Wer ist hier der Schlaumeier?: Skurrile Geschichten von Hunden und ihren Menschen (German Edition)
halfen auch Leckerlis nicht, der Hund ignorierte sie einfach. Heute sind Hund und Familie eine eingeschworene Gemeinschaft. Mit einfachen Mitteln und ganz ohne Gewalt hat der Hund seine Lektion gelernt. Übrigens: Auf diese Art ein Vertrauensverhältnis zwischen Mensch und Hund zu etablieren, funktioniert nicht nur bei einem Kangal. Gerade versuche ich, eine solche Vorgehensweise einer Familie beizubringen, die einen Malteser hat. Der Malteser hat schon alles verstanden …
Der Jäger von Soest
Im Roman „Simplicius Simplicissimus“ von Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen wird die Hauptfigur bekannt, indem sie, als Jäger verkleidet, Raubzüge und Plünderungen rund um die westfälische Stadt Soest unternimmt. Das „Jägerken von Soest“ ist bis heute fest verbunden mit der Stadt, die sogar jährlich ein „Jägerken“ wählt, welches Soest z. B. bei Veranstaltungen in anderen Städten repräsentiert.Die historische Romanfigur kam mir spontan in den Sinn, als ich folgenden Anruf erhielt.
„Tach, D. am Apparat. Bin Jäger und habe Ärger mit meinem Hund!“
Ein Herr D. aus Soest also, der sich gleich als Jäger ankündigte. Interessant, dachte ich und wartete auf weitere Erläuterungen. Doch da kam nichts, nach dem Wort Hund erfolgte eine fast schon bedrohliche Stille.
„Und?“, fragte ich dann in diese hinein.
„Sie können doch so einen Ärger wegmachen, oder etwa nicht?“, grummelte der Soester Jäger.
„Ich kann gerne versuchen, Ihnen zu helfen, wenn Sie ein Problem mit Ihrem Hund haben. Dazu müsste ich aber erst einmal wissen, was das Problem überhaupt ist“, entgegnete ich dem Gebrummel am anderen Ende der Leitung.
„Das ist ein Scheißköter, funktioniert nicht und kommt nicht, wenn ich ihn rufe. Ich weiß mir nicht mehr zu helfen, ich kann mich mit dem nicht mehr sehen lassen!“
Tja, da hatte ich nun eines dieser Menschenexemplare am Telefon, die mit Sicherheit nicht zu der Klientel gehören, mit denen ich gerne zusammenarbeite. Die Zunft der Jäger in Mitteleuropa ist nämlich eine ganz eigene Art von Mensch: ein sich sehr wichtig fühlendes Völkchen, welches den Anspruch auf Wahrheit dermaßen für sich gepachtet hat, dass jeder, der auch nur eine Spur von Kritik an der Jagd ausübt, gleich verteufelt wird. Ich bin kein verbissener Jagdgegner, kritisiere aber durchaus eine vermeintlich elitäre Jagdgesellschaft, die in erster Linie verkrusteten Traditionen huldigt und die Machtgelüste ihrer Mitglieder unter dem Deckmantel der Notwendigkeit und des Naturschutzes rechtfertigt. Dabei konnte noch nie auch nur im Ansatz wissenschaftlich belegt werden, dass z. B. eine Jagd auf Raubtiere, die am oberen Ende der Nahrungskette stehen (wie zum Beispiel der Verwandte unserer Hunde, der Rotfuchs), überhaupt notwendig ist. Im Gegenteil: Raubtiere regulieren sich über ein Reviersystem selbst und sind auch keine „Seuchenträger“, was die Jägerschaft oft als Jagdgrund angibt. Wer sich genauer über dieses Thema informieren möchte, kann dies in meinem Buch „Hundeartige“ tun, welches 2008 erschienen ist.
Hier geht es allerdings nicht um die Jagd und die Jäger an sich, sondern um Geschichten von Hunden. Und in diesem Zusammenhang einen Jäger als Kunden zu haben, ist schon erstaunlich. Jäger bleiben, wenn sie Probleme mit ihren Hunden haben, gern unter sich, wohl auch aus dem Grund, dass nicht jeder die Methoden der Jagdhundeausbildung mitbekommt. Der Jäger von Soest, dessen Hund nach seiner Aussage „nicht funktionierte“, wollte offenbar von mir eine Art Wunderheilung, damit er sich bei seinen Jagdkumpanen wieder sehen lassen konnte … Dem Tier zuliebe vereinbarte ich einen Termin, denn ich war mir sicher, dass der Hund Probleme mit seinem Besitzer hatte und nicht umgekehrt. Da Herr D. nicht wollte, dass ich ihn daheim besuchte – jemand hätte ja sehen können, dass er meine Hilfe in Anspruch nahm – und er auch nicht zu mir kommen wollte – dort konnte er ebenfalls gesehen werden –, entschieden wir uns für den einsamen Treffpunkt im Wald, was in dem Fall sogar einen Sinn machte. Nicht weil ich dafür war, dass der Jäger inkognito blieb, sondern weil die Probleme mit dem Hund in der Feldflur auftraten.
Es war ein ungemütlicher Herbsttag; schon seit einiger Zeit hatte es durchgehend leicht geregnet und die nicht befestigten Feldwege waren matschig und rutschig. Da ich zuerst am vereinbarten Ort war, konnte ich beobachten, wie Herr D. mit seinem Geländewagen
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