Wer Liebe verspricht
Liebster?«
Freddie strahlte. »Aber ja! Gewiß.«
Lady Birkhurst betrachtete lange ihre Fingernägel, als sei ihr plötzlich zum ersten Mal bewußt, daß sie welche besaß. Dann drückte sie ihren gewaltigen Körper gegen die Polster und nickte. »Also gut, wenn Sir Joshua und Lady Bridget keine Einwände haben, besonders gegen die übertriebene … Eile «, sie schwieg und füllte die bedeutsame Pause damit, daß sie nach dem Elfenbeinfächer griff, »habt ihr beide meine Zustimmung. Ich gestehe, bei dem Gedanken an eine Versammlung geschwätziger alter Klatschtanten, die während der Trauung Kleider und Hüte vergleichen, wird mir übel.« Sie lächelte freundlich in Olivias Richtung. »Ich bin unendlich erleichtert, mein Kind, daß Sie sich schließlich doch entschlossen haben, meinen Sohn aus seinem Elend zu befreien. Sein ewiger Leidensblick fing schon an, mir auf den Magen zu schlagen. Ich sehe nicht ein, daß ich die Folgen tragen soll, wenn er leidet. Ich gebe euch gerne meinen Segen.« Sie betupfte sich beide Augen und hielt ihnen dann die schlaffe Wange entgegen, um ihre dankbaren Küsse zu empfangen.
»Wir werden natürlich«, sagte sie zu Olivia, »später Gelegenheit haben, ausführlich miteinander zu sprechen.«
Daran zweifelte Olivia nicht im geringsten.
Am Abend schrieb sie an Kinjal: »Wie immer hatten Sie recht. Es hat sich eine Lösung gefunden, und das kleine Wurm muß nicht beseitigt werden. Ich bin versucht, Menschlichkeit als Grund vorzugeben, aber ich kann nicht lügen. Was immer auch geschehen mag, mein ›Mangokern‹ ist der einzige Beweis, den ich habe, daß Jai Raventhorne mich geliebt hat – wenn auch nur für eine Nacht.
Um diesen Beweis zu erhalten, gehe ich nun daran, einen Mann, der es nicht verdient, auf das schändlichste zu betrügen. Er gibt mir seinen Namen für das zweifelhafte und nichtssagende Privileg, mich als Frau zu bekommen. Der Ehering, der mir mit dem Namen gegeben wird, verleiht mir den Anschein der Ehrbarkeit, die ich bis jetzt immer verachtet habe. Der Mann fordert von mir nichts als Gegenleistung. Und ich werde ihm sogar noch weniger geben.«
*
An einem frischen Morgen Ende Januar – der Himmel leuchtete saphirblau, und die Sonne strahlte in hellem Gold – gelobte Olivia Siobhan O’Rourke, den Mann an ihrer Seite zu lieben, zu ehren und ihm zu gehorchen, bis daß der Tod sie scheide, und wurde so vor Gott und den Menschen die ehrenwerte Mrs.Frederick James Alistair Birkhurst. Die kurze, schlichte Zeremonie fand im Haus der Templewoods statt und wurde von einem engelhaften jungen Kaplan der Kirche St. John durchgeführt. Es gab keine Brautjungfern und nur wenige Gäste.
Für Olivia bedeutete die Hochzeit auch den Tod. Sie fühlte nichts. Nur das dumpfe rhythmische Schlagen ihres Herzens erinnerte daran, daß sie lebte, aber für sie besaß es keine Überzeugungskraft. Trotzdem sah sie hinreißend aus, wie es die unbedingte Pflicht jeder Braut ist. Das eilig von Jane Watkins geschneiderte weiße Organzakleid hatte einen hübschen Schnitt (Olivia ließ in der Nacht davor heimlich die Seitennähte aus) und fiel über den weiten, gerüschten Petticoat. Aus der Brüsseler Spitze der verstorbenen Lady Templewood war ein königlicher Schleier mit Diamantensplittern und einer Fülle von rosa Satinröschen geworden. Der Diamantschmuck der Braut wurde von allen sehr bewundert: ein Diadem, eine dreireihige Halskette aus weiß funkelnden, muschelförmig gearbeiteten Diamanten, lange Ohrringe und ein Armband. Am Ringfinger der linken Hand trug sie einen Solitär von der Größe einer Walnuß, das Hochzeitsgeschenk des verliebten Bräutigams. Er saß über dem schmalen Goldring, für den Olivia ihre Seele verkauft hatte. Der Solitär war nur ein kleiner Teil des Schmucks, der in den unzähligen, mit Samt ausgeschlagenen Kästen lag, die im Tresor der Birkhursts aufbewahrt wurden.
Der neue Besitz löste bei Olivia jedoch nur Entsetzen aus. Sie fühlte sich als Hochstaplerin, die Vertrauen mißbrauchte und sich unter falschen Voraussetzungen Reichtümer schenken ließ. Selbst an die grandiose Mitgift ihrer Tante, zu der auch der Anteil ihrer Mutter am Familienerbe gehörte, konnte Olivia nicht ohne Beschämung und Verlegenheit denken. Abgesehen von dem Berg Schmuck, der ihr gehören sollte, bekam sie auch ein beachtliches Bankguthaben bei Lloyds in London. Olivia wollte überwältigt ablehnen, aber Lady Bridget wies ihren Protest entschlossen zurück.
»Ich habe
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