Wer nach den Sternen greift
Clarissa. »Es ist sehr ansteckend. Wir haben keine Ahnung, wo er sich die Krankheit geholt hat. James und Ben sorgen wundervoll für ihn, aber sie haben beide noch nie einen solchen Fall erlebt. Morgen kommt ein Techniker aus Birmingham, um die eiserne Lunge anzuschließen.«
»Was ist mit Pflegerinnen?«
»Keine von den Krankenschwestern hier will auch nur in seine Nähe kommen. Bisher habe ich ihn gepflegt. Ich habe seit drei Nächten nicht mehr geschlafen.«
»Es muss doch Krankenschwestern geben, die bereit sind, ihn zu pflegen, und die sich mit Kinderlähmung auskennen. Jeden Sommer bricht doch eine Epidemie aus.«
»Sie sind aber vermutlich in London. Im Moment ist Ben bei Oliver.«
Alex nahm sich nicht die Zeit, sich umzuziehen, sondern rannte noch in Reisekleidung den langen Flur entlang zum Ostflügel. Clarissa konnte kaum mit ihr Schritt halten.
Ben Cummins saß in einem Lehnsessel und beobachtete Oliver, der gerade schlief. Als Alex eintrat, erhob er sich und umarmte sie. »Schön, dass du gleich gekommen bist.«
Alex verschwendete keine Zeit. »Wir müssen Pflegerinnen haben, die sich mit solchen Fällen auskennen. Sieh zu, dass wir welche bekommen. Ich zahle ihnen jede Summe. Wenn sie hier gearbeitet haben, können sie sich zur Ruhe setzen«, sagte sie. »Um Himmels willen, finde zwei Krankenschwestern. Clarissa kann unmöglich so weitermachen.«
»Genau aus diesem Grund ist James nach London gefahren«, erwiderte Ben. »Wir beide verstehen nicht genug davon. Bis jetzt haben wir zweimal am Tag mit einem Londoner Krankenhaus telefoniert, und Dr. Chater dort hat uns sehr geholfen. Er hat auch eine mobile eiserne Lunge aufgetrieben, die bereits auf dem Weg zu uns ist. James will ihn bitten, dass er uns zwei Pflegerinnen zur Verfügung stellt. Ah, da kommt ja die eiserne Lunge«, fügte er hinzu, als er aus dem Fenster blickte.
Ein Lastwagen hielt vor dem Eingang zum Ostflügel.
»Was bewirkt die eiserne Lunge?«
»Sie unterstützt die Brustmuskeln, damit der Patient atmen kann. Im Moment ist Oliver vom Hals abwärts gelähmt, und wir können nur hoffen, dass die Infektion nicht ins Gehirn dringt. Dann könnte auch die Atmung betroffen sein, und er stirbt. Wenn wir jedoch verhindern können, dass eine Muskellähmung eintritt, dann ist die Schlacht schon halb gewonnen. Wir hatten diesen Sommer viele Fälle in London und Edinburgh. Auch drüben in Cardiff. In den letzten zwei Wochen hat sich die Lage allerdings ein wenig verbessert. Clarissa hat mir erzählt, dass Oliver letzte Woche über Kopfschmerzen klagte. Er ist mit dem Zug aus London gekommen, um der Hitze dort zu entfliehen. Wasch dir gründlich die Hände, bevor du sein Zimmer betrittst, und auch, wenn du es verlässt. Lass auf keinen Fall die Kinder hier herein. Ich gebe dir eine Atemmaske. Fass nichts an. Clarissa hatte natürlich keine andere Wahl, aber da du jetzt hier bist, kann ich sie ins Bett schicken.«
Ben öffnete die Tür, und zwei Männer schleppten die riesige Maschine ins Schloss. »Ich weiß noch nicht einmal, ob unsere Stromleitungen das aushalten«, murmelte er. Er warf Alex einen Blick zu. »Geh dich umziehen. Zieh irgendetwas Einfaches an, kein Schmuck, keine Accessoires. Nach jedem Besuch im Krankenzimmer müssen die Kleider gewaschen werden. Und sorg bitte dafür, dass zwei Zimmer in diesem Flügel vorbereitet sind, falls James mit den Pflegerinnen zurückkommt.«
»Ich wünschte, du könntest ihm Bescheid sagen, dass ich jede Summe bezahle.«
»Mach dir darüber keine Gedanken. Beeil dich jetzt und zieh dich um. Die Männer können uns bestimmt erklären, wie die Maschine funktioniert.«
Alex lief in ihr Zimmer und schlüpfte in Hose und Bluse. Etwas Einfacheres hatte sie nicht. Sie wusch sich die Hände und erklärte Hugh, er müsse sich um alles kümmern, da sie die ganze Nacht bei seinem Vater bleiben würde.
Clarissa, die geduscht hatte, bestand darauf, dass Alex mit ihr zu Abend aß. Während des Essens berichtete sie ihr, was passiert war. Ben erschien ebenfalls und sagte ihnen, der Techniker, der gerade die eiserne Lunge anschloss, würde ein paar Tage bleiben.
»Was macht eine eiserne Lunge eigentlich genau?«, fragte Alex.
»Die Idee ist wundervoll einfach. Viele Polio-Opfer können die Muskeln, mit denen die Lunge arbeitet, nicht mehr bewegen, weil sie gelähmt sind. Die eiserne Lunge erzeugt Druck, wodurch sich ein Hohlraum bildet, der sich automatisch mit Luft füllt, die dann durch Mund und Nase
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