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Wer mordet schon in Franken? - 11 Krimis und 125 Freizeittipps

Wer mordet schon in Franken? - 11 Krimis und 125 Freizeittipps

Titel: Wer mordet schon in Franken? - 11 Krimis und 125 Freizeittipps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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seinem Gesicht, die Zoten der Jungs. Gesas gebräunte Unterarme und die muskulösen Waden unter ihrem Rock. Seine Kommilitonen fachsimpelten über Scheurebe und Silvaner, die so hervorragend auf dem Muschelkalk im Maindreieck gediehen, sie diskutierten über den fränkischen Rotwein und wie der Müller-Thurgau in diesem Jahr wohl ausfallen würde, drüben an den nährstoffreichen Hängen des Steigerwaldes. Dann wechselten sie das Thema und kamen auf Frauen.
    Helge sah nur Gesa. Den ganzen Abend. Bis seine Kommilitonen schwiegen, ihn ansahen, dann die Gesichter wandten, Gesa ansahen, grinsten, sich auf die Schenkel schlugen, brüllten, he, Kumpel, die ist doch mindestens 40, was willst du denn mit der, die ist doch schon Großmutter.
    Dann riss der Film.
    Am nächsten Morgen erwachte er auf dem Beifahrersitz eines grauen Golf, während Gesa neben ihm schlummerte, ein brauner Unterarm lag quer über der Handbremse, und die dazugehörige Hand auf Helges Knie.
    Sein Kopf schmerzte so brutal, dass er glaubte, sein Hirn würde zu den Ohren herausgepresst. Er öffnete die Beifahrertür, kippte aus dem Wagen und übergab sich.
    Es schien nicht das erste Mal in den letzten Stunden gewesen zu sein; Helge zitterte wie Espenlaub. Er wischte sich den Mund ab und hockte schlotternd im taunassen Gras, bis Gesa aufwachte und ihn nach Würzburg fuhr.
    Obwohl er sich fühlte wie ein pochiertes Ei beim Anblick einer Gabel, war er geistesgegenwärtig genug, Gesa in die Innenstadt zu lotsen, wo er auf ein katholisches Studentenwohnheim irgendwo hinter dem Kiliansdom  51  zeigte. Dessen Glocken läuteten mit denen von ganz Würzburg um die Wette; es musste Sonntag sein. Gesa küsste ihn, hupte, fuhr weg.
    Er hatte sie nie wiedergesehen.
    Fortan mieden sie Dettelbach. Mainfranken bot genug andere Möglichkeiten, Vergessen zu suchen. Helge, seit jener Nacht nicht im geringsten vom Alkohol abgeschreckt, entwickelte die widerstandsfähigste Leber von allen seinen Kommilitonen. Das war das dritte Chaos. Und definitiv das schlimmste.
    Das Biologieexamen feierten sie in Marktbreit. Sie tranken den Weinkeller von mindestens drei Wirtschaften aus. Schließlich zogen Dieter, Hansi und Helge Arm in Arm in den frühen Morgenstunden durch den Malerwinkel  52 , wobei sie sich für Lohengrin oder ein anderes wichtiges Operntier hielten. Übernächtigte Anwohner riefen die Polizei. Die Beamten drückten alle Augen zu, als sie erfuhren, dass die improvisierte Burschenschaft die Abschlussprüfungen feierte. Man hoffte offenbar, das Kleeblatt würde hier nie wieder aufschlagen.
    Helge seufzte. Er hatte sich in Medizin eingeschrieben, nachdem er zu einem mittelprächtigen Diplom-Biologen geworden war, zusammen mit Dieter, und vermutlich hätte er es wirklich noch zum Arzt gebracht, wenn nicht die Scheurebe gewesen wäre. Obwohl er das Unglück längst nicht mehr aus dem Bocksbeutel träufelte, sondern aus den Flaschen, die er an der Tankstelle kaufte. Die Stellschrauben waren inzwischen auf Error justiert und längst festgerostet.

    *

    Er heiratete Gerlinde, weil alle seine Kumpel heirateten und er einfach irgendwann an der Reihe war. Sie zogen nach Hannover. Aus Jobgründen. Er verabscheute Norddeutschland, fand aber eine gut bezahlte Anstellung an der dortigen Uni. Gerlinde arbeitete in einem Möbelhaus. Sie bekamen keine Kinder.
    Er trank mehr als früher. Spielte Doppelkopf mit Arbeitskollegen in den Kneipen und kam spät heim. Gerlinde verbrachte die Wochenenden mit Freundinnen. Eines Abends zertrümmerte Helge den Volvo an einem Brückenpfeiler. Der schwedische Stahl ließ ihn überleben.
    Nach dem Unfall wurde es kompliziert mit Gerlinde. In den guten Augenblicken wusste er, dass er unerträglich war. Er kaufte literweise Aftershave, um den Alkoholgestank zu übertünchen, aber auch täglich zweimal zu duschen brachte nicht den gewünschten Erfolg. Helge atmete Alkohol, so wie er Lügen atmete, Schwindeleien und wilde Geschichten, mit denen er zu vertuschen trachtete, was nicht zu vertuschen war.
    Es gab Ärger mit dem Chef. Zunehmend häufig. Auch mit den Kollegen. Helge fiel immer wieder aus, seine Leistungskurve führte steil nach unten. Verantwortungsvolle Aufgaben konnten ihm nicht mehr übertragen werden. Bei seinem üblichen Pegel hätte man ihn nicht mal als Pförtner gebrauchen können, geschweige denn

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