach«, sagte Avalon und holte die Gelenkbandagen aus ihrem Spind, der sich direkt neben dem von Halley befand.
»Avalon - hallo! Wir sehen uns dann draußen. Und noch mal vielen Dank, Halley!« Mrs Howe gab den beiden Mädchen einen Klaps auf die Schulter, bevor sie sich mit einer mechanisch mit dem Kopf wippenden Wackelkopf-Figur der Geräteturnerin und Goldmedaillengewinnerin Dominique Moceanu in der Hand auf den Weg in die Turnhalle machte.
Avalon bemerkte, dass Halley einen Camcorder in der Hand hielt, und vergaß kurzzeitig, dass sie ja sauer auf ihre Freundin war und nicht mehr mit ihr reden wollte. »Wozu brauchst du die Kamera?«
»Coach Howe hat mich zur offiziellen Kamerafrau des Teams ernannt!«, verkündete Halley. »Sie hat mich gebeten, die Übungen aufzunehmen, damit wir sie morgen beim Training besprechen können.«
»Na toll.« Avalon runzelte die Stirn. »Ich kann es kaum abwarten, zu sehen, wie die Kamera meinen Riesenbrüsten optisch noch mal fünf Kilo hinzufügt.«
»Oh bitte.« Halley verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf, als sie nach einem hellbraunen Sweater griff und den Spind schloss.
»Hey, wo hast du deinen Turnanzug her?«, fragte Kimberly Weintraub - ein großes, dünnes Mädchen mit einem langen maisgelben geflochtenen Zopf und dichtem Pony -, die Halley bewundernde Blick zuwarf, während sie ein paar Spinde weiter Dehnübungen machte und ihre langen blassen Arme über den Kopf streckte.
Im Gegensatz zu allen anderen Mitgliedern des Turn-Teams, die die einheitlichen Trainingsanzüge von Adidas in den Schulfarben Königsblau mit goldenen Streifen trugen, waren sich Avalon und Halley ihrer fashionmäßigen Verantwortung auch hier bewusst, was sie mit ihren neuen
Camouflage-Gymnastikanzügen zum Ausdruck brachten: Halley in klassischen Kakifarben und Avalon in drei verschiedenen Blautönen.
»GK Elite Sportswear«, antwortete Halley. »Alle olympischen Turnerinnen besorgen sich da ihre Sachen.«
»Sieht supercool aus«, sagte Kimberly und blähte die Nasenflügel - ihr bevorzugter Gesichtsausdruck, um restlose Begeisterung zum Ausdruck zu bringen. Kimberlys Himmelfahrtsnase hatte Halley und Avalon zu dem Spitznamen »Ferkely Schweintraub« inspiriert. »Schönes Kapuzenshirt, Avalon.«
»Danke.« Avalon lächelte und zog den Reißverschluss ihres Hard-Tail-Sweaters noch ein Stück höher.
»Du siehst echt toll aus, Av«, sagte Brianna. Sie reichte Halley einen Flyer, die ihn mit einem spöttischen Lächeln entgegennahm. »Aber das erzähl ich dir ja schon den ganzen Sommer.«
»Danke, Bree.« Avalon hätte ihr gern geglaubt, aber sie fühlte sich so unglaublich … aus der Masse hervorstechend. Nur leider nicht auf die Weise, die sie gewohnt war. Ihr kam es vor, als wäre ständig ein Spotlight auf ihren Busen gerichtet. Sie verabschiedete sich von Brianna, zog den Reißverschluss ihres Kapuzenshirts runter und schaute zweifelnd an sich hinab.
»Ist das jetzt deine neue Busenfreundin?«, kicherte Halley, als Brianna außer Hörweite war.
Avalon knallte die Spindtür zu. Was war Halleys Problem? »Dein pubertäres Getue geht mir echt auf die Nerven. Gib Bescheid, wenn du wieder normal bist.«
Halley warf Avalon einen vernichtenden Blick zu und stürmte dann Richtung Turnhalle.
»Halley!« Avalon versuchte sie einzuholen.
Während sie hinter Halley herrannte, hätte sie noch nicht einmal sagen können, worüber sie sich am meisten ärgerte. War es, dass …
1. sie gerade ihre beste Freundin absichtlich beleidigt hatte?
2. ihre Brüste unter ihrem Gymnastikanzug praktisch ihre eigene Tanz-Choreografie aufführten?
3. Halley diejenige war, die angefangen hatte, sie zu beleidigen?
Avalon zog den Reißverschluss ihres Kapuzenshirts wieder hoch und beschloss, die Antwort auf Eis zu legen. Fürs Erste jedenfalls.
Die Ruhe vor dem Sturm
A uf der Fahrt nach Hause herrschte eine angespannte Stimmung. Halley saß auf der Rückbank und tat so, als würde sie mit ihrem iPod Musik hören, während Avalon vorne saß und ihrer Mutter ein Ohr abkaute. Eigentlich hätte Halley sich bei Constance Greene für ihre Opferbereitschaft bedanken müssen - nur dass die dann fragen würde, was los war,
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