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Wer mit Hunden schläft - Roman

Wer mit Hunden schläft - Roman

Titel: Wer mit Hunden schläft - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Picus-Verlag
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kugelförmige Kopf. Die dicke kurze Nase. Die kleinen abstehenden Ohren. Die eng zusammenstehenden Mongoloidenaugen. Der Lochmund mit den dünnen Lippen. Der viereckige Oberköper. Die kurzen Arme. Die Wurstfinger an den fleischigen Händen und die kurzen Beine: Alles Leitenbauer! Der Leitenbauer ist nicht nur in mir, Kreisky, sag ich zu ihm, nein, er ist mir übergestülpt. Seine Hülle an meinem Körper und speziell seine Fresse wie eine Perchtenmaske lebenslang an meinem Kopf angeschweißt. Ich habe die genau gleiche Fresse wie der Leitenbauer, wirklich wahr. Oder etwa nicht, Kreisky?«, sagt der Herr Norbert. Dieses naive, gutmütige Aussehen ist dem Norbert, wie gesagt, als Kind noch zugutegekommen. Ist er von den Leuten manchmal sogar gut behandelt worden. Hat kleine Geschenke von ihnen erhalten, wie die Äpfel vom Wagenbauer, ein Zuckerl vom Trafikanten oder ein Kracherl vom Burgwart zum Beispiel. Ist ihm dabei freundschaftlich der Kopf getätschelt worden. Bis auf einmal seine Extremitäten zu wachsen anfingen, in einem unpassenden Verhältnis zu seinem Oberkörper und Kopf. Auf einmal ist er von denen, die freundlich gewesen sind, ignoriert, von denen er ignoriert worden ist, verachtet, und von den Deppen, die keiner hat leiden können, verfolgt worden. Durch die Aufdringlichkeit der Deppen, von dem sich auswachsenden Deppenmagnetschema in seinem Gesicht wie magisch angezogen, ist dem Norbert bald schon jedes Zuvorkommen und jede grundlose, aber trotzdem gut gemeinte Freundlichkeit anderer Menschen suspekt vorgekommen. Hat er eine Hinterlist, eine Gemeinheit oder Verschwörung gegen seine Person dahinter vermutet. Jede Freundlichkeit ist für den Norbert nur eine Tarnung für die folgende Gehässigkeit oder Gewaltanwendung gegen ihn gewesen. Bald schon bewegte er sich nur noch in gebückter Haltung, mit gesenktem Kopf und Blick in der Öffentlichkeit. Die Deppenmagnetfunktion seines Gesichts konnte der Norbert nie abstellen. Hatte sich im Gegenteil immer mehr verstärkt und war beim erwachsenen Herrn Norbert wirkungsvoller als je zuvor. Das naive Aussehen des Leitenbauer, das die Sommerfrischler dazu verleitet hatte, ihn als ein Original und als bauernschlau zu bezeichnen, war eins zu eins auf den Norbert übertragen worden. Dabei war die Bauernschläue des Leitenbauer vom Norbert am meisten verachtet worden. Weil was landläufig als Bauernschläue bezeichnet wird, war beim Leitenbauer nichts weiter als eine Charakterschweinigkeit, die nur darauf abzielte, den anderen hineinzureiten und seinen eigenen Vorteil daraus zu ziehen. Im Gegensatz zum Leitenbauer konnte der Norbert aus seinem zutraulichen Gesicht nie einen Vorteil ziehen. Der Norbert hat immer nur die anderen dazu gebracht sich besser zu fühlen. »Nie hat die Mutter mehr unrecht gehabt als mit dem Spruch DIE AUSNAHME BESTÄTIGT DIE REGEL . Den hat sie immer dann gesagt, wenn sie wieder ausgerichtet worden ist von den anderen. Sich eingeredet hat, dass die wenigen Schlechten viele Gute voraussetzen würden. In Wirklichkeit bestätigt nicht die Ausnahme die Regel, Kreisky, sondern sie ist die Regel, ob du es glaubst oder nicht, wirklich wahr. Der Hudin ist da ja das beste Beispiel dafür, oder? Wenn ich an dem sein Pappendeckelgesicht denke, graust mir, Kreisky, sag ich zu ihm. Dieselbe beige Fresse hängt noch dazu in einer ausgebleichten und überlebensgroßen Kopie von einem Zeitungsausschnitt an der Wand. Darunter steht: Das hättest Du Dir nicht gedacht, dass Du heute aus der Zeitung lachst, was eine Geburtstagsüberraschung seiner Frau einmal gewesen ist, die er schon längst eingegraben hat, wie er immer sagt, Kreisky, nicht wahr? Freilich habe ich noch nie etwas Negatives zu ihm gesagt, sondern bin immer freundlich. Lasse es über mich ergehen, bis er das Interesse verliert und mich ignoriert, nachdem er mit mir fertig ist. Kaum sieht er mich, geht es schon los. Rieche ich die Mischung aus Kuttelfleck, Zigarettenrauch und Cognac herüberwehen, während er hektisch eine geselchte Schweinsschulter zu Teilsamem zerhackt, bin ich schon erledigt, Kreisky«, sagt der Herr Norbert. Das Deppenmagnetschema im Gesicht des Herrn Norbert, in Kombination mit seinem Hund, der zusätzlich noch nach Bruno Kreisky benannt ist, dessen kompromissloser Anhänger der Fleischhacker Hudin wegen der fünf Wochen Urlaub im Jahr über dessen Tod hinaus ist, hat ihn (Herrn Norbert) zu einem optimalen Opfer für diesen (Hudin) gemacht. Betritt der Herr Norbert das

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