Wer Liebe verspricht
Worten, »du bist trotz allem eine Frau, Ehefrau und Mutter. Die Geschäftswelt, das will ich dir gern zubilligen, ist beispiellos aufregend, aber es ist auch die Welt der Halsabschneider, schmutziger Geschäfte, der Korruption und der Gossenmoral – von der Gossenmentalität ganz zu schweigen. Natürlich ist das hier nicht viel anders als überall auf der Welt, wo große Gewinne winken. Aber, Olivia, es ist keine Welt für dich. Dein Leben und das Leben deines Kindes«, sagte er langsam und ernst,; »ist an der Seite deines Mannes. Du mußt jetzt in England deine Zukunft suchen. Überlaß Willie die Auseinandersetzung mit Raventhorne. Er wird tun, was er kann. Überlaß ihm alles. Er wird geschickt einige notwendige Dinge tun und Kompromisse finden.«
Ransome hatte noch nie so offen mit ihr gesprochen. Während Olivia sich seinen Rat anhörte, dachte sie bekümmert: Ich kann diesem Mann, den ich inzwischen wie einen Vater liebe und achte, nicht länger die Wahrheit vorenthalten – zumindest einen Teil der Wahrheit.
»Ich werde nicht zu Freddie nach England gehen«, sagte sie ruhig.
»Es gibt zu viele unüberbrückbare Meinungsverschiedenheiten, und es ist nicht daran zu denken, daß wir jemals wieder zusammenleben.«
Als Arthur Ransome diese unverblümte Bestätigung der Gerüchte hörte, senkte er die freundlichen, mitfühlenden Augen, und seine Stimme klang tief bewegt, als er rief: »Aber wenigstens Amos zuliebe muß doch eine Versöhnung möglich sein!« Er ahnte natürlich nichts von der Ironie seiner Worte. »Und das Ungeborene! Was soll sich Freddie denn dabei denken? Zwei vaterlose Kinder! Wie wirst du das schaffen?«
»Freddie trifft keine Schuld«, murmelte sie unhörbar und hätte Ransome beinahe alles erzählt. Aber sie erkannte noch rechtzeitig, wie töricht das gewesen wäre. Es hätte ihm den Rest seiner Illusionen geraubt und noch mehr Kummer bereitet. Der schneidende Schmerz zog sich wie ein Band durch die unbewachten Spalten ihrer Gedanken. »Oh, ich werde es schaffen. Du hast es selbst gesagt, ich bin hart im Nehmen.«
»Aber mein liebes Kind …!« Er konnte seinen Kummer nicht zurückhalten und scheute sich nicht, seinen Gefühlen noch einmal freien Lauf zu lassen. »Hast du an die Last der Verantwortung, an die moralischen Zerreißproben gedacht? Ich muß es dir nicht sagen, und es mag dir auch nicht viel bedeuten, aber du kannst immer mit meiner Unterstützung rechnen, immer.« Er schwieg überwältigt. Dann fügte er in einem anderen Ton hinzu: »Ich weiß, wir alle müssen mit unserem Leben machen, was wir für richtig halten. Aber Olivia, ich bitte dich … Frage dich bei deinem Kampf gegen Jai doch auch, ob du nicht vielleicht vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr siehst!« Ransome war zwar eingefleischter Junggeselle und hatte keine Erfahrung mit Frauen, aber er war kein Dummkopf. Er ahnte seit langem, daß es in Olivias Leben Bereiche gab, in die sie niemandem Einblick gewährte. Bislang hatte er nur schweigend beobachtet, und auch jetzt begab er sich mit allergrößter Vorsicht auf unsicheren Boden. »Reize Jai nicht zu sehr, Olivia. Ich muß dich bestimmt nicht daran erinnern, daß er zur unberechenbaren Bestie werden kann, wenn man ihn in die Enge treibt. Jai vergibt nie, und er vergißt nie.«
Olivia brach die unbehagliche Spannung mit einem heiteren Lachen.
»Nun, dann passen wir ja gut zusammen, denn ich tue es auch nicht, Onkel Arthur.«
*
Es war wieder Juni. Zum dritten Mal seit Olivias Ankunft in Indien ballten sich die Monsunwolken am Himmel.
Dr.Humphries war zwar mit Olivias Gesundheitszustand zufrieden, aber er verbot ihr energisch, weiterhin im Kontor zu arbeiten und, wie er es nannte, der Stadt auf den Nerven herumzutanzen. »Ich erkenne Ihre Bemühungen durchaus an, mir Patienten zu verschaffen, mein Kind, aber mit Ihrem Willie als Kranken kann ich gleich ins Irrenhaus gehen! Was haben Sie denn vor? Wollen Sie das ganze Reich im Handstreich übernehmen? Ich beschwöre Sie, Olivia, überlassen Sie, wenigstens im Augenblick, den Männern die Arena!«
»Aber mir gefällt meine Arbeit!« widersprach Olivia, »was soll ich den ganzen Tag lang hier im Haus tun? Ich langweile mich zu Tode.«
»Tun? Großer Gott, tun Sie das, was andere Frauen machen, wenn sie Kinder bekommen! Stricken Sie Häubchen und Strümpfchen, Lätzchen und Deckchen. Wie wäre es damit? Übrigens haben Sie nicht gesagt, Estelle will rechtzeitig zur Entbindung hier sein?«
»Ja, sie
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