Wer nach den Sternen greift
für mich getan.«
»Ich weiß, dass die Herzogin Sie ebenso sehr schätzt wie ich, aber vielleicht fällt es mir leichter, etwas zu sagen, weil ich Amerikanerin bin.«
»Lang lebe Amerika«, sagte die Frau, drehte sich auf dem Absatz um und ging aus dem Zimmer. Leise zog sie die Tür hinter sich zu.
Alex lächelte und atmete tief ein.
»Mrs. Palmerton, ich komme.« Sie hatte ihr Kleid für heute Abend mit Bedacht ausgesucht, ein weißes Satinkleid mit einer kleinen Schleppe. Dazu legte sie das Rubincollier an, das ihre Großeltern ihr zu ihrem siebzehnten Geburtstag geschenkt hatten, und die dazu passenden tropfenförmigen Ohrringe. Die Wirkung war dramatisch. In diesem Aufzug sollte ich mich eigentlich malen lassen, dachte sie.
Sie holte tief Luft und öffnete die Tür. Dann ging sie an der Treppe, die zu den Familienräumen führte, vorbei zum großen Treppenhaus. Wie eine Königin würde sie die Treppe hinunterschreiten. Die Gäste wussten ja nicht, dass ihre Handflächen feucht waren und ihr das Herz bis zum Hals schlug.
»Mein Mann fand sie bezaubernd.« Rebecca lachte, aber es klang freudlos. »Er glaubt, dass sie noch vor Ende der Saison die gefeierte neue Ballkönigin sein wird. Sie wird für unsere Beziehungen zu Amerika mehr tun, als es der Botschafter jemals vermag, meint er. Und er kann sich nicht vorstellen, warum du sie nicht wie wahnsinnig liebst.«
Oliver saß in Rebeccas Salon und starrte aus dem Fenster. »Die Geschmäcker sind eben verschieden«, murmelte er. »Er kann es ja gerne bei ihr versuchen.«
»Ach, und du schläfst nie mit ihr? Wie ist sie denn dann schwanger geworden? Das hat sie mir sofort unter die Nase gerieben, und ich bezweifle, dass sie es noch jemand anderem verkündet hat. Liebt sie dich, Oliver? Oder hat sie auch eine Affäre? Setzt sie dir Hörner auf? Oder findest du sie unwiderstehlicher, als du behauptest?«
»Ach, hör doch auf, Becky.« Er wusste, wie sehr es sie ärgerte, wenn er sie so nannte. »Du weißt ganz genau, dass wir einen zusätzlichen Erben brauchen, falls Hugh etwas passieren sollte.«
Sie nickte. Dann stand sie auf und trat zu ihm. »Ja, das weiß ich. Ich bin so schrecklich eifersüchtig, dass ich noch nicht einmal St. Moritz genießen konnte.«
Das freute Oliver. Sie sollte die Zeit ohne ihn nicht genießen. Sie sollte nicht über die Witze ihres Ehemannes lachen oder den alten Mann dafür belohnen, dass er ihr etwas Schönes zu Weihnachten geschenkt hatte.
Alex hatte ihn gar nicht so alt gefunden. »Er ist ein sehr gut aussehender Mann im mittleren Alter«, hatte sie gesagt. Das hatte sie natürlich absichtlich getan, um ihn zu quälen. »Ich fand ihn äußerst charmant.« Eigentlich hatte sie ihn eher kraftvoll gefunden, er hatte etwas sehr Männliches, und sie hatte sich gefragt, was Mrs. Palmerton wohl bei ihm fehlte, das sie bei Oliver fand. Er sah sogar ganz gut aus. An den Schläfen wurde er bereits grau, und er war sicher mindestens fünfzehn Jahre älter als Oliver. Er war ein großer, kräftiger Mann, aber er hatte leichtfüßig mit Alex getanzt und über ihre witzigen Bemerkungen gelacht. Beim Dinner hatte sie ihn neben sich plaziert.
Mit den anwesenden jungen Frauen hatte Alex sich blendend verstanden, und sie erklärte ihnen, wie sehr sie sich freute, sie in London wiederzusehen. Es würde schön sein, gleichaltrige Frauen um sich zu haben.
»Alle werden deine Frau ansehen und sich fragen, was du an mir überhaupt noch findest.« Rebecca wusste, dass das nicht stimmte. Sie war eine der beliebtesten Gastgeberinnen in der Stadt, und sie hatte bis zum Ende der Saison kein einziges freies Wochenende. Aber trotzdem nagte die Angst an ihr, dass Oliver eines Tages bemerken würde, dass sie alt wurde. Jeden Morgen musterte sie sich aufmerksam im Spiegel, um die ersten Falten zu entdecken. Immerhin war sie schon vierunddreißig. Ihre Mutter war mit sechsunddreißig Jahren bereits Großmutter gewesen.
Dieses Jahr würde Alex mit Oliver in London sein und während der Saison mit ihm gemeinsam auftreten. In diesem weißen Satinkleid hatte Alex sehr verführerisch ausgesehen, und man hatte erkennen können, dass ihre Figur noch nicht üppig, sondern jung und unwiderstehlich war. Rebecca studierte jeden Tag ihre Brüste im Spiegel, um zu überprüfen, ob sie noch nicht hingen. Oliver hatte ja keine Ahnung, was sie jeden Tag durchmachte vor lauter Angst, er könne sie nicht mehr begehrenswert finden. Ihr Mann mochte ja vierzehn Jahre
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