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Wer Ja sagt, muss sich wirklich trauen

Wer Ja sagt, muss sich wirklich trauen

Titel: Wer Ja sagt, muss sich wirklich trauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Elizabeth Phillips
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Maul. Eine Erinnerung für das nächste Mal, wenn er wieder zu vergessen versuchte, wer er war und wo er einmal gewesen war.
    Während die Meilen vorbeizogen, sah Lucy immer wieder in den Rückspiegel, musterte ihr Make-up, die tiefschwarzen Haare, die Dreadlocks. Ihre Stimmung hob sich allmählich. Aber würde sie das wirklich durchziehen? Selbst Ted, der in jeder Hinsicht klug war, würde nie mit so etwas rechnen. Sie hatte auch nicht damit gerechnet, aber sie genoss das Gefühl, in eine neue Haut zu schlüpfen.
    Wenig später ließ sie Illinois hinter sich und überquerte die Grenze zu Michigan. Würde Ted ihr jemals verzeihen? Oder ihre Familie? Waren manche Dinge nicht unverzeihlich?
    Kurz vor Cadillac fuhr sie von der Autobahn ab auf eine Nebenroute, die in östliche Richtung führte. Am frühen Abend stand sie mit einem halben Dutzend weiteren Fahrzeugen in der Schlange und wartete auf die letzte Fähre nach Charity Island, sie hatte die kleine Insel nur mit Mühe auf der Karte gefunden. Ihre Muskeln waren steif, ihre Augen gereizt, und ihre gute Laune verblasste. Was sie vorhatte, war verrückt, aber wenn sie es nicht zu Ende brachte, würde sie sich für den Rest ihres Lebens den Kopf zerbrechen wegen Panda und diesem Kuss und warum sie mit einem praktisch Fremden ins Bett gegangen war, zwei Wochen nachdem sie einen Mann hatte sitzen lassen, der zu gut für sie war. Nicht unbedingt ein logischer Grund für diese Reise, aber sie war zurzeit nicht gerade in Bestform, und es war das Beste, was sie tun konnte.
    Die alte Fähre, schwarz lackiert mit signalgelben Streifen, roch nach Schimmel, Tau und altem Diesel. Ein Dutzend Passagiere gingen mit ihr an Bord. Einer von ihnen, ein junger Student mit einem Rucksack, versuchte, mit ihr ins Gespräch zu kommen, indem er sie fragte, wo sie studiere. Sie erklärte ihm, dass sie die Memphis State University abgebrochen habe, und ließ ihn stehen, ihre schweren Springerstiefel hallten laut auf dem Deck wider.
    Während der restlichen Fahrt blieb sie im Schiffsinneren und beobachtete, wie die Insel im verblassenden Licht allmählich konkrete Form annahm. Charity Island ähnelte dem Umriss eines zusammengerollten Hundes – unten der Kopf, der Hafen ungefähr dort, wo der Bauch sein würde, der Leuchtturm oben an der Spitze, aufgestellt wie ein Stummelschwanz. Die Insel lag laut einer Touristenbroschüre fünfzehn Meilen auf den Michigansee hinaus. Sie war zehn Meilen lang und zwei Meilen breit. Dreihundert Insulaner lebten hier, eine Zahl, die sich im Sommer auf mehrere tausend erhöhte. Laut der örtlichen Handelskammer bot Charity Island seinen Besuchern einsame Strände, ursprüngliche Wälder, Angel- und Jagdsportmöglichkeiten sowie im Winter Skilanglauf und Snowmobiltouren, aber Lucy war nur wichtig, Antworten auf ihre Fragen zu finden.
    Die Fähre stieß gegen die Anlegestelle. Lucy ging hinunter zu ihrem Leihwagen. Sie hatte Freunde im ganzen Land, auf der ganzen Welt, die ihr eine Unterkunft geben würden. Und trotzdem war sie hier, bereit, von Bord zu gehen auf eine Insel in den Großen Seen, infolge von nicht mehr als einem Abschiedskuss und einem Anwohnerpass für die Fähre. Sie holte den Zündschlüssel aus ihrem Rucksack und sagte sich, dass sie ohnehin nichts Besseres mit ihrer Zeit anzufangen wusste, was nicht ganz der Wahrheit entsprach. Sie hatte Fehler wiedergutzumachen, ein Leben wiederaufzubauen, aber da sie keine Ahnung hatte, wie sie das eine oder andere anstellen sollte, war sie nun hier.
    Im Hafen lagen etliche Charterboote, auch solche, mit denen man zum Angeln rausfuhr, einfache Ausflugsschiffe und ein uralter Schlepper, der neben einem kleinen Frachtkahn ankerte. Sie rollte die Rampe hinunter auf einen Kiesparkplatz. Ein Schild zeigte an, dass dies der kommunale Hafen war. Die zweispurige Hauptstraße mit dem optimistischen Namen Beachcomber Boulevard beherbergte eine Auswahl an Geschäften, manche davon heruntergekommen, andere herausgeputzt in fröhlichen Farben und mit kitschigen Schaufensterauslagen, um Touristen anzulocken – Jerry’s Trading Post, McKinley’s Market, ein paar Restaurants, eine Konfiserie, eine Bank und eine Feuerwache. Klappaufsteller entlang der Straße warben für Angeltouren, Jake’s Dive Shop lud Besucher zur Erkundung nahe gelegener Schiffswracks ein.
    Nun, nachdem sie hier war, hatte sie nicht den leisesten Schimmer, wo sie hinmusste. Sie hielt auf einem Parkplatz vor einer Kneipe mit dem Namen The Sandpiper.

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