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Wer ist Martha? (German Edition)

Wer ist Martha? (German Edition)

Titel: Wer ist Martha? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjana Gaponenko
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Herr Witzturn. »Oh, die Drehtür bewegt sich nicht!«
    »Drücken Sie fester. Als wir das Hotel verlassen haben, hat sie doch auch funktioniert. Oder lassen Sie mich mal.« Lewadski lehnt sich gegen die Tür. Nichts rührt sich.
    »Hhm, vielleicht gegen den Uhrzeigersinn?«, schlägt Herr Witzturn vor.
    »Nichts«, seufzt Lewadski, »vielleicht hat die Rezeption zugemacht?«
    »Papperlapapp, es ist nicht einmal elf. Oh, da kommt einer!«
    »Bitte durch die Nebentür, die Herren«, bittet die dunkle Gestalt des Concierge. »Wir haben leider einen Stromausfall im Viertel.« Sein Kollege an der Rezeption winkt mit zwei grünlichen Leuchtstäben.
    »Was ist das?«
    »Das sind Leuchtstäbe, Herr Professor.« Das grüne Mondgesicht gehört dem Chefconcierge, der Lewadski am Tag seiner Ankunft mit gnädiger Herr begrüßt hat. »Einmal kurzhier drehen, und schon haben Sie fünf bis sechs Stunden Licht.«
    »Wir sind ja alle grün wie die Moorleichen«, stellt Herr Witzturn nicht ohne Befriedigung fest, seinen Stab in Empfang nehmend.
    »Der Aufzug ist leider außer Betrieb.« Der Chefconcierge rasselt schwach mit den Zimmerschlüsseln. »Vielleicht möchten die Herren einen Drink an der Bar nehmen und dann«, er macht eine vage Handbewegung Richtung Treppe, »aufs Zimmer gehen.«
    »Gehen oder fahren?«, will Lewadski wissen.
    »Wir tun, was wir können, Herr Professor.«
    »Ich wusste nicht, dass Sie Professor sind«, sagt Herr Witzturn, dem Leuchtstab des jüngeren Concierge Richtung Maria-Theresia-Bar folgend.
    »Na ja«, rechtfertigt sich Lewadski, »was soll ich sagen ...« Herr Witzturn fängt wieder an zu kichern. Seltsam, denkt Lewadski, die Sektpause liegt schon eine Weile zurück, betrunken kann er nicht sein. Und schon steht er, umspült von unaufdringlicher Klaviermusik und dem Geschwätz der anderen Hotelgäste an der Bar. Nachdem der Concierge dem Klavierspieler einen Gruß quer durch den Raum zugenickt hat, wünscht er den Herren Witzturn und Lewadski einen schönen Abend. Sein Leuchtstab weist ihm schwankend den Weg zurück.
    »Es ist sehr warm hier«, stellt Herr Witzturn fest.
    »Kein Wunder«, Lewadski zuckt mit den Schultern, »bei all den brennenden Kerzen. Es ist ja hell wie am Tag.«
    »Fast«, ergänzt Herr Witzturn und klettert auf einen Barhocker. »Ich sitze nie an der Theke. Die Stühle sind mir zu hoch und zu gefährlich, aber heute, dachte ich mir, heute passt es.«In einem todesmutigen Balanceakt setzt sich Lewadski neben Herrn Witzturn. »Ich habe meinen Stock an die Bordüre gehängt«, fährt Herr Witzturn fort. Nach einigen erfolglosen Versuchen bleibt Lewadskis Trinkstock neben dem Stock von Herrn Witzturn hängen.
    »Eine schöne Bordüre«, sagt Lewadski und betrachtet unauffällig den Stock von Herrn Witzturn durch die Lupe, »unten mit Leder gepolstert, haben Sie das bemerkt? Extra für die Gäste mit verschlissenen Kniescheiben.« Der Knauf wird wohl eine Baumwurzel oder eine Knollennase sein, denkt Lewadski und legt die Lupe beruhigt auf den Tresen. Sein Trinkstock ist zweifelsfrei schöner.
    Der Barmann reicht den beiden Herren zwei aufgeklappte Getränkekarten. »Empfehlen Sie uns etwas«, bittet Lewadski.
    »Wir sind zu jeder Schandtat bereit«, sagt Herr Witzturn, verzieht sein Gesicht zu einer mitleiderregenden Grimasse, schließt die Augen und niest. Das Summen der Hotelgäste bricht für einige Sekunden ab, der unbeirrbare Barpianist, der in diesem Moment lauter als je zuvor zu spielen scheint, erschrickt, schließt die Gefahr einer Schießerei aus und macht in geduckter Haltung weiter.
    »Imperial-Früchte-Wodka wäre meine Empfehlung.« Der Barmann stützt sich mit beiden Händen am Spülbecken ab.
    »Klingt sehr erfrischend. Bei dieser Hitze können wir das gut gebrauchen, nicht wahr, Herr Witzturn?« Herr Witzturn ist einverstanden.
    »Zu allen Schandtaten bereit«, wiederholt er, kneift ein Auge zu und überlegt, ob er noch einmal niesen soll.
    »Ich halte die Gläser fest«, lächelt der Barmann.
    »Wird nichts«, stellt Herr Witzturn resigniert fest, nachdem er gespannt in sich hineingelauscht hat. Lewadski atmet auf.
    »Waaaaahh!«, schreit Herr Witzturn los. »Waaah-baaa-haarr-harr«, setzt er trocken fort und öffnet die Augen.
    »Bless you«, winkt ihm eine faltige, mit schimmernden Perlen behangene Damenhand von einem der Tische.
    »Thank you«, antwortet Herr Witzturn von der hohen Warte seines Barhockers herab. »Haaraaaaaaa!«, fügt er noch hinzu.
    So

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