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Wer ist hier der Schlaumeier?: Skurrile Geschichten von Hunden und ihren Menschen (German Edition)

Wer ist hier der Schlaumeier?: Skurrile Geschichten von Hunden und ihren Menschen (German Edition)

Titel: Wer ist hier der Schlaumeier?: Skurrile Geschichten von Hunden und ihren Menschen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Riepe
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im Allgemeinen auch gut zurecht. Allerdings sind Menschen keine normalen Lebewesen mehr, Jäger noch viel weniger und Herr D. war darüber hinaus ein ganz spezielles Exemplar dieser Zunft …
    Harro – so hieß der Hund, der übrigens ein Deutsch-Drahthaar-Rüde war – hatte gelernt, auf Zuruf die Handlung, die er gerade ausführte, zu unterbrechen und zu Herrn D. zu blicken. Ich möchte gar nicht wissen, wie er das beigebracht bekommen hatte, vermutlich über das verbotene Elektroreizgerät. Mehr dazu in einem späteren Kapitel. Hier ging es jetzt darum, Herrn D. zu vermitteln, was in Harro vorging, der ja machte, was von ihm verlangt wurde. Doch das unfreundliche und aggressive Gebrülle seines Besitzers hielt ihn davon ab, schnell zu ihm zu kommen. Die einzig logische Verhaltensweise für den Hund war es, sich so wenig wie möglich und so langsam es ging zu bewegen, um das Jägerken nicht noch mehr zu provozieren. Aber genau das Gegenteil passierte. Denn als Harro endlich bei seinem Halter war, wurde er auch noch geschlagen. War es dann nicht besser, überhaupt nicht mehr zu ihm hinzugehen?
    Ein Hund verknüpft nun einmal direkt, er führt eine Handlung aus und die darauf folgende Konsequenz wird der Tat zugeordnet. Er begreift nicht, wenn ein Mensch ihn für etwas ausmeckert oder bestraft, was einige Zeit zurückliegt und sich schon andere Handlungen zwischengeschoben haben. Da hilft es auch nichts, wenn der Mensch dem Hund erklärt, was er tun soll. Abstrakte Sätze versteht dieser nämlich nicht. Der Mensch, dessen Fähigkeit, theoretische Zusammenhänge zu durchschauen, deutlich besser ausgeprägt ist, ist sehr oft allerdings nicht in der Lage zu begreifen, wie die Struktur des Denkens und Lernens bei seinem Vierbeiner funktioniert.
    Das Problem vom Jägerken und Harro war im Prinzip relativ klein, sie verstanden sich nur gegenseitig nicht. Herr D. dachte, der Hund sei aufsässig, stur oder dominant, weil er den „HIER“-Befehl nicht ausführte. Und Harro verknüpfte das Herankommen mit Prügel. Man hätte ihm nur beibringen müssen, dass er etwas Positives zu erwarten hat, wenn er auf eine bestimmte Anordnung hin zu seinem Besitzer kommt. Den in diesem Fall negativ besetzten Begriff „HIER“ hätte der Jäger durch ein anderes Wort austauschen und in Gleichklang mit einer Belohnung bringen sollen. Das muss übrigens nicht immer Nahrung sein. Auch ein Spielzeug oder einfach nur ein Lob sind geeignet. Man muss sehen, was individuell beim jeweiligen Hund den Erfolg bringt. Wenn Harro den neuen Befehl für das Herankommen mit einer positiven Konsequenz hätte verbinden können, wäre er sicher gerne und schnell gekommen. Aber wie Sie sicher schon bemerkt haben, schreibe ich gerade im Konjunktiv. Herr D. war nämlich nicht bereit, sich auf ein solches Training einzulassen. „Waschweibermethoden“, zischte er, „ich dachte, Sie können den Hund eben schnell dazu bringen, auf mich zu hören.“
    Herr D., das Jägerken von Soest, war nicht nur unfähig, seinen Hund zu verstehen, er konnte nicht einmal einen Menschen verstehen, der ihm wirklich logische Argumente lieferte. Zusätzlich war ich bemüht, ihm diese so einfach wie möglich zu vermitteln – Grundschulkinder verstehen mich meist nach wenigen Sekunden –, aber Herr D. konnte oder wollte seine Sicht auf die Dinge nicht im geringsten verändern. So zog er ab; in seiner grünen, nassen Kleidung stieg er in den Panzer und fuhr los. Leider konnte ich nicht mehr für den Hund tun. Das tat mit unendlich leid, weil ich genau wusste, wie dieses Tier weiterhin erzogen werden würde. Es blieb mir nur, Herrn D. noch einen Rat mit auf den Weg zu geben: „Denken Sie daran, Herr D., es ist verboten, Hunde mit Mitteln auszubilden, die Schmerz verursachen. Wenn ich Sie zufällig irgendwo sehe, wie Sie Ihren Hund verprügeln, werde ich mich nicht scheuen, die Behörden zu informieren!“
    Ich sagte dies aus Frust und in der Hoffnung, dass Herr D. vielleicht doch noch einmal seinen Kopf zum Denken benutzen würde. Letzterer ist schließlich dazu da und nicht, um grüne Hütchen zu tragen. Obwohl – beim Jägerken von Soest war ich mir nicht sicher, ob sein Kopf nicht doch nur als Huthalter gedacht war …

Marie zieht um

    Im vorherigen Kapitel hatten wir es mit einem Hundebesitzer zu tun, der so stark in seinen althergebrachten Verhaltensmustern gefangen war, dass sich eine erfolgreiche Hilfestellung schwierig gestaltete. Zum Glück gibt es aber auch andere

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