Wer ist die Coolste im ganzen Land

anmutig erhobenem Arm einmal um ihre eigene Achse und präsentierte dann mit einer schwungvollen Ta-ta -Geste des anderen Arms ihr rosa kariertes Minikleid. »Aber das ist natürlich keiner seiner Entwürfe für H&M!«, fügte sie hinzu.
    »Hab ich auch keine Sekunde geglaubt!«, keuchte Cassidy und sah aufrichtig verstört aus.
    »Von uns bekommst du ein astreines Ja«, sagte Avalon mit vor Begeisterung zitternder Stimme. Halley nickte zustimmend, während die drei sich durch die Eingangstür schoben und zu ihren Spinden gingen. Hinter ihnen versuchten ein paar Jungs aus der Achten so zu tun, als würden sie ihnen nicht hinterherschauen.

    »Wovon redest du?« Cassidy legte den Kopf schräg. Noch engelsgleicher hätte sie nur aussehen können, wenn sie Flügel gehabt hätte.
    »Ach komm?«, sagte Halley. »Hast du etwa noch nichts von unserer Kolumne beim Daily Online -Wettbewerb gehört?«
    »Nein«, erwiderte Cassidy ehrlich erstaunt.
    »Dann musst du sie dir unbedingt ansehen«, sagte Halley, die vor einer Reihe goldfarbener Spinde stehen geblieben war. »Vor allem, weil wir in der morgigen Fashion-Kritik von dir schwärmen werden.«
    »Wow … Danke!«
    »Ihre Stimme haben wir schon mal«, raunte Avalon Halley lächelnd zu, als Cassidy davonschwebte. »Und sie ist der totale AG-aholic. Wenn sie auf unserer Seite ist, sind uns die Stimmen der Film-AG, der Wander-AG, des Debatier-Clubs und der SMV schon so gut wie sicher.«
    »Hal!«
    Als Halley ihren Namen hörte, drehte sie sich um und entdeckte Sofee, die gerade in Begleitung eines Typen aus dem Kunsttrakt kam, den sie vorher noch nie gesehen hatte. Eines süßen Typen. Total süß.
    »Hey, du.« Sofee ging auf Halley zu und umarmte sie herzlich. »Wie läuft’s?«
    »Gut!« Halley grinste und versuchte ihre dicht bewimperten blauen Augen auf Sofee und die hinter ihr liegende Reihe goldener Spinde zu richten. Sie wollte den Typen nicht anstarren, aber auch auf gar keinen Fall den Eindruck erwecken, als würde sie versuchen , ihn nicht anzustarren. Also richtete sie ihren Blick auf das silberne R-O-C-K auf Sofees engem schwarzen Top.
    »Kennst du Wade Houston?«, fragte Sofee, als Halley bewusst
wurde, dass sie das Vier-Buchstaben-Wort auf Sofees Brust aufsaugte wie die neueste Ausgabe der Vogue . Kurz: Sie starrte.
    Dankbar für die Aufforderung, den Typen anzuschauen, blickte Halley hoch. Wade hatte zerzauste schwarze Haare, dunkle, fast schon schwarze Augen mit dichten Wimpern und volle - aber nicht zu volle - Lippen.
    »Hey«, sagte Wade und schaute Halley direkt in die Augen, die betont lässig eine Hand hob.
    »Hey.« Halley räusperte sich, um die Tatsache zu verbergen, dass ihr gerade die Stimme weggeblieben war. »Bist du neu hier?«
    »Ja.« Wade fuhr sich mit der Hand durch seinen anbetungswürdigen angedeuteten Irokesen, den Blick immer noch in Halleys Augen versenkt. »Bin erst vor ein paar Wochen aus San Francisco hierher gezogen.«
    »Das ist ja cool! Sofee und ich haben nämlich den ganzen Sommer in Berkely verbracht.« Als sie auf die Stelle zeigen wollte, an der Sofee eben noch gestanden hatte, merkte sie, dass die nicht mehr da war. Es war, als hätte sich plötzlich die ganze Welt in Nichts aufgelöst und sie und Wade würden in ihrer eigenen Luftblase schweben.
    »Ich weiß«, sagte Wade, als wäre es die selbstverständlichste Sache der Welt, dass er alles über Halleys Leben wusste. Als hätte er sich nach ihr erkundigt. Hatte er? Halley ermahnte sich, die Atmung wieder aufzunehmen. »Ich hab gehört, dass ihr eine ziemlich geile Zeit dort hattet.«
    Halley dachte fieberhaft darüber nach, wie sie Wade dazu bringen konnte, noch mehr über sie erfahren zu wollen. Aber sein Blick war zu den goldenen Spinden hinter ihr gewandert - oder genauer gesagt: zu den beiden
Mädchen, die davor standen. So viel zur eigenen Luftblase.
    »Schau dir doch mal unsere Kolumne an. Die ist genau das Richtige für dich«, sagte Avalon gerade zu Sofee. Ihre Stimme triefte vor Freundlichkeit, aber Halley wusste, dass das Teil der Show war. Manchmal erstaunte es sie, dass sie anscheinend die Einzige war, die Avalon durchschaute. »Ich glaube, da kannst du noch eine Menge lernen.«
    »Glaubst du, ja?«, entgegnete Sofee. Dann brach sie in Lachen aus und schaute ungeniert auf Avalons Busen. »Ich glaube nicht, dass ich von jemandem, der so ein enges Kleid anhat, Ratschläge in Sachen Mode brauche.«
    »Äh, das ist von Isaac«, entgegnete Avalon pikiert. »Isaac