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Wer liebt mich und wenn nicht warum

Wer liebt mich und wenn nicht warum

Titel: Wer liebt mich und wenn nicht warum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Andeck
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diese Insel! Das ist nichts für dich.«
    Stattdessen schrie diese Stimme in mir: »Los, schnell, das Boot ist winzig, da passt ihr niemals alle drauf!« Und so ganz unrecht hatte sie damit nicht, denn es war wirklich eng und Vicky wäre fast von Bord gefallen. (Ich war es nicht, ich schwöre es!)
    Was meine innere Stimme allerdings nicht erkannte, war die Chance, die für mich darin gelegen hätte, bei der ersten Fahrt nicht mehr mit aufs Boot zu passen. Ich hätte dann noch ein bisschen Bedenkzeit ganz allein gehabt und hätte erkennen können, dass es hier ein bisschen zu viel Natur gibt.
    Tja, zu spät. Wir quetschten uns alle aufs Boot und tuckerten an der gesamten Insel entlang zum östlichen E-Arm, auf dem das Haus liegt. Als wir ankamen, stand ein bärtiger Biologe namens Harri am Anlegesteg. Er spricht Deutsch mit rrrrollendem Rrrr, denn er kommt aus Finnland. Es war gut, dass Harri am Steg stand, denn allein hätten wir den Weg zum Haus nie gefunden. Es gab nämlich keinen. Der Steg endete auf einem kleinen Sandstrand, an dem ein paar Boote lagen, und der warumschlossen von einem undurchdringlichen Schilfgürtel. Wir schulterten unsere Rucksäcke und blickten uns ratlos um.
    »Hierrr entlang«, rief Harri und ging auf das Schilf zu. »Hierrr ist der Wegweiser!«
    Was er Wegweiser nannte, war ein großer Stein im Sand. Harry steuert darauf zu, schob das Schilf mit den Händen beiseite und drängte sich durch. Misstrauisch folgten wir ihm. Tatsächlich, wenn man genau hinsah, konnte man an ein paar geknickten Halmen erkennen, dass hier schon mal jemand entlanggegangen war.
    »Unser Hausmeister ist krank«, rief Harri uns über die Schulter zu. »Er wollte den Weg eigentlich freischneiden, bevor ihr kommt. Aber keine Sorge, das holen wir heute nach.«
    Eine Libelle schwirrte an meinem Ohr vorbei. Huh, sind diese Viecher lang. Haben die eigentlich einen Stachel?
    »Nein, nur einen Legebohrer«, sagte Harri, der meine Frage gehört hatte. Irgendwie klang das in meinen Ohren nicht viel besser.
    Als wir den Schilfgürtel durchschritten hatten, sah man einen Trampelpfad und weiter hinten ein Haus! Yeah! Das waren eindeutig Spuren menschlichen Lebens.
    Aber als wir im Haus angekommen waren, entdeckte ich dort wieder fast nur Spuren tierischen Lebens. Auf den Stufen der Eingangstreppe wuselten Ameisen. Und die Haustür hing so schief in den Angeln, dass man sie nicht schließen konnte.
    »Macht nichts«, sagte Harri. »Die muss sowieso immer offen bleiben, damit nachts die Fledermäuse, die im Keller wohnen, rrrein- und rrrausfliegen können.«

    Als wir durch diese ständig offene Tür gingen, kamen wir in einen Flur, in dem es roch wie in einer Gruft. Von dort gingen zwei Türen ab. Die eine führte in das Zimmer unseres Hausmeisters, sie war zu. Durch die andere gelangten wir in eine riesige Küche mit einem langen Tisch und einem uralten Herd, den man mit Holz befeuern muss.
    »Alle Lebensmittel immer in den Schrank tun und die Türe fest schließen, hier gibt es Mäuse!«, ermahnte uns Harri.
    Ja, man konnte sie riechen. Da lag ein stechender Nagetiergeruch in der Luft.
    Durch eine Glastür führte Harri uns von der Küche auf eine Holzveranda. Hier könnte man nett und idyllisch sitzen, falls jemand die Brennnesseln rausreißen würde, die überall aus den Ritzen sprießen. Aber Harri riet davon ab, weil er nicht sicher war, ob der Holzboden uns aushalten würde. Und außerdem wusste er nicht mit letzter Sicherheit, wie die Hornissen in dem Nest an der Verandadecke reagieren würden, wenn wir unter ihnen arbeiten.

    »Im Prinzip sind die friedlich«, sagte er. »Aber reizen muss man sie ja nicht. Sie waren schließlich zuerst da.«
    Anschließend zeigte Harri uns das Badezimmer. Um es zu erreichen, muss man es erst heil über die Veranda schaffen, danach rechts abbiegen und am Haus entlanggehen. Irgendwann kommt man so zu einer Bretterwand, das ist unser Bad. Hinter der Wand steht unter freiem Himmel ein Steintrog. Man kann mit einer quietschenden Pumpe Wasser aus dem See hochpumpen und sich im Trog damit waschen. Damit die anderen sehen, dass das »Bad« besetzt ist, wirft man ein Handtuch über die Wand.
    Wenn man im Trog den Stöpsel zieht, sickert das Wasser aus dem Becken einfach ins Gebüsch, deswegen dürfen wir hier nur biologisch abbaubare Seife und ebensolches Shampoo benutzen. Zwei große Flaschen stehen bereit. Zahnpasta ist aber okay, sagte Harri, die können wir einfach so in die Natur

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