Wer Ja sagt, muss sich wirklich trauen
einredete, dass es ohnehin hätte enden müssen.
Temple kam die Treppe herunter. Sie hatte gerötete Augen und ging in der Diele an ihm vorbei, ohne etwas zu sagen. Es gefiel ihm nicht, sie in diesem Zustand zu sehen.
» Lass uns joggen gehen « , sagte er barsch.
» Später. « Sie ließ sich in den Wohnzimmersessel plumpsen und griff nach der Fernbedienung.
Er nutzte die Zeit, um zu überlegen, wo er einen Tisch für die Küche auftreiben konnte. Dr. Kristi hatte sich in den Garten zurückgezogen, sie las ein Buch. Sie war schwimmen gewesen, aber statt ihres berühmt-berüchtigten roten Bikinis, der ihm wenigstens eine kleine Entschädigung geboten hätte für ihren ungebetenen Besuch, trug sie einen Einteiler.
Als Temple in der Küche erschien, nickte er in Richtung Garten. » Du hättest mir Bescheid geben können, dass du sie eingeladen hast. In mein Haus. «
» Ich wusste, du würdest nichts dagegen haben. « Bevor er sie von diesem Irrglauben befreien konnte, rauschte sie an ihm vorbei. » Ich gehe rüber zum Cottage. «
» Mach dich dieses Mal nützlich. «
» Hol sie doch selbst zurück « , entgegnete sie, bevor sie die Tür hinter sich zuknallte.
Er würde nichts lieber tun als das, aber was dann? Lucy brauchte ein Happy End, etwas, das er ihr nicht bieten konnte. Trotzdem musste er sie noch einmal sehen, bevor er die Insel verließ, obwohl er keine Ahnung hatte, was er ihr sagen sollte.
Durch das Fenster beobachtete er, wie Temple zu Dr. Kristi ging, die das Buch zuklappte und aufstand. Er konnte nicht hören, was Temple zu ihr sagte. Es interessierte ihn auch nicht wirklich. Ihn interessierte nicht gerade viel in letzter Zeit.
Lucy kam mit ein paar Gläsern Eistee zum Straßenstand, als Temple, gefolgt von einer großen, vollbusigen Blondine, bei der es sich nur um Dr. Kristi handeln konnte, auf sie zukam. Die Psychologin trug ein ärmelloses grünes Strandkleid über einem dazu passenden Badeanzug. Ihr blondes Haar war straff nach hinten gebunden und hob ihre Wangenknochen und den üppigen Schmollmund hervor.
Lucy hatte mit so etwas gerechnet, seit Temple ihr einige Tage zuvor erzählt hatte, dass sie Dr. Kristi um Hilfe gebeten habe. Lucy hatte sie gedrängt, sich an einen seriösen Therapeuten zu wenden, ein Rat, den Temple offensichtlich ignoriert hatte.
Bree saß an ihrem Arbeitstisch im Schatten und malte den Inselleuchtturm auf eine ihrer kostbaren Glaskugeln. Sie straffte sich, als sie sah, wer gekommen war.
Temple trug ihre übliche Sportkluft – Yogahose und ärmelloses Shirt. » Kristi, das ist meine Freundin Lucy. Lucy, Kristi wird dich nicht verraten. Und Kristi, das ist Bree. «
Kristi nickte Bree zu. » Sie sind die Imkerin. Angenehm. « Dann wandte sie sich Lucy zu. » Ich habe mich darauf gefreut, Sie kennenzulernen, Miss Jorik. Temple hat mir viel von Ihnen erzählt. «
» Aber nichts Gutes. « Temple machte sich auf dem gelben Gartenstuhl breit.
» Lügnerin « , sagte Lucy und stellte die Gläser mit dem Eistee auf Brees Tisch ab.
» Du hast recht « , murmelte Temple. » Es ist traurig, aber wahr, ich habe mir eine übergewichtige Ausreißerin zum Vorbild genommen. «
» Sie ist nicht übergewichtig. « Bree löste mühselig den Blick von Kristis Pornostarlippen.
Übergewichtig oder nicht, Lucy konnte sich nicht vorstellen, jemandem als Vorbild zu dienen, obwohl sie in diesem Sommer sicher ein paar wichtige Lektionen fürs Leben gelernt hatte.
Schweigen senkte sich über die Gruppe. Kristi begutachtete Brees Ware, sie schien das Schweigen nicht zu stören. Temple starrte auf ihre Füße, Bree spielte mit ihrem Pinsel, und Lucy überlegte krampfhaft, was sie sagen sollte, bevor ihr einfiel, dass sie nicht der Kapitän dieses bunten Haufens zu sein brauchte.
Plötzlich sprang Temple von ihrem Stuhl auf und sah Bree aggressiv an. » Ich bin lesbisch! « , rief sie.
Bree blinzelte verunsichert, aber Lucy begriff, was Bree nicht verstehen konnte. Das hier war Temples Coming-out.
Wieder sagte niemand etwas. Dann hob Temple den Kopf. » Ich liebe eine Frau. «
» Gratuliere! « Bree warf einen fragenden Blick auf Kristi. » Sie beide? «
Temple brauchte einen Moment, um Brees Gedankengang zu folgen, dann schüttelte sie sich. » Um Gottes willen, doch nicht Kristi. «
» Das klang ziemlich feindselig « , sagte Kristi entschieden.
» Was kümmert es dich? « , erwiderte Temple. » Du bist hetero. «
Kristi setzte sich auf den pfirsichfarbenen Stuhl. » Was
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