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Wer nach den Sternen greift

Wer nach den Sternen greift

Titel: Wer nach den Sternen greift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Bickmore
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keine andere Frau galoppierte, die Sophie, die barfuß am Strand entlangrannte, gab es nicht mehr. Sophie richtete sich in allem nach ihrer Schwiegermutter, und sie lernte sogar, welchen Besuch man empfing und welchen nicht.
    Ihre Schwiegermutter brauchte gar nichts zu sagen, denn Sophie kopierte Diana exakt. Sie und Colin wurden zu Partys und Dinner mit den älteren von Rhysdales eingeladen, und Dianas Freunde waren einhellig der Meinung, dass Sophie wundervolle Manieren hatte und man ihr nicht anmerkte, dass sie keine von ihnen war. Sie war überhaupt nicht wie ihre Mutter, die sie nur aus der Ferne kannten oder einmal lachen gehört hatten.
    Sophie ignorierte allerdings ihre Eltern nicht. Mehrmals in der Woche fuhr sie mit der Kutsche zu ihnen, und einmal in der Woche dinierten sie und Colin mit ihnen, entweder in einem Restaurant oder zu Hause. In die Oper jedoch ging Sophie mit ihrer Schwiegermutter. Sie saß in der Loge der von Rhysdales, wo jeder im Theater sie sehen und etwas zu ihrem Kleid oder ihrem Schmuck sagen konnte. Allerdings war daran nie etwas auszusetzen. Sie trug nie zu viele Federn, und ihre Farben waren auch nie zu grell. Alle sagten sicher nur, wie geschmackvoll sie angezogen war und wie elegant sie wirkte.
    Man sagte auch von ihr, sie »sähe gut aus«. Sophie betrachtete sich im Spiegel und wusste, dass sie nicht die Schönheit ihrer Mutter geerbt hatte. Andererseits hatte ihre Mutter aber auch niemanden von der High Society geheiratet.
    Als ihre Schwangerschaft sichtbar wurde, durfte sie sich zu ihrem Bedauern nicht mehr in der Öffentlichkeit blicken lassen. Sie konnte mit einer Decke über ihrem dicker werdenden Bauch in ihrer Kutsche durch die Stadt fahren, und sie konnte auch zu Hause Einladungen geben, aber die Öffentlichkeit war in ihrem Zustand tabu. Bis das Kind auf der Welt war, würde die gesellschaftliche Saison vorbei sein. Eine schlechte Zeitplanung, dachte sie. Ihr erstes Jahr, um überall aufgenommen, in allen Häusern, von denen sie geträumt hatte, empfangen zu werden, und jetzt konnte sie nirgendwohin gehen.
    Allerdings machte sie jeden Tag einen kleinen Spaziergang, um die Fortschritte an ihrem neuen Heim zu inspizieren. Als Colin, seine Mutter und der Architekt Sophie gefragt hatten, was sie gerne haben wolle, hatte sie es ganz ihnen überlassen. Sie war nicht uninteressiert, sie wollte nur einfach alles genauso haben wie sie. Sie ging gerne zur Baustelle, um durch die halbfertigen Räume zu wandern, merkte dabei jedoch auch, wie sehr sie das Haus geliebt hatte, in dem sie aufgewachsen war. Es war heller, hatte mehr Fenster, die Zimmer waren größer und luftiger, und irgendwie hing immer Annies Lachen in der Luft.
    Am besten gefiel ihr in der Zeit ihrer Schwangerschaft, dass Colin aufhörte, sie jeden Abend zu besteigen.
     
    Alexandra von Rhysdale kam mitten in einer Maienacht zur Welt. Durch die offenen Fenster drang der Duft des Flieders, und die Magnolienbäume waren schon seit einigen Wochen verblüht. Colin wunderte sich, warum er nicht glücklicher war. Lag es daran, dass er eine Tochter und keinen Sohn bekommen hatte?
    Nein, vermutlich hatte es eher etwas mit seiner Frau zu tun, die überhaupt nicht so war, wie er es sich vorgestellt hatte. Von ihrer Spontaneität war nichts mehr zu spüren. Sie war wie eine perfekte kleine Schülerin, die seine Mutter in jeder Beziehung nachahmte und nichts aus eigenem Antrieb zu tun schien. Anscheinend war sie noch nicht einmal an dem Haus interessiert, das sein Vater für sie bauen ließ, da sie nie einen Vorschlag oder eine Anregung äußerte.
    Manchmal kam es ihm so vor, als ob sie lieber mit seiner Mutter als mit ihm zusammen sei, weil sie ihm nur Aufmerksamkeit schenkte, wenn sie einmal ohne seine Eltern auf einen Ball gingen. Oder ob sie auch dann nur so tat, als hörte sie ihm zu?
    In den Flitterwochen hatte er verstanden, warum sie auf seine Berührungen nicht reagierte. Sie war völlig unvorbereitet und wusste nichts von Liebe oder Sex. Das war bei den meisten jungen Frauen so. Er hatte geglaubt, mit der Zeit, mit viel Geduld und Zärtlichkeit würde sie ihre Zurückhaltung überwinden und seine Liebkosungen erwidern und anfangen, sich unter ihm zu bewegen.
    Nie sagte sie etwas Persönliches zu ihm. Seine Mutter hingegen hatte sich um hundertachtzig Grad gedreht und schien Sophie zu vergöttern. Ständig hockten sie beieinander, schwatzten und lachten, wenn er aus dem Büro kam. In seiner Gegenwart lachte Sophie kaum,

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