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Wer liebt mich und wenn nicht warum

Wer liebt mich und wenn nicht warum

Titel: Wer liebt mich und wenn nicht warum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Andeck
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Stuhlkreis!
    12.00 Uhr   Nee, nee, nee. Ich kann das nicht. Ich muss das auch nicht. Ich habe ein Problem mit Stuhlkreisen. Eine Stuhlkreis-Allergie sozusagen. Das ist ein frühkindliches Trauma und ich kann nichts dafür. Ich geh da nicht runter! Ötzi musste auch nicht in Stuhlkreisen sitzen! Und ich bin hier, um mich in der Wildnis zurechtzufinden. Wildnis und Stuhlkreis, das passt in etwa so gut zusammen wie Tarzans Jodelschrei und Blockflöte.
    12.04 Uhr   Ich werde Maiken alles erklären! Mein psychisches Problem mit Stuhlkreisen ist schon im Kindergarten entstanden, damals, als mir noch die Eierschalen hinter den Ohren klebten. Jeder Tag begann mit einem solchen Kreis. Wir mussten uns hinsetzen und erst mal »Brezelärmchen« machen, das heißt, wir mussten unsere Arme fest vor der Brust verschränken, damit wir unsere Nachbarn nicht mehr kneifen, schubsen und puffen konnten. Das war quasi so eine Art körpereigene Zwangsjacke, die wir uns selbst anlegen mussten, sehr praktisch. Und dann mussten wir unser Morgenlied schmettern, einen Wechselgesang aus Chor und Einzelstimmen, fast ohne Melodie, immer gleich, immer schrecklich.
    Irgendwann kam ich dran, es war unausweichlich. »Lilia, bist du da?«, sangen alle Kinder im Chor und starrten mich an. Und obwohl jeder genau sehen konnte, dass ich da war, denn mein Kopf leuchtete signalrot aus der Kindermenge hervor, gab es kein Erbarmen. Die Zeit hielt an und sie würde erst weiterticken, wenn auch ich wie alle anderen singend geantwortet hatte: »Jaaaaha, ich bin da.«
    Aber ich schluckte immer nur, statt zu singen, bekam keineLuft mehr und weinte fast, bis ich es irgendwie schaffte, ein paar Laute herauszuquetschen, die mehr Geröchel als Gesang waren.
    Keine Ahnung, warum das alles so schrecklich für mich war. Waren es die Blicke? Die Stille? Die Situation war irgendwie zu viel für mich. Es war grauenhaft, jedes Mal, bis zu dem Tag, an dem sich alles änderte.
    »Lilia, bist du da?«, sangen die Kinder wieder und starrten mich an wie immer. Die Pause wurde lang und länger. Und da ertönte von rechts eine raue Kinderstimme und sang: »Jaaaaha, sie ist da.«
    Der da antwortete war ein Junge, der genau wie ich neu in der Gruppe war. Er hieß Tom. Und er sang von diesem Tag an jeden Morgen an meiner Stelle. Bis zur Grundschule.
    Uääääh! Ich wollte doch nicht mehr an Tom denken und nicht mehr von ihm schreiben, aber ich schaffe es einfach nicht.
    12.15 Uhr   So, Schocktherapie. Ich geh da jetzt runter, setze mich hin, obwohl immer noch keiner da ist außer Maiken, und mache schon mal Brezelärmchen. Ich muss solche Situationen ab jetzt alleine schaffen, ohne Tom. Und ich pack das!
    14.00 Uhr   Uff. Wir mussten nicht singen. Wir mussten uns auch keine Wolle zuwerfen. Was Maiken ausgeheckt hatte, war aber auch nicht viel besser.
    »Damit ihr möglichst schnell eure Namen kennenlernt, machen wir ein kleines Spiel«, flötete sie, als wir alle unter der großen Linde im Kreis saßen und uns rundum unwohl fühlten. »Jeder von euch denkt sich jetzt mal ein Adjektiv aus, das ihn einbisschen charakterisiert und außerdem mit denselben Anfangsbuchstaben anfängt wie euer Vorname. Je mehr Buchstaben identisch sind, desto besser. Und mit den Charaktereigenschaften sehen wir es jetzt mal nicht so eng. Es geht nicht darum, dass ihr euch wirklich ein passendes Etikett verleiht oder so. Die anderen sollen einfach eine Eselsbrücke erhalten, um sich eure Namen leichter merken zu können. Alles klar? Okay, Lilia, fängst du bitte an?«
    »Ähm«, sagte ich und wurde so feuerrot wie damals im Kindergarten. »Ich hab das nicht kapiert. Was soll ich tun?«
    »Kein Problem, dann fange ich eben an!« Maiken lächelte zuckersüß. »Passt auf: Ich bin, hmmm, die maiglöckchenduftende Maiken. Merkt ihr? Maiglöckchen – Maiken. Die Anfangsbuchstaben sind identisch. Den Namen vergesst ihr nie wieder. Alles klar, Lilia? Dann jetzt bitte du!«
    »Okay«, sagte ich und betrachtete meine Fingernägel. »Also, Leute, ich bin die lila Lilia.«
    »Und ich der rote Robert«, stellte sich mein Nachbar vor und ließ seine Fingerknöchel krachen.
    »Dann bin ich ja wohl der hellgelbe Helge«, gähnte der Typ neben ihm, der eigentlich ganz nett aussah und wirklich ein gelbes T-Shirt trug. Und sein Nachbar stellte sich als der »karierte Karim« vor.
    »Mann, sind wir ein bunter Haufen«, grinste Helge müde.
    Dann kamen unsere Betreuer, die drei Biologen: der haarige Harri, den wir ja

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