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Wer mordet schon in Franken? - 11 Krimis und 125 Freizeittipps

Wer mordet schon in Franken? - 11 Krimis und 125 Freizeittipps

Titel: Wer mordet schon in Franken? - 11 Krimis und 125 Freizeittipps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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über die Höhen des Fichtelgebirges war einmalig. Endlich kam ein kühlender Wind auf. Bratwurstduft wehte zu ihnen herüber. Charly hatte schon zwei Würste gegessen. Trotzdem knurrte ihm noch der Magen.
    Â»Jugendherberge?« Evas Lachen perlte. »Charly wird dekadent, findest du nicht auch, Dirk?«
    Charly mochte den koketten Blick nicht, den sie Dirk zuwarf. Dirk, dessen Polo immer noch weiß war wie Schnee.
    Der grinste nur. »Charly, der Transpirateur.«
    Charly hob den Bierkrug und trank ihn leer. Er musste nicht fahren. Dirk ließ sowieso keinen ans Steuer. Umso besser. Vielleicht würde Charly sich die Kante geben. Das würde definitiv das ganze Schwarz, das seinen Schädel zu füllen begann, auslöschen. Charly, der Transpirateur. Als Kind hatte er immer schwitzige Hände gehabt. Im Sportunterricht hatten die anderen es gehasst, seine Hände anfassen zu müssen. Sie hatten ihren Ekel nicht verborgen. Beim Geräteturnen war er vom Reck gerutscht. Hohngelächter! Dabei war es nicht wegen seines Übergewichts, sondern weil seine Hände nass waren und abglitten, da konnte er sie noch so oft mit Magnesium präparieren.
    Der Abendwind trocknete den Schweiß auf Charlys Haut, aber der Gestank steckte in seinem Shirt. Er ging ein zweites Bier holen.
    Als er zurück an den Tisch kam, sah er Eva und Dirk entgeistert in eine Richtung schauen.
    Â»Was ist?«
    Â»Pssst!«
    Â»Was denn?«
    Â»Die dealen dort.«
    Â»Die – was?«
    Â»Tabletten!«
    Â»Wo?« Charly drehte sich um die eigene Achse. »Sagt halt!«
    Eva zog eine Augenbraue hoch. Das konnte sie perfekt. Charly kannte diesen Blick aus dem Unterricht. Wenn einer in der Klasse haarscharf an der richtigen Antwort auf eine Lehrerfrage vorbeischrammte. Ein klein bisschen höhnisch. Belustigt. Ironisch. Minimal gereizt, weil es jemand gewagt hatte, seine Dummheit zur Schau zu stellen.
    Dirk wechselte einen Blick mit ihr. Dann prusteten sie los.
    Später twitterte Eva:
    Charly fällt mal wieder auf alles rein.

    *
    Als der Anruf kam, damals, ein paar Tage, nachdem Eva, Dirk und Charly aufgebrochen waren, hieß es, wahrscheinlich seien es Schüler von unserer Schule. Die Polizei hatte Evas Schülerausweis gefunden. Kaum noch leserlich. Man sagte uns Lehrern, es könne den Eltern nicht zugemutet werden, ihre Kinder zu identifizieren. Ob jemand von uns …?
    Ich habe es getan. Ich hätte mir nie verziehen, wenn ich gekniffen hätte.
    Es war furchtbar. Das Entsetzlichste, was ich je gesehen habe. Ich sehe keine Horrorfilme, selbst harte Krimis sind mir zuwider. Den Anblick der entstellten Körper, die kaum mehr erkennbaren Gesichtszüge werde ich nie mehr aus meinem Gedächtnis tilgen können.
    Zwei Jugendliche abgeschlachtet. Anders konnte man es nicht nennen. Einer am Genickbruch gestorben.
    Ich sehne mich wirklich nach meiner Pensionierung. Vielleicht gehe ich früher als geplant in den Ruhestand. Nach diesen Minuten in der Rechtsmedizin werde ich kaum noch die Kraft finden, mich im September wieder vor eine Klasse zu stellen.
    Tine tippte lustlos auf ihrem Smartphone herum.
    Â»Sie haben sich gestritten«, sagte sie müde.
    Ich nickte.
    Â»Ich hatte es erwartet, verstehen Sie?« Tine seufzte. »Ich meine, das ist doch so ein klassisches Motiv. Eifersucht. Eine Dreiecksgeschichte, bei der einer zu kurz kommt. Vielleicht hätte ich früher Evas Tweets suchen sollen. Aber ich konnte es einfach nicht.«
    Â»Das wird jeder verstehen.«
    Â»Müssen wir jetzt zur Polizei gehen?«
    Â»Selbstverständlich.«
    Â»Aber diese Tweets sind noch lange kein Beweis.«
    Â»Nein. Dennoch – ich verstehe zu wenig davon. Wir müssen zur Polizei.«

    *

    Â»Die Plein fände es bestimmt cool, wenn sie wüsste, dass wir in Mödlareuth   30   sind!« Eva lachte. Sie trug ein Sommerkleid, das Charly noch nicht kannte. Es war hellblau mit orangefarbenen Blumen drauf und erinnerte ihn an eine Retro-Tapete.
    Â»Was denkst du, wie ist dein Geschichtsabi gelaufen?«, fragte Dirk. Er legte einen Arm um Eva, als sie zur Kasse gingen, um die Eintrittskarten zu kaufen.
    Charly ließ den Blick über die Grenzanlagen schweifen. Lange vor seiner Geburt war Deutschland in zwei Staaten geteilt. Berlin ebenfalls. Und sogar dieses winzige Kaff an Bayerns nördlicher Grenze: Mödlareuth. Ein Mödlareuth-West und ein

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