größeres Motorboot ab und bringt uns mit unserem Gepäck zur Insel.
Die gesamte Insel ist fünfzig Hektar groß, also etwas größer als die Insel Mainau im Bodensee. Sie ist nur ungefähr zwei Kilometer lang und das Gelände ist ganz flach, aber man benötigt trotzdem fast eine Stunde, um vom einen Ende zum anderen zu laufen. Es gibt dort nämlich keine Wege und die Insel ist total zugewuchert. Da gibt es sumpfige Wälder und undurchdringliches Dornengebüsch, man kommt daher oft nur langsam vorwärts.
»Unbedingt feste Schuhe mitnehmen«, sagte Herr Welter und warf Vicky einen strengen Blick zu.
Und so sieht die Insel ungefähr aus:
8.54 Uhr , Deutsch. Ich nutze die Zeit und schreibe eine Packliste. Vorher habe ich noch die anderen beiden gefragt, was sie mitnehmen.
Das packt Maiken in ihren Koffer:
eine Meditationsmatte
Teelichter und Räucherstäbchen
eine Klangschale
eine Trommel (Die rede ich ihr noch aus!)
ein Buch über schamanische Naturriten
ein Buch über Heilkräuter
ein Buch mit gruppendynamischen Spielen
ihre Gitarre
ein Liederbuch
Klamotten aus Naturfaser
9.40 Uhr, Mathe. Auch Vicky hat sich dazu herabgelassen, mit mir über ihre Reisevorbereitungen zu sprechen. Sie braucht auf der Insel alles, was sie sonst auch braucht. Viel wichtiger als das Gepäck, sagte sie, seien aber die Vorbereitungen.
Vickys Programm bis morgen:
Friseur. Weil es auf der Insel keine Dusche und kein warmes Wasser gibt, lässt sie sich die Haare kurz schneiden, dann kann man sie besser waschen. Und sie lässt sie weißblond färben, weil es cool aussieht und gefärbte Haare nicht so schnell fettig werden.
Weil man auf der Insel auch bei Regen raus muss, lässt sie sich beim Friseur auch gleich die Wimpern färben. So bekommt sie keine Waschbäraugen von zerlaufener Wimperntusche.
Und das macht Vicky selbst: Enthaarung mit Warmwachs. Selbstbräunende Bodylotion. Davor ein Ganzkörperpeeling, damit die Bräune länger hält. Und – ein absolutes Muss, sagt Vicky: farbloser Lack für die Nägel, den muss man nicht so oft erneuern, denn man sieht die Macken im Lack nicht so schnell.
Außerdem packt sich Vicky noch was zum Einreiben gegen Mücken ein. Und After-Sun-Lotion.
10.10 Uhr , immer noch Mathe.
Meine Pack-Liste (vorläufig):
»Was blüht denn da?« – ein Pflanzenbestimmungsbuch
»Was fliegt denn da?« – ein Vogelbestimmungsbuch
»Was muht denn da?« – ein Auerochsenbuch
»Was hat mich denn da eben gestochen?« (falls es so ein Buch gibt)
mein Survival-Ötzi-Buch
mein Tagebuch
mein Schnuffelkissen
Schokolade, Gummibärchen
ein Buschmesser (noch kaufen!)
Pflaster
Taschenlampe, Schlafsack, Klamotten und so
17.00 Uhr Mist. Mein Rucksack geht nicht zu und mehr Gepäck dürfen wir nicht mitnehmen, auf dem Boot ist ja nicht viel Platz. Ich muss also alles noch mal auspacken und eine Entscheidung treffen. Irgendwas muss raus.
19.00 Uhr Es ist entschieden. Alle Bücher bleiben hier, bis auf mein schlaues Survival-Buch. Und natürlich mein Tagebuch, das muss mit. Aber die anderen Wälzer brauche ich nicht, denn ich will ja meine eigenen Gedanken denken und meiner inneren Stimme lauschen. Ötzi hatte auch keine Bücher.
21.00 Uhr Im Moment lausche ich anderen Stimmen als meiner eigenen. Denen von Rosalie, Niklas und Ben, die aus dem Kinderzimmer zu mir herübertönen. Sie schlafen noch nicht, aber Paps merkt das nicht. Er sitzt unten im Wohnzimmer in seinem Schaukelstuhl, lauscht einer Sinfonie und denkt bestimmt an Mama.
Nebenan in Flockes Zimmer ist es ganz still, obwohl Dana da ist. Oder besser: weil Dana da ist. Ich nehme an, den beiden ist es gerade egal, ob die Kids schlafen oder nicht, Hauptsache, sie kommen nicht zu ihnen rüber.
Ob die alle klarkommen, wenn ich weg bin?
Sie müssen es lernen.
Ich werde sie vermissen.
Betreff: Test, test, test
Datum: 10.06., 16:30 Uhr
Von: Tom Barker <
[email protected] >
An: Felix von Winning <
[email protected] >
Hi Felix,
nur ganz kurz: Ich habe einen Weg gefunden, wie ich dir Filme schicken kann. Morgen kommt das erste Testvideo!
Bye
Tom
Samstag, 11. Juni
Wasser. Wenn man jeden Tag zwei Liter davon trinkt, verbraucht man im Leben rund 55000 Liter. Wobei verbrauchen das falsche Wort ist: Wasser verschwindet nicht. Die Wassermenge auf unsere Erde bleibt immer konstant. Dieses Seewasser hier wurde also im Laufe der Zeit schon oft von irgendwem getrunken und jetzt ist es wieder da. Ein ewiger Kreislauf.
9.30 Uhr