Wer Liebe verspricht
geraten waren, kurzfristige Kredite und nahm halsabschneiderische Zinsen. Ohne Wissen von Pennworthy und der anderen Bankiers transferierte er illegale Gelder nach England und erwarb sich damit nicht nur ewige Dankbarkeit, sondern auch beachtliche Kommissionen. Da zumindest zwei Direktoren der Ostindien-Kompanie zu seinen Kunden gehörten, vermochte er seiner indischen Klientel als Gegenleistung für großzügige ›Geschenke‹ bestimmte Vergünstigungen zu erwirken. Er zahlte weniger betuchten englischen Gentlemen in Verwaltung und Militär Gelder für die Überfahrt von Verlobten und einsamen Ehefrauen, die sich vor Kummer nach ihrem Liebsten verzehrten, war durchaus bereit, auch die bescheidensten Gegenstände als Pfand anzunehmen, und half angeschlagenen geschäftlichen Unternehmen mit Geldspritzen wieder auf die Beine, was ihm später lukrative Rückzahlungen garantierte. Man erzählte sich, er könne Angebot und Nachfrage so geschickt aufeinander abstimmen, daß er noch während der Verhandlung seine Gebühr nennen konnte, was auch oft genug geschah. Ram Chand Mooljee stand zweifellos an der Spitze indischer Geschäftsleute der aufblühenden Mittelklasse.
Nachdem er seine Pflichten als Gastgeber erfüllt hatte, kam Mooljee wieder auf das Geschäft zu sprechen und faltete seine fleischigen Finger über dem dicken Bauch. »Ich nehme an, der Platz für dieses Hotel steht bereits fest?«
»Ja. Ich denke an das Haus meines verstorbenen Onkels, Sir Joshua Templewood. Ich möchte Haus und Grundstück erwerben.«
Mooljee kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Aber er wußte, in letzter Zeit hatten sich einige merkwürdige Dinge in der Stadt ereignet – Ransomes Partnerschaft mit dem ordinären Amerikaner, die Sache mit dem Schiff und jetzt Kala Kantas plötzlicher Haß auf Farrowsham. Man glaubte, im Mittelpunkt all dessen stehe diese freidenkerische Lady Mem, die sich wie ein Mann benahm, Schönheit und viel Verstand besaß, aber wenig Zurückhaltung. Weshalb sie zum Mittelpunkt geworden war, vermochte Mooljee nicht zu ergründen, und auch das ärgerte ihn. Er witterte bei dem geplanten Kauf sowohl große Schwierigkeiten als auch große Gewinne – würde der Eurasier das zulassen? Der Sahib war vielleicht tot, aber seine Tochter nicht! Wie auch immer, Mooljees Interesse wuchs noch mehr. Das Templewood-Haus stand immerhin in der besten Wohngegend.
»Ach ja, der frühzeitige Tod Ihres lieben Onkels war doch ein großer Verlust – ein bewundernswerter Gentleman, wirklich ein sehr bewundernswerter Gentleman …« Er schwieg und wischte sich in der angemessenen Pause eine imaginäre Träne aus dem Auge, seufzte betrübt und kam dann wieder zur Sache. »Der Plan Eurer Ladyschaft ist ehrgeizig und langfristig. Darf ich daraus entnehmen, daß Sie uns nicht verlassen wollen – was ein schmerzlicher Verlust für uns wäre! – und zu Ihrem Gemahl nach London fahren?« Mooljee kannte keine moralischen Skrupel und fragte offen, was andere insgeheim dachten.
»Ja, es ist ein ehrgeiziger und langfristiger Plan.« Olivia verstand den Grund für seine Sorge. Sie umging eine ausführlichere Anwort und nahm eine violette Satinschachtel aus der Handtasche. »Das biete ich Ihnen als Sicherheit für den Kredit an. Eine beglaubigte Schätzung liegt bei, aber Sie können natürlich eine neue Schätzung vornehmen, wenn Sie das wünschen. Sie werden feststellen, der Schmuck deckt den Kredit. Und es wird nicht lange dauern, bis meine Gelder aus England eingetroffen sind.«
Er wehrte heftig ab und beteuerte, er sei an einer Sicherheit nicht interessiert. Wenn die Solvenz ihrer ehrenhaften Familie in Frage gestellt werden könne, dann sei er im Vergleich dazu doch nur ein armseliger Wurm, ein Bettler! »Für Ram Chand Mooljee«, rief er mit Donnerstimme, »ist das Wort Eurer Ladyschaft genug, genug !« Trotzdem öffnete er die Schatulle und warf einen gleichgültigen Blick hinein. Er erkannte das Diadem sofort, denn er vergaß einen Schmuck nie, den er einmal gesehen hatte. Das Diadem gehörte zu den Stücken, die er vor Jahren für Lady Bridget geschätzt hatte. Die Diamanten waren fehlerlos und sehr viel mehr wert als der gewünschte Kredit. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich nicht, als er die Schatulle zuklappte. »Das Geld wird Ihnen morgen im Laufe des Vormittags überbracht werden.« Er schrieb ihr schnell eine Empfangsbestätigung. »Ist das in Ihrem Sinn?«
»Danke, ja.«
Nachdem das Geschäft zufriedenstellend zum
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