Wer nach den Sternen greift
älter sein als sie, aber Alex war vierzehn Jahre jünger. Kein Wunder, dass ihr Mann Alex entzückend gefunden hatte. Sie hatte mit ihm geflirtet, über seine Geschichten gelacht und sich beim Tanzen ein wenig zu eng an ihn geschmiegt. Alex hatte ihm das Gefühl gegeben, wieder jung zu sein.
Und bei all dem musste Rebecca auch noch zugeben, dass Alex frischen Wind in ihre Kreise brachte. Sie war so … amerikanisch. So offen und ungekünstelt, und ihre atemlose Art zu sprechen brachte die Männer auf den Gedanken, sie sei unschuldig und naiv. Rebecca jedoch spürte hinter der Fassade einen Willen aus Stahl. Sie fragte sich, ob Oliver das wohl wusste. Aber vielleicht wusste das kleine Luder selbst noch nichts davon.
Die Herzogin hatte sie keines Blickes gewürdigt. Es erstaunte sie, dass ihr Mann Olivers Mutter als schön bezeichnete. Sie war zwar schlank, aber die Frau hatte Falten, du liebe Güte! Allerdings bewegte sie sich voller Anmut und war eine geistreiche Gesprächspartnerin, das musste Rebecca zugeben. Geistreicher jedenfalls als ihr Mann.
Oliver wandte sich zu ihr und vergrub sein Gesicht zwischen ihren Brüsten. Eine Hand glitt an ihrem Schenkel empor.
»Zieh dich aus«, sagte er, als sie begann, sein Hemd aufzuknöpfen. »Wir gehen später essen.« An jenem Nachmittag zeigte er ihr einen der Tricks, die er von Felicity gelernt hatte, und er fragte sich, was die Dienstboten sich wohl dachten, als Rebeccas Schreie durchs Haus drangen. Sie zitterte am ganzen Leib, und ihre Nägel zerkratzten seinen Rücken und hinterließen blutige Striemen.
35
I m April war das Krankenhaus fertig. An einem Sonntagnachmittag durften die Dorfbewohner es sich anschauen und die zehn Betten, den Operationssaal und das Röntgengerät bewundern. James verlegte seine Praxis dorthin.
Eine Krankenschwester war eingestellt worden, außerdem noch eine Frau, die sie bei der Arbeit unterstützte, und ein Mann zum Saubermachen. Mit der Zeit würden sie sehen, ob noch mehr Personal nötig war. Zugleich schritten die Arbeiten an den ersten zehn Zimmern im erweiterten Ostflügel voran, ohne dass die Öffentlichkeit davon etwas mitbekam. Badezimmer wurden eingebaut, und die Zimmer wurden so eingerichtet, dass die Frauen dort in völliger Abgeschiedenheit leben konnten.
Clarissa kannte zwei verwitwete Schwestern im Dorf, deren Töchter geheiratet hatten und weggezogen waren. Sie lebten in kleinen Verhältnissen, und Clarissa schlug vor, ihnen eine Wohnung im Schloss anzubieten und sie als Pflegerinnen einzustellen.
»Sie sind so liebenswert, und sie haben sich nie unterkriegen lassen, auch wenn ihnen das Leben übel mitgespielt hat. Sie haben es immer bedauert, ihre Enkelkinder nicht in der Nähe zu haben, und sie werden sich bestimmt liebevoll um die Neugeborenen hier kümmern. Das wird ihrem Leben einen neuen Sinn geben.«
Die Schwestern, Gladys Southworth und Margaret Milbank, hatten das Gefühl, ihnen sei ein Platz im Paradies angeboten worden.
»Stell dir nur vor, wir werden in einem Schloss wohnen«, sagte Gladys immer wieder.
»Und stell dir vor, wir dürfen für Babys sorgen«, sagte Margaret.
Alex schlug vor, die beiden Damen sollten ihre Wohnung selbst einrichten, aber Clarissa meinte: »Es wird ihnen mehr Freude machen, wenn wir es tun. Du weißt nicht, mit welcher Ehrfurcht die Dorfbewohner das Schloss betrachten. Lass uns das in Angriff nehmen. Sie brauchen ein Wohnzimmer und eine kleine Küche, und dann noch für jede ein eigenes Zimmer. Am besten wendest du dich an den Mann, der das kleine Cottage für den Landschaftsgärtner hergerichtet hat.«
»Kannst du das bitte für mich übernehmen? Ich fühle mich in der letzten Zeit so erschöpft.«
Sie wollte Clarissa nicht erzählen, dass sie in der letzten Zeit das Baby nicht mehr spürte, und dabei war sie bereits am Ende des fünften Monats. Noch vor drei Wochen hatte sie die Bewegungen des Kindes gespürt. Am besten wandte sie sich an einen der Ärzte. Aber sie schob es ständig vor sich her, da sie eigentlich jede Minute darauf hoffte, wieder etwas zu spüren.
Sie verbrachte viel Zeit mit Hugh, der gerade seine ersten Schritte machte und nicht mehr zu bändigen war. Allerdings war sie häufig so schwach, dass sie nicht mit ihm herumtobte, sondern eher dasaß und Lina in den Armen wiegte. Hugh liebte das kleine Mädchen über alles. Sie war die erste Person, die er küsste.
Eines Tages jedoch fühlte Alex sich so elend, dass sie im Krankenhaus anrief. James war
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