Wer Liebe verspricht
erteilen …«
Ein Abenteuer!
Olivia spürte nichts vor Zorn. Hatte diese verwöhnte, dumme Gans keine Ahnung, wie abstoßend – jawohl abstoßend – sie das alles fand?
»Oh, ich würde sagen, du hast ihnen eine Lektion erteilt! Ich bezweifle nicht, daß sie dadurch eine Menge gelernt haben.«
»Bitte, verspotte mich nicht, Olivia! Du bist die einzige vernünftige und echte Freundin, an die ich mich jetzt noch wenden kann, wo alles so … völlig verfahren ist.« Sie drehte den Kopf zur Wand und weinte leise. »Ich habe dich und Papa in meinem Brief belogen, Olivia. Mama wollte mich nicht in Norfolk sehen. Durch Tante Maude hat sie mir sagen lassen, ich sei für sie gestorben. Sie hat ge … gedroht, sich in den Fluß zu stürzen, wenn Tante Maude mich aufnehmen würde.« Sie zitterte bei der Erinnerung.
»Ohne John wäre ich verrückt geworden. Seine Eltern wissen … nicht alles, aber John weiß Bescheid. Ich habe ihm nichts verheimlicht.« Sie besaß immerhin soviel Anstand, die Augen niederzuschlagen und rot zu werden. »Wir haben in aller Stille bei ihm zu Hause in Liverpool geheiratet. Ich habe einen fingierten Brief von Mama an seine Eltern geschrieben und eine Krankheit vorgeschoben, die ihr die Reise unmöglich mache.« Sie schlug die Hände vor das Gesicht und wiegte sich klagend hin und her. »Oh, Olivia, ich habe so viel, so viel nicht gewußt …«
Aber das hat sich jetzt geändert, liebste Cousine!
Olivia sah sie ausdruckslos an und schwieg.
»Nur mein John, mein geliebter John, hat mir vergeben. Er … versteht mich.« Sie bemerkte Olivias erhobene Augenbraue und hob trotzig das Kinn. »Ja, wirklich – und ich liebe John! Er findet es nicht unverzeihlich, daß ich Jai auch liebe, wie dumm meine Flucht mit ihm auch gewesen sein mag.«
Olivia erstarrte. Bis hierher durfte Estelle sich vorwagen, aber nicht weiter. Niemals! Wie konnte dieses unverschämte Aas sich ihrer unanständigen Liebe ihr gegenüber auch noch rühmen !
»Genug! Das ist deine Angelegenheit, nicht meine«, sagte sie scharf,
»behalte das für dich.«
»Aber Olivia, ich habe seit Monaten darauf gewartet, mit dir zu sprechen …!« rief Estelle enttäuscht. »Ich wollte dir schreiben, aber ich konnte es nicht. Es war alles so kompliziert, so unsagbar verwirrend. Du mußt mir zuhören, Olivia, du mußt …!«
»Es mag dich vielleicht überraschen, Estelle, aber es gibt inzwischen absolut nichts in meinem Leben, was ich tun muß, wenn ich nicht will. Deine Angelegenheiten interessieren mich nicht mehr.« Olivia ging zur Tür und öffnete sie.
»Du hast das Recht, wütend auf mich zu sein«, rief Estelle, sprang vom Bett und klammerte sich an Olivia. »Mein Gott, ich weiß das! Onkel Arthur hat mir von der Last erzählt, die du auf deine Schultern genommen hast, von deiner Schlagfertigkeit, deinem Edel …«
»Ich habe nur getan, was getan werden mußte«, erwiderte Olivia kalt, »jetzt laß mich bitte gehen.«
»Aber ich möchte wissen, was hier geschehen ist!« Estelle hielt sie fest. »Siehst du nicht, wie viel bereinigt und in Ordnung gebracht werden muß? Ohne deine Hilfe kann ich das nicht. Du bist so klug und vernünftig, Oli.«
»Was geschehen ist, zählt nicht weiter. Es kommt nur noch darauf an, was geschehen wird – zum Beispiel mit deinem Vater. Das ist wichtig. Hast du schon einmal daran gedacht, daß es nicht länger Onkel Arthurs Pflicht sein kann, sich um deinen Vater zu kümmern? Und weißt du, daß ich bald nach Hawaii fahre?«
»Ja.« Estelles Unterlippe zitterte wieder. »Natürlich werde ich mich um Papa kümmern. Wer denn sonst? Ich werde ihn dazu bringen, daß er mit uns nach Cawnpore kommt. Aber zuerst muß etwas anderes in Ordnung gebracht werden. Man hat Jai Unrecht getan, Olivia. Du hast dich nicht geirrt, als du …«
»Ich habe dir gesagt, ich möchte kein Wort über Jai Raventhorne hören!« Sie riß ihre Hand los. »Ich möchte weder seinen Namen hören noch etwas über seine angeblichen Qualen und auch nicht, wie du vorhast wiedergutzumachen, was immer du wiedergutmachen willst. Ich möchte nichts mehr damit zu tun haben.«
Estelle sah sie überrascht an. Dann wurde ihr Blick hart.
»Wie komisch! Wie unglaublich komisch – wenn man daran denkt, daß du dich einmal darüber aufgeregt hast, daß man seinen Namen in unserem Haus nicht aussprechen durfte! Du hast mit Leidenschaft erklärt, man dürfe ihn nicht wie einen Ausgestoßenen behandeln. Du hast …«
»Hör
Weitere Kostenlose Bücher